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28. September 2009, 09:03 Interview

Interview mit Milow

Carola Strobl - Milow ist derzeit auf Clubtour durch Europa. Vor seinem ausverkauften Konzert im Kaufleuten in Zürich hat er sich Zeit genommen um mir Rede und Antwort zu stehen. Im Interview plaudert er über sein Leben als Popstar, schlechtes Karma und was er mit Geschenken von weiblichen Fan...

Milow ist derzeit auf Clubtour durch Europa. Vor seinem ausverkauften Konzert im Kaufleuten in Zürich hat er sich Zeit genommen um mir Rede und Antwort zu stehen. Im Interview plaudert er über sein Leben als Popstar, schlechtes Karma und was er mit Geschenken von weiblichen Fans macht. Ausserdem verrät er seine Pläne für’s nächste Jahr!

Du tourst gerade durch ganz Europa. Auf deinem blog schreibst du: „Neun Städte und sechs Länder in zwölf Tagen. Cool!“ oder „Es gab nur einen Weg um rechtzeitig anzukommen: ein Privatjet. Rock’n’roll!“ Du scheinst ja wirklich ein Leben eines richtigen Popstars zu leben. Geniesst du es also ständig unterwegs zu sein?

Milow: Ich geniesse es voll und ganz, aber die Blogeinträge waren nur ein Scherz. Wenn du die Fotos gesehen hast, weißt du, dass es kein moderner Privatjet war (lacht). Die Zeit verfliegt so schnell. Seit April sind wir ständig unterwegs. Ich habe nicht mal Zeit um nachzudenken, was in den letzten Monaten passiert ist. Ich mache nun eine Tour, damit die Leute einen ersten Eindruck bekommen. Ich weiss, dass es nur eine Chance gibt, um sich zu beweisen. Heute gebe ich mein erstes richtiges Konzert in Zürich. Ich muss sagen, die Schweiz ist sehr speziell. Ich weiss nicht, was es ist, aber es läuft sehr gut hier. Das Konzert heute war das erste der Tour, welches ausverkauft war. Gestern habe ich in Lausanne gespielt und auch dieses war ausverkauft. Im November spielen wir in Bern, Basel, Luzern und Herisau. Wir fügen ständig mehr Konzerte hinzu. Das ist fantastisch.

Du bist also ständig unterwegs. Nimmst du da auch Freunde und Familie mit auf Tour?

Milow: Nein, aber wir sind ja in Europa auf Tour. Zum Beispiel, von Paris ist man mit dem Zug in 1 Stunden 20 Minuten in Brüssel. Ausserdem bin ich im Durchschnitt 1 bis 2 Tage pro Woche zuhause, manchmal etwas weniger. Was auch wichtig ist, ich habe gelernt den Schalter umzulegen, wenn ich zuhause bin. Ich versuche zu relaxen, meinen Bruder und meine Mutter zu besuchen. Wenn man Musiker ist, gibt es Phasen, in denen der Zeitplan sehr dicht ist und dann kommen wieder Tage, wo man mehr Freizeit hat. Das ist gut so, denn wenn man mal müde wird, weiss man, dass wieder ruhigere Tage kommen. Ich habe gewusst, dass Ende September bis Dezember sehr ausgebucht sein wird und das ist auch gut so.

Hat sich dein stark Leben verändert?

Milow: Nein, nicht wirklich. Die meisten glauben, der Erfolg ist so schnell bekommen. Aber bevor ich vor so einem grossen Publikum spielen konnte, hat es lang gedauert. Es war ein langsamer Prozess: 50, 75, 100 Leute. Meine Freunde kamen zu meinen Shows um mich zu unterstützen Und für einige Zeit, waren sie die einzigen (lacht). Jetzt kommen sie nicht mehr so oft zu meinen Konzerten. Wenn ich zuhause bin und mit Ihnen einen Drink nehme, dann rede ich nicht zu viel von mir, weil Milow bin ich und meine Songs und es ist oft besser nicht zu viel von dem zu erzählen und stattdessen ihre Geschichten zu hören.

Du gibst so viele Konzerte, ich nehme an, da passieren einige verrückte Dinge. Was war das lustigste Erlebnis mit einem Fan?

Milow (lacht): Letzte Nacht war da ein interessantes Mädchen, die sich in unsere Garderobe geschlichen hat. Sie hat uns selbst komponierte Gedichte vorgelesen, die nur von Sex gehandelt haben, sehr explizit. Die letzten Monate haben wir grossteils auf Festivals gespielt, da trifft man seine Fans nicht wirklich. Es ist also schwer den Leuten, die deine Musik mögen Gesichter zuzuordnen. Ich bin deshalb sehr froh, dass diese Woche unsere Clubtour begonnen hat. Wir haben in Frankreich gestartet, sind jetzt in der Schweiz, dann folgt Deutschland, Dänemark, Schweden, Holland, Luxenburg, Österreich und Italien. Jetzt können wir zum ersten Mal die Leute kennenlernen, die unsere Musik mögen. Ich hab mich wirklich sehr auf diese Tour gefreut. Wenn du ein email von der Plattenfirma erhälst, in dem steht, dass du Gold oder Platin erhälst, dann sind dies Zahlen, sagen dir jedoch nichts über deine Fans. In den kommenden Wochen werden wir mehrere Geschichten über Fans zu erzählen haben. Nur manchmal werfen Mädchen ihre Slips auf die Bühne. Aber es ist wohl eher als Scherz gemeint.

