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27. September 2011, 00:00 Movie Zurich Film Festival

Auf Teufel komm raus @ Zurich Film Festival

Gregor Schenker - Ein Sexualstraftäter kommt aus der Haft frei und zieht bei seinem Bruder ein. Die besorgten Nachbarn demonstrieren. Die Verteilung von Gut und Böse ist aber nicht so simpel, wie man meinen könnte.

Was macht man mit Sexualstraftätern? Lebenslang verwahren? Kastrieren? Wieder in die Gesellschaft integrieren? Man kennt die Diskussion auch in der Schweiz, durch die Verwahrungsinitiative. Sie wurde angenommen; die moralische Überlegenheit der Opfer und ihrer Familien schlägt staatsrechtliche Bedenken.

Die jungen Filmerinnen Julie Kreuzer und Mareille Klein schildern einen Fall aus Nordrhein-Westfalen. Karl D. wird nach über 15 Jahren aus der Haft entlassen und zieht bei der Familie seines Bruders Helmut ein. Er sass wegen der Vergewaltigung und Verstümmelung zweier Teenager-Mädchen; schon zuvor verbrachte er eine Haftstrafe wegen der Vergewaltigung einer Minderjährigen. Experten stufen ihn als rückfallgefährdet ein, er wird von der Polizei überwacht.
Die Nachbarn demonstrieren gegen den Unhold und kämpfen für eine nachträgliche Verwahrung. Bei einigen Frauen kommen Erinnerungen an schlimme Erlebnisse hoch, die sich an Karl festmachen. Die Familie des Sexualstraftäters leidet unter dem Druck der Dorfbewohner und der Behörden. Drohbriefe und anonyme Anrufe gehen ein. Sogar Neonazis marschieren gegen den Kinderschänder auf. Helmut erleidet einen Herzanfall. Der verurteilte Verbrecher bestreitet einen Teil seiner Taten, sieht sich als Opfer der Justiz.

Einige Mütter suchen das Gespräch mit Helmut, wollen festhalten, dass sie es nicht auf seine Familie abgesehen haben, nur eine Verwahrung für Karl erreichen wollen. Sie setzen sich mit dem Monster an einen Tisch. Die Demonstranten zerstreiten sich untereinander. Wer sich mit dem Bösen einlässt, muss die Konsequenzen tragen: Sie werden ebenso zu Opfern der öffentlichen Empörung.

Kreuzer und Klein haben über Monate hinweg in Heinsberg-Randerath gedreht, mit der Familie D. und den Demonstranten gesprochen. Sie zeigen beide Seiten, ohne Partei zu ergreifen. Gut kommt dabei kaum jemand weg. Karl D. ist alles andere als sympathisch, aber die aus dem Ruder geratende Empörung der Anwohner ebenso wenig. Dennoch, wär nicht jeder von uns ebenso aufgebracht?
Die ersten Bilder von Auf Teufel komm raus zeigen eine Gruppe Gänse. Eins der Tiere wird von den anderen attackiert. Ist der Lynchmob wirklich so viel besser als der Kinderschänder?

Der Film läuft im deutschsprachigen Dokumentarfilmwettbewerb.


Weitere Vorstellungen:

  • Mi, 28. Sept, 15:15, Arena 9

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