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30. März 2009, 11:38 Music Interview

Interview mit Jondo

Silvan Gertsch - In einem Club wie dem "Mokka" in Thun gehe für jemanden wie ihn, der auf handgemachte Musik setze, die Sonne auf. Das sagte der deutsche Reggae-Singer-Songwriter Martin Jondo nach seinem Auftritt in Thun. Im Interview spricht er über sein Austauschjahr in der Schweiz und über ...

In einem Club wie dem "Mokka" in Thun gehe für jemanden wie ihn, der auf handgemachte Musik setze, die Sonne auf. Das sagte der deutsche Reggae-Singer-Songwriter Martin Jondo nach seinem Auftritt in Thun. Im Interview spricht er über sein Austauschjahr in der Schweiz und über seine Freundschaft zu Gentleman.

Du bist in Deutschland geboren, hast Wurzeln in Südkorea und ein Jahr lang in der Schweiz studiert.

Jondo: Genau, ich habe vor fünf Jahren in Bern studiert. Angefangen habe ich mit Physik, dann kam die Musik und in Bern fuhr ich dann mit einem Informatik-Studium weiter. Ich habe eine grosse Liebe für Naturwissenschaften. Mein Vater war Professor und hat mir das mitgegeben. Er wollte, dass ich eine Ausbildung mache. Aber mich persönlich befriedigte das nicht. Die Musik hingegen schon.

Wie hast du uns Schweizer während deines Austauschjahres wahrgenommen? Als reserviert?

Nein, überhaupt nicht. Ich hatte in Deutschland sehr viele Probleme mit Rassismus. Meine Mutter kommt aus Südkorea, mein Vater aus Deutschland. Wir haben in Gegenden gewohnt, in denen es sehr viele Nazis gab. In der Schweiz fühlte ich mich viel willkommener. Sie ist viel internationaler und offener. Eigentlich habe ich mich noch nie so wohl gefühlt wie in Bern. Ich habe damals keine komischen Blicke geerntet.

Hast du dich deshalb in Deutschland in die Musik geflüchtet?

Auf jeden Fall. Die Musik hat mir sehr geholfen. Ich habe als Junge angefangen, Rock und Rap zu hören. NWA beispielsweise. Aber mir waren Texte schon immer sehr wichtig. Und als ich dann gehört habe, wie Ice Cube Koreaner schlecht macht, habe ich gemerkt, dass ich mich damit nicht identifizieren kann. Erst mit der Reggae-Musik habe ich mich zuhause und verstanden gefühlt. Dann habe ich angefangen, Musik zu machen und das Positive in der Musik gefunden.

Mit deinem neuen Album "Pure" entfernst du dich wieder ein Stück weit vom Reggae, etablierst dich als Singer-Songwriter. Wieso?

Ich habe eigentlich so angefangen, Musik zu machen. Ich bin schon häufig akustisch aufgetreten und habe dort das Feedback der Leute gefühlt. Irgendwann habe ich mir wieder mal meine Songs angehört, die ich früher geschrieben habe. Auf "Pure" hats einige Songs drauf, die vor zwölf Jahren entstanden sind. Ich wollte den Leuten zeigen, wie viel Wert handgemachte Musik für mich hat. Viele haben mir zwar davon abgeraten. Aber mir geht es nicht darum, Geld zu machen. Es geht um Gefühle. Abgesehen davon war auch schon die Grundlage für mein erstes Album akustisch. Ich habe damals die Songs selber geschrieben und im Studio entwickelt.

Du schwimmst aber auch ziemlich gegen den Strom, wenn man einen Blick auf die Reggae-Szene in Deutschland wirft. Seeed, Culcha Candela - sie alle bauen bombastische Songs. Du gehst in die andere Richtung.

Ich habe gar nie darüber nachgedacht und schon immer den schwersten Weg gewählt. Das liegt wohl in meiner Natur. Lieber sterbe ich, als dass ich etwas unehrenhaftes machen würde. Lieber sterbe ich, bevor ich anfange, mich zu beugen. Diese Einstellung hat mich gestärkt. Die grosse Masse kann vielleicht mit meiner Akustik-Musik nicht viel anfangen. Dafür kommt von denjenigen Leuten, die meine Musik hören, umso mehr zurück. Ich habe in der Vergangenheit manchmal gesagt, dass ich nicht mehr Musik machen kann, weil es zu schwierig und zu anstrengend ist. Dann haben mich meine Freunde daran erinnert, was mir Bob Marley und die Reggae-Musik gegeben haben. Die haben mich und meine Freunde am Leben erhalten. Ich müsse und könne das weitergeben, das sei meine Pflicht.

Grosse Stimme: Martin Jondo.

Du bist im musikalischen Umfeld von Gentleman gross geworden. Wie kams dazu?

Wir haben uns 2001 an einer Soundshow kennen gelernt. Er kannte mich damals noch nicht und hatte dort gerade den Soundcheck beendet. Ich war nach ihm an der Reihe. Als Gentleman meine Stimme gehört hat, ist er zurückgekommen. An dem Abend haben wir kurz zusammen gesprochen. Und etwas später haben wir eine zweite Show in München gespielt, dann hat er mich zu sich nach Hause eingeladen und mir gesagt, dass er mich gerne mit auf Tournee nehmen würde, aber nicht als Künstler. Deshalb wurde ich sein Merchandiser. Irgendwann im Bus hat er gewünscht, dass ich mich hinsetze und vor allen einen Song singe. Die waren ganz irritiert: Was, der Merchandiser kann singen?

Er hat dir dann auch vor seinen Auftritten ein kleines Zeitfenster auf der Bühne gegeben?

Teilweise sogar während seiner Auftritte. Mitten im Set hat er mich auf die Bühne geholt, als das Publikum schon ganz begeistert war. Und dann durfte ich meine Songs spielen. Das war ein grosses Geschenk.

Was pflegst du heute für ein Verhältnis zu ihm?

Ein gutes. Es ist schön, zu sehen, dass wir unsere Musik individuell aufnehmen. Ich selber war ja beispielsweise noch nie auf Jamaika, er ist der total jamaikanische Reggae-Artist. Und er kennt alle diese Leute. Ich bin mit den Platten und dem Lebensgefühl gross geworden. Trotzdem verbindet uns die Musik.

**Du tourst aktuell mit Martin "Mücke" Krüssel von El*ke, der dich an der Gitarre begleitet. Er kommt ja eher aus der Rock-Ecke.**

Genau, aber das interessante dabei ist, dass Rock und Reggae gar nicht so verschieden sind. Bob Marley, die Wailers und Peter Tosh waren Vorband der Rolling Stones. Auf Martin bin ich über meinen Booker gestossen, der auch bei El*ke fürs Booking zuständig ist. Die Chemie zwischen Martin und mir stimmte gleich von Anfang an. Ich möchte kein Reggae-Artist sein, der Dreadlocks trägt und sich über solche Äusserlichkeiten definiert. Man muss ein gutes Gefühl haben, sich verstehen und trotzdem individuell bleiben.

Martin Jondo auf MySpace

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Martin Jondo - Pure

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