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25. Februar 2014, 20:20 Kolumnen

Hallo ehemaliger Mitarbeiter, wie geht es dir?

Marco Büsch - Ehemalige Mitarbeiter treffen kann sehr unlustig sein. Und sehr langweilig. Vor allem, wenn das 30 Minuten dauert und man sich eigentlich nichts zu sagen hat.

Mit dem Thema «ehemalige Mitarbeiter treffen» ist es so eine Sache: Man trifft grundsätzlich immer diejenigen, mit welchen man schon auf der Arbeit kaum ein Gesprächsthema abseits der Arbeit fand und bei denen einem schon die paar wenigen Sekunden und Minuten im Lift oder vor dem Kaffeeautomaten wie eine Ewigkeit vorkamen. Nun jedenfalls stieg eben genau ein solcher ehemaliger Mitarbeiter zu mir in den 31-Bus ein. Und ich hatte ihn zuerst gesehen (so schien mir). Wir waren erst beim Kunsthaus und ich musste bis Bahnhof Altstetten fahren, im schlimmsten Falle müssten wir geschätzte 30 Minuten miteinander reden, oder noch schlimmer: Einander peinlich anschweigen. Also was tun?

Ich überlegte mir auszusteigen, entschied mich dann aber dagegen: Zu kindisch. Ich fing schon an, angestrengt aus dem Fenster zu starren und das Ansprechen dem ehemaligen Mitarbeiter zu überlassen, welcher diese Chance ungenutzt verstreichen liess. Vielleicht hatte er mich gesehen und mich aber nicht angesprochen, weil er wusste, wie grauenhaft dieses Gespräch werden würde. Vielleicht hatte er mich aber auch ganz einfach nicht gesehen. Nun hatte er sich auf den Sitzplatz vor mir gesetzt und ich wusste nicht so recht was tun: Einfach weiter aus dem Fenster starren? Oder am Ende aufstehen und ihn beim Aussteigen doch noch sehen und ihm dann verständnisvoll zuzulächeln im Sinne von «Oh sorry, ich hätte ja so gern mit dir ein tolles Gespräch gehabt, aber leider leider habe ich dich vorher nicht gesehen und jetzt ist es blöderweise zu spät». Das hätte ich natürlich tun können, aber das wäre fast noch kindischer gewesen als schon zu Beginn auszusteigen. Ich wählte also die erwachsene Möglichkeit, machte die Person auf mich aufmerksam mit dem guten alten Schulterstupsen. Er erschrak ein wenig, zuckte zusammen, erkannte mich dann aber und sagte freundlich Hallo. Ich sagte auch Hallo und das Gespräch begann. Ziemlich solider Anfang.

Ungefähr nach einer Minute war das Gespräch praktisch zu Ende. Uns ging es beiden gut, die Person arbeitete immer noch dort, ich nicht, wir konnten nicht über die Arbeit sprechen, worüber denn sonst, Hilfe! Ich machte einen taktisch ziemlich ungeschickten Fehler und erzählte, dass ich bis Bahnhof Altstetten fahren müsse. Jetzt konnte ich nicht mehr beim Hauptbahnhof aussteigen und die S-Bahn nehmen, ich war gefangen. Und eine Ausrede fiel mir auch nicht ein, der Stress war zu gross. Und überhaupt: Erwachsen sein heisst auch, seine Entscheidungen zu akzeptieren und mit ihnen zu leben. Nun waren wir also am Hauptbahnhof vorbeigefahren und der ehemalige Mitarbeiter wollte und wollte nicht aussteigen. Wir schwiegen uns an. Ich fragte, wohin er denn müsse und er antwortete, er müsse zum Hardplatz. Heilandzack, das war ja noch ewig bis dorthin! Ungefähr bei der Militär-/Langstrasse tat die Person dann das, was jeder moderne Mensch in der heutigen Zeit tun würde: Das Smartphone hervornehmen und so tun, als hätte man eine wichtige Nachricht erhalten und/oder müsste eine solche schreiben. Ich tat dasselbe, aber wie immer in solchen Fällen hatte mir wieder niemand etwas Wichtiges geschrieben und so las ich angestrengt etwas in einer App, das ich schon am Morgen gelesen hatte, nur um so zu tun, als hätte ich auch wichtige Sachen auf meinem Smartphone zu machen, so im Sinne von «Ich würde ja schon mit dir reden wollen, aber da ist gerade diese wichtige Sache auf meinem Smartphone passiert, dusorrygäll!».

Und dann hielt der Bus am Hardplatz und der ehemalige Mitarbeiter verabschiedete sich, ich liess alle grüssen und tat so, als hätte es mich ganz fest gefreut, ihn gesehen zu haben. Innerlich überlegte ich mir, ob es nicht vielleicht besser wäre, manchmal doch noch ein wenig Kind zu sein. Nur ein bisschen, so für den Notfall.

Weitere Kolumnen gibt es auf meinem Blog nachzulesen: Hier!

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