Das passiert also?

Milow: Ja natürlich, aber ist es echt oder machen sie es nur um das Clichée zu erfüllen?

Und was machst du mit den Slips?

Milow: Ah...wir haben eine Tasche, wo wir alle Geschenke reinpacken.

Liest du Nachrichten, die du von Fans bekommst?

Milow: Was ich wirklich mache, ist alle Kommentare auf meiner Homepage und auf Facebook zu lesen. Ich habe mal einen ausführlichen Blog auf holländisch geschrieben, aber jetzt poste ich eher kurze Nachrichten auf Twitter und Facebook. Das ist nett, weil Leute direkt darauf reagieren können und man somit Feedback über Konzerte aus erster Hand erhält. Ich lese diese Kommentare gerne. Der Grund warum ich auf der Bühne stehe ist mein Bedürfnis Feedback zu bekommen, denn sonst könnte ich auch zuhause bleiben und für mich selbst singen. Ich versuche auch so oft wie möglich Autogramme zu geben nach Konzerten und mit den Leuten zu reden. Es ist natürlich unmöglich jeden zu fragen, ob ihm/ihr das Konzert gefallen hat, deshalb sind Facebook und Webseiten sehr angenehm.

Wie ernst nimmst du Kommentare von Fans, die zum Beispiel „Ich liebe dich“ posten?

Milow: Hast du solche Kommentare in meinem Gästebuch gelesen? Schreiben das meine Fans oft? Es ist natürlich nur ein Scherz. Manchmal machen Sie auch Übersetzungsfehler. Jemand hat vor ein paar Tagen gepostet: „It was a very nice concert. It was very orgasmic.“ Und ich dachte mir, hat sie das tatsächlich so gemeint?

Siehst du das als ein Kompliment?

Milow: Ja natürlich. Es ist lustig. Wir lesen uns die Kommentare immer gegenseitig vor. Wir machen uns aber nicht darüber lustig.

Als du im April in der Hafenkneipe gespielt hast, hast du die Geschichte über den Verkehrsunfall in Island erzählt. Vor einigen Wochen ist dein Tourbus abgebrannt und dann habt euch auch noch in den Schweizer Alpen verirrt.

Milow: Die Sache in den Alpen war nervig, aber nicht wirklich gefährlich. Aber nachdem ich den Unfall in Island überlebt habe, ist dann auch noch der Bus abgebrannt. Es war nur 3 oder 4 Monate später, fast wie ein Déjàvu. Es hätte jedoch noch schlimmer kommen können, weil wirklich der ganze Bus abgebrannt ist.

Hattest du schon immer so viel Unglück im Strassenverkehr?

Milow: Mit 13 Jahren war ich schon mal in einem brennenden Bus. Mit der Schule sind wir zu einem Skitripp gefahren und mitten in der Nacht fing der Bus Feuer. Vielleicht ist das schlechtes Karma.

Hast du eigentlich Zeit für Sightseeing, wenn du auf Tour bist?

Milow: Gestern hatte ich eineinhalb Stunden Zeit, was zwar nicht viel ist, aber es war nett einen Spaziergang in Lausanne zu machen. Die steilen Strassen haben mir wirklich gefallen. Ich glaube heute habe ich nicht viel Zeit, weil in den Hauptstädten immer viel Presse- und Medienarbeit gemacht werden muss. Und heute spielen wir schon um 8 anstatt 9 Uhr, also habe ich noch weniger Zeit. Das ist wirklich schade.

Ist es nicht schade, dass du nichts von deiner Umgebung siehst?

Milow: Ja, aber ich weiss, dass ich wieder nach Zürich kommen werde. Dann will vielleicht niemand mehr Interviews machen oder ich bin dann schon ein Superstar und gebe keine Interviews mehr (lacht).

Kommen wir auf deine Musik zurück, Ayo Technology hat dir internationalen Erfolg gebracht, aber wenn man dein Album anhört, dann ist dieser Song eher untypisch für dich. Normalerweise erzählst du Geschichten übers Leben anstatt über Liebe. Findest du „Sex sells“ in diesem Fall?

Milow: Nein, nein. Wenn man den Text weglässt ist der Song nicht mehr untypisch für mich. So wie das Lied klingt und wie es aufgenommen wurde, ist es den anderen Titeln ähnlich: nur eine Akustikgitarre, Gesang und ein paar weitere Instrumente. Normalerweise mache ich keine Covers oder ich spiele sie nur live, veröffentliche sie aber nicht. Aber bei dem Song war die Herausforderung ihn in meinen Song zu verwandeln. Ich glaube, wenn die Leute nicht wüssten, dass es nicht mein Song ist, würden sie es nicht merken. Der Song löst manchmal Verwirrungen aus, wenn sich Leute fragen: „Sing er wirklich über Pornos und Cybersex?“ Du musst mir glauben, als ich den Song zum ersten Mal gesungen habe, war nicht geplant ihn als Single rauszubringen. Doch er löste einen Dominoeffekt aus. Der Song war ein grosser Online Hit noch neun Monate bevor er im Radio gespielt wurde. Deshalb habe ich auch dieses grosse Vertrauen in Onlinemedien. Es ist der einzige Ort, wo man ehrliches Feedback erhält. Zudem war ich auf der Suche nach einem grösserem Publikum ausserhalb von Belgium. Ich hab mich schon etwas klastrophobisch gefühlt, weil ich bei jedem Festival und jeder Konzerthalle in Belgium gespielