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26. März 2009, 00:00 Politik

Lukas Reimann: Bologna 1.0 schmeckt nicht

Lukas Reimann - Die Einführung des Bologna-Systems mit Bachelor- und Masterstudiengängen wurde als Meilenstein für das Schweizer Bildungswesen gefeiert. Inzwischen ist Ernüchterung eingekehrt.- Bologna hätte die Mobilität der Studierenden verbessern und den Austausch zwischen Universitäte...

Die Einführung des Bologna-Systems mit Bachelor- und Masterstudiengängen wurde als Meilenstein für das Schweizer Bildungswesen gefeiert. Inzwischen ist Ernüchterung eingekehrt.

- Bologna hätte die Mobilität der Studierenden verbessern und den Austausch zwischen Universitäten erleichtern sollen. Erste Zahlen zeigen, dass die Mobilitätsrate im neuen System rückläufig ist. Die Studiengänge sind so stark spezialisiert, dass ein Austausch erschwert wird. Die Punkte- und Prüfungssysteme werden an den Universitäten sehr unterschiedlich gehandhabt. Ein Credit in Bern entspricht nicht einem Credit in St.Gallen und schon gar nicht einem Credit in Berlin, London oder Paris.

- Viele Studierende beklagen sich darüber, dass es im neuen System schwieriger ist, neben dem Studium einen Teilzeit-Job (z.B. Praktika in der Wirtschaft oder Nebenjob zur Finanzierung des Studiums) oder andere wertvolle Tätigkeiten zu bewältigen. Die Chancengleichheit wird dadurch in Frage gestellt und die so oft geforderte Praxisnähe der Studien verschlechtert. Auch die Abbrecherquoten sind in verschiedenen Studienfächern gestiegen.

- Von Professoren und Studierenden wird kritisiert, die akademische Freiheit sei mit dem neuen System verloren gegangen und die Studien würden zu „Fliessband-Ausbildungen mit geringerem Mehrwert für Wirtschaft und Gesellschaft“. Im Zentrum stünde nicht mehr die direkte Auseinandersetzung mit Wissenschaft und Forschung, sondern das Punktesammeln.

Die kritischen Stimmen werden auch im Ausland immer lauter. Der Deutsche Hochschulverband (DHV) fordert Massnahmen. „Es ist verantwortungslos, die vielfältigen Probleme, die durch die Umstellung auf Bachelor- und Master-Studiengänge entstanden sind, zu verharmlosen und als „Kinderkrankheiten“ zu deklarieren“, erklärte der Präsident des Deutschen Hochschulverbandes, Professor Dr. Bernhard Kempen.

Laut Studierendensurvey, eine Langzeitstudie zur Studiensituation, glaubt nur noch jede/r dritte Studierende, dass die Hochschulen durch die Bologna-Reformen attraktiver werden. Ebenso wenig wird auf die Verbesserung der Berufschancen vertraut.

Bologna schmeckt noch nicht nach Emilia-Romagna und Gourmet, sondern eher nach einer Discounter-Beutelsauce. Es braucht eine umfassende Evaluation des Bologna-Systems, bei welcher alle Beteiligten miteinbezogen werden. Und darauf basierend braucht es eine Reform der Reform für ein geniessbares Bologna 2.0.

Lukas Reimann (26) ist SVP-Politiker, jüngstes Mitglied im Nationalrat und studiert Rechtswissenschaften an der Universität in Zürich.

www.lukas-reimann.ch

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Kommentare
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akademiker 16.07.2009 um 01:25
Wozu braucht's eigentlich Mobilität der Studiengänge? Wirklich bedeutende Studienortswechsel sind ohnehin nur einer priviligertieren Oberschicht vorbehalten (Auslandsemester in London oder Paris). Ein Studienortswechsel von Zürich nach St. Gallen ist zwar bezahlbar, dient aber letztlich doch nur dazu, schnell noch ein paar Credits mehr abzuholen.
Es ist unverständlich, dass man im "Austausch" für so etwas unbedeutendes wie Mobilität die akademische Freiheit geopfert und die Bürokratisierung der Unis verschärft hat. Die einzigen Profiteure sind wieder mal arbeitslose Bildungstheoretiker, die sich durch diese "Reform" auf Staatskosten Jobs in der Verwaltung gesichert haben.
Im Prinzip ist Bologna nur die Fortführung der Bürokratisierung der Primar- und Mittelschulen auf Hochschulebene. Nicht mehr, aber auch nicht weniger.