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30.11.2005 à 16:35

Offener Brief an die JuSo Züri

Schweren Herzens ging ich diesem Morgen aus dem Haus, denn etwas Düsteres lag in der Luft... Nein, im Briefkasten lag es, das neue JusSo Heftchen und auf dem Titelblatt prangte in dicken, schwarzen Lettern das Ultimatum, verfasst von niemand geringerem als Claudio Steiger in persona, gefürchteter Kritiker und notorischer Zyniker. Mit erschütternden Worten, wie wir sie uns von ihm gewöhnt sind, stellte er den herzzereissenden Tatbestand fest: Die JuSo der Stadt Zürich steht kurz vor dem Aussterben und, was fast noch schlimmer ist, das JuSo Heftchen wird es womöglich bald nicht mehr geben!

Liebe JungsozialistInnen, ich bin schockiert! In unsicheren Zeiten wie diesen wollt ihr das Volk im Stich lassen? Wo bleiben eure Ideale, wo eure grosse Tradition, die doch in den berühmten 80ern ihren Ursprung fand? Wo der Kampfgeist? Das Volk war schon immer egoistisch und undankbar, doch ist dies ein Grund es jetzt auf sich allein gestellt zu lassen, jetzt so kurz vor Weihnachten, jetzt wo unsere grossen Nachbarsländer in Aufruhr sind und das Weltschicksal auf der Kippe steht?

Will die JuSo Stadt Zürich tatsächlich schlappmachen, wenn die JuSo Berner Oberland floriert? Will die JuSo Stadt Zürich, den ihren Platz widerstandslos der Jungen SVP und der Jungen CVP überlassen?

Nein, Kameraden, so nicht! Ich vertaue auf euren Stolz als JungsozialistInnen und darauf, dass ihr nach dem Motto “Jetzt erst recht!” alles gebt.

Liebe JuSo, was ihr braucht ist nichts weiteres, als eine neue Strategie. Mitgliederanwerbung. Wie könnt ihr erwarten, dass ein lumpiges Blättchen wie eures Aufmerksamkeit erzielt? Ihr habt eine völlig falsche Vorgehensweise. Heute muss doch jeder kundenorientiert denken. Gefragt sind Design, Pep, Frische. Den “Blick” liest auch niemand wegen des Inhalts: Schlagzeilen braucht der Mensch, schockierendes, erschütterndes und zwar auf der menschlichen Ebene. Ihr müsst den Leser ins Herz treffen und festzunageln wissen. Abonniert man Vogue kriegt man gratis ein Parfüm, abboniert man Wendy kriegt man gratis Steigbügel, doch was ist mit dem JuSo-Heft? Ich empfehle euch dringendst jedem Abo ein gratis Che Guevara-T-Shirt beizulegen, oder zumindest die Reclam Ausgabe des “Manifests“. Wer zehn Jahre abboniert bleibt kriegt dann das “Kapital“ oder einen Ziegelstein für die nächste Demo. Kunden gewinnen und behalten, das ist die Devise.

Wen interessiert schon ein trockener Vortrag über Gentech? Sobald dieser Vortrag aber von Cameron Diaz oder Colin Farell gehalten wird, anstelle des Umweltprofessors, wird sich auch eure Lokalität füllen. Auch in der Politik ist ein Sinn für Marketing gefragt. Ihr dürft vom Volk nicht erwarten, dass es sich bildet und politisch interessiert und das soll euch auch egal sein, solange es auf eurer Seite steht. Würzt euer Heftchen mit Comics, vereinfacht die Sprache eurer Artikel, so dass es kundengerecht wird. Lockt mit coolen Aktionen, wie z. b ein jungsozialistischer Singletreff, oder ein Picknick im Roten.

Auf diese Weise werdet ihr auch in vielen Jahren noch rot sehen.

In diesem Sinne Wünsche ich euch viel Erfolg mit euren Reformen und freue mich auf eine starke JuSo.

Mit jungsozialistischem Gruss

Marina

P.S. Auch wenn dieser Brief selbstverständlich nicht völlig ernst zu nehmen ist, so steckt darin doch, wie in so vielem, ein Körnchen Wahrheit. Ich möchte somit alle (auch mich) dazu auffordern nicht immer alles als selbstverständlich anzusehen und sich auch mal selbst politisch zu betätigen...

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