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4. April 2009, 15:27 Movie

DVD der Woche: Das geheime Leben der Worte

Christina Ruloff - Von Worten und all dem, was hinter ihnen steckt: Isabel Coixets grossartiger Film über Vertrauen und Loslassen beeindruckt beim wiederholten Schauen mindestens so sehr wie beim ersten Mal. Man entdeckt nämlich immer neue Aspekte.Hanna, eine ausländische Frau, arbeitet in einer...

Von Worten und all dem, was hinter ihnen steckt: Isabel Coixets grossartiger Film über Vertrauen und Loslassen beeindruckt beim wiederholten Schauen mindestens so sehr wie beim ersten Mal. Man entdeckt nämlich immer neue Aspekte.

Hanna, eine ausländische Frau, arbeitet in einer Fabrik in Irland. Jeden Tag. Immer die gleichen Handgriffe, immer das gleiche Essen (Hühnchen, Reis, Apfel). Es kommt ihr kaum ein Wort über die Lippen und wenn möglich hört sie auch nichts, stellt ihr Hörgerät ab. Sie ist dann ganz alleine, innerlich und äusserlich. Die Ferien, die ihr der wohlmeinende Chef aufdrängt, (die Gewerkschaft hat sich über ihre überperfekte Arbeit beschwert) kommen ganz und gar ungelegen. Was soll Hanna mit all der freien Zeit anfangen? Wohin soll sie plötzlich mit sich selbst? Sie hält diese Tortur keine zwei Tage aus und heuert auf ihre Bohrinsel als Krankenschwester an. Ihr Patient ist der nach einem Unfall zeitweise erblindete Josef. Er fühlt sich unbehaglich, dieser fremden Frau total ausgeliefert zu sein und labbert sie voll: Er erzählt ihr Unfug und Banalitäten und versucht sie im Gegenzug auszuhorchen, natürlich vergeblich. Dann aber deutet er an, was in diesem „Unfall“ wirklich passiert ist und seine Rolle ist nicht ganz die des unschuldigen Opfers. Josef glaubt, sich sein Leben zerstört zu haben, denn wie lebt man mit sich selbst und mit seiner Vergangenheit, seinen Schuldgefühlen? Entsprechend seiner psychischen Verfassung, die von Selbstekel und Selbstmitleid geprägt ist, macht seine Genesung keine Fortschritte. Da entschliesst sich Hanna am letzten Abend, ihre Geschichte zu erzählen – und die ändert Josefs Ansichten und Gefühle diametral.

"Cora? Rothaarig?" Josef (Tim Robbins) versucht alles, um irgendwie zu Hanna (Sarah Polley) durchzudringen... was ihm am Ende auch gelingt.

Das geheime Leben der Worte ist ein grossartiger Film. Er dreht sich um die Millionen Dinge, die sich in einem drin abspielen und die nie an die Oberfläche kommen (sollen oder können?), sondern unausgesprochen bleiben und sich immer tiefer durch die eigene Seele fressen. Man muss dabei nicht diese fast unaussprechbaren und grauenvollen Dinge erlebt haben, die Hanna so zeichnen. Aber in dem Moment, in dem sie sich mitteilen kann, ändert sich alles und kriegt – für Josef, für das Publikum – eine ganz andere Bedeutung. Sarah Polley und Tim Robbins wiederum spielen ihre Parts so ruhig und würdevoll, dass eine natürliche Distanz allen möglichen Kitsch oder gar Übertreibung gänzlich verunmöglicht. Die wunderbaren Bilder von der Bohrinseln und den immer wiederkehrenden unendlichen Wellen tun ihr Übriges, um dem Film eine ganz besondere und eigene Stimmung zu verleihen. Das geheime Leben der Worte ist Inge Genefke gwidmet, die IRCT gegründet hat, eine Organisation die weltweit Folter dokumentiert und den Opfern zur Seite zu stehen versucht.

Bloss nicht nachdenken, sondern nur irgendwie die Stunde, den Tag, das Leben hinter sich bringen - und überleben: Hanna in ihrer Fabrik.

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