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16. Juli 2013, 12:39 Movie

Kino: Pacific Rim

Gregor Schenker - Gewaltige Monster und riesige Roboter hauen sich gegenseitig aufs Maul. Was sich nach einem enorm unterhaltsamen Action-Spektakel anhört, erweist sich als grösster Reinfall des Kinosommers. Eine Warnung.

In einem pazifischen Tiefseegraben tut sich ein Portal in eine andere Dimension auf. Aus diesem entfleuchen über die Zeit mehrere gigantische Ungeheuer (sogenannte Kaiju), die die die Küstenstädte angreifen. Um der Plage Herr zu werden, tun sich die Regierungen der Erde zusammen und bauen riesige Roboter, die „Jaeger“. Von menschlichen Piloten gesteuert, ist es ihre Aufgabe, alle Monster totzuprügeln.

Pacific Rim ist die Erfüllung eines Bubentraums, eine grossangelegte Hommage an die japanischen Godzilla-Filme (das Wort „Kaiju“ für „Monster“ stammt von dort), aber auch an amerikanische Riesenroboter-Spektakel wie Robot Jox. Man erwartet in jeder Hinsicht Grosses von Regisseur Guillermo del Toro, der hinter Filmen wie Cronos, Hellboy oder Pans Labyrinth steckt.

Auf den ersten Blick bietet Pacific Rim genau das, was er verspricht: Gewaltige Roboter und enorme Monster, die sich gegenseitig aufs Maul hauen und dabei ganze Städte in Schutt und Asche legen.
Es dauert aber nicht lange, bis einem gewisse Defizite auffallen. So spielen sich die Kämpfe zum grössten Teil bei Nacht, Regen und im Wasser ab, als hätte del Toro versucht, die Qualität der CGI-Effekte zu kaschieren. Dazu passen sich die Jaeger und Kaijus in ihren Bewegungen allzu oft der Hektik der Inszenierung an – man nimmt ihnen ihre Grösse kaum ab, die nötige Gravität entwickeln sie nur in seltenen Momenten.

Schliesslich kommt einem die entsetzliche Erkenntnis: Die Ungeheuer sind austauschbar und langweilig, denn del Toro und seine Mitverbrecher haben nicht verstanden, was die Viecher der japanischen Monsterheuler so grossartig macht. Ob Godzilla, King Ghidorah, Mothra, Gamera oder Biollante, sie alle sind einzigartige, unverwechselbare Persönlichkeiten, die eigentlichen Stars ihrer Filme. In Pacific Rim dagegen wuseln zehn verschiedene Kaijus herum, die alle nach demselben Grundmuster gebaut sind und sich kaum voneinander unterscheiden, abgesehen von einigen Oberflächlichkeiten (Hörner, Flügel, Krabbenhände).

Allenfalls aufgrund ihrer Ausmasse lassen sie sich noch auseinanderhalten; die menschlichen Protagonisten teilen die Kaijus nämlich in Grössenkategorien ein – je höher die Kategorie, desto grösser das Vieh. Es ist wie mit den Wirbelstürmen in Twister.
Folglich wird im Finale ein grosses Buhei darum gemacht, dass unsere Helden erstmals einem Exemplar der Kategorie 5 gegenüber stehen. Wahnsinn! Das angebliche Super-Ungeheuer ist innerhalb von fünf Minuten abgefrühstückt.
Godzilla ist unter anderem so beeindruckend, weil der alte Saurier kaum kaputtzukriegen ist. Wenn die japanische Armee einen Roboter baut und ihn damit bekämpft, so dauert das einen ganzen Film – und gewöhnlich unterliegt das Militär trotzdem. Dagegen sind die Bestien in Pacific Rim totale Weicheier und als Gefahr nicht ernst zu nehmen.

Apropos „menschliche Protagonisten“: Die sind seit jeher der Schwachpunkt jedes Monsterfilms. (Wer interessiert sich schon für die, wenn riesige Ungeheuer herumrennen?) Und die menschlichen Protagonisten sind es, die del Toros schwächelnden Monsterstreifen endgültig mit in den Abgrund der ärgerlichen Mistfilme reissen.

Denn wenn keine Monster herumlaufen, mutiert Pacific Rim zu Gute Zeiten, schlechte Zeiten. Nach ein bisschen Action zu Beginn walzt sich der Mittelteil des Filmes zu einer endlosen Durststrecke aus, die Guillermo del Toro und sein Drehbuchautor Travis Beacham (Clash of the Titans) ermüdender Soap-Opera-Dramatik widmen:
Held der Handlung ist der Jaeger-Pilot Raleigh, der nicht nur unter einem bescheuerten Namen, sondern auch darunter leidet, dass er seinen Bruder und Co-Pilot an ein Kaiju verloren hat. Er hängt deswegen sogar seinen Beruf an den Nagel.
Colonel Pentecost, der Kommandant des Jaeger-Programms, überredet ihn aber nach einigem Hin und Her dazu, aus dem Ruhestand zurückzukehren. Mit Mako bekommt Raleigh eine junge japanische Co-Pilotin, die ihr eigenes Trauma mit sich herumschleppt, seitdem ein Monster ihre Familie getötet hat. Selbstverständlich verlieben sich die beiden ineinander.
Pentecost seinerseits stirbt vor sich hin, weil er früher als Jaeger-Pilot zuviel radioaktive Strahlung abbekommen hat, und dann gibt es noch das Vater-Sohn-Gespann Herc und Chuck Hansen: Der junge Hansen ist ein Hitzkopf, der aus irgendeinem Grund ein persönliches Problem mit Raleigh hat (denn auch wenn das Schicksal der Menschheit auf der Kippe steht, ist noch Zeit für kindische Macho-Rivalitäten).

Dabei ist Pacific Rim eh schon unnötig kompliziert: Statt sich auf einen handlichen Zeitraum zu konzentrieren, zwängen del Toro und Co. zehn bis zwanzig Jahre in ihre Geschichte. Dabei hätte schon das Auftauchen des ersten Kaijus und die Entwicklung des Jaeger-Programms für einen eigenen Film gereicht.
Wenn wir gerade von den Jaeger sprechen: Die funktionieren aus wenig plausiblen Gründen nur dann, wenn die beiden Piloten über neurale Bahnen miteinander verbunden sind, was zu endlosem pseudowissenschaftlichem Geplappere führt. Am Ende ist dieses nur dazu gut, dass Raleigh einmal in den Erinnerungen von Mako herumspazieren kann und dabei Dinge herausfindet, die eh keine Sau überraschen oder interessieren.
Schliesslich gibt’s noch weltweite Proteste und Aufstände der Bevölkerung, weil die Weltregierung das Jaeger-Programm einstellen will, um sich stattdessen ins Innere der Kontinente zurückzuziehen. Eine signifikante Bedeutung für die Story hat das aber auch nicht.

Es ist kaum zu glauben, dass man einen Film über Monster und Roboter derart sinnlos verzetteln kann.

Irgendwann helfen sich Raleigh und Mako küssenderweise über ihre jeweiligen psychologischen Probleme hinweg, steigt Pentacost trotz des Gesundheitsrisikos noch einmal in einen Kampfroboter (nachdem er eine pathosgetränkte Motivationsrede gehalten hat) und gewinnt Raleigh doch noch Chucks Respekt. Wer das alles nicht kommen sieht, war noch nie im Kino. Del Toro und Co. verwenden wahnsinnig viel Zeit darauf, einem die Protagonisten näher zu bringen, haben aber nicht mehr als abgenudelte Klischees und hohle Stereotype zu bieten. Man zittert mit den Helden niemals mit, sie gehen einem bloss auf die Nerven.

Aber es kommt noch schlimmer: Charley Day (It's Always Sunny in Philadelphia) und Burn Gorman (Torchwood) spielen Dr. Newton Geiszler, bzw. Gottlieb, zwei Wissenschaftler, die die Kaijus erforschen. Das Duo soll einen komödiantischen Ausgleich zur erwähnten Dramatik schaffen, aber schon für ihren ersten Auftritt, in dem sie streitend und schnatternd aufeinander einreden, wünscht man ihnen Pest und Cholera an den Hals. Mit ihren hysterisch-nervösen Clownereien sind sie kaum zu ertragen, kriegen aber dennoch eine ganze Nebenhandlung für sich allein. Dabei ist schon Geiszlers Theorie über die Verwandtschaft zwischen Kaijus und Dinosaurieren (die sich als richtig erweist) derart hirnrissig, dass del Toro dafür einen Tritt in die Eier verdient.

Das toppt nur noch Ron Perlman (Hellboy) mit einem bizarren Auftritt als aufgetakelter Kadaver-Händler, der wohl cool und ironisch sein soll, aber nur anbiedernd und peinlich rüberkommt.

Am Schluss geht man jedenfalls aus dem Kino und hat gelernt: Die Kaijus waren niemals die eigentlichen Ungeheuer. Das wahre Monster ist Guillermo del Toro.


Bewertung: 2 von 5



  • Titel: Pacific Rim
  • Land: USA
  • Regie: Guillermo del Toro
  • Drehbuch: Guillermo del Toro, Travis Beacham
  • Darsteller: Charlie Hunnam, Rinko Kikuchi, Idris Elba
  • Verleih: Warner Bros.
  • Start: 18. Juli 2013
Fotos von Warner Bros.
Kommentare
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dollarhyde 20.07.2013 um 20:48
Selbst hatte ich ja auch mindestens den besten Film aller Zeiten erhofft. Vielleicht kommt er aber auch besser, wenn man vorgewarnt ist und nicht mit zu grossen Erwartungen herantritt.
JoelWalder
JoelWalder 20.07.2013 um 17:35
Ich glaube dir das mal mit Vorbehalt, bis ich den Film selber gesehen habe. Ich würde ihn nämlich wirklich gerne gut finden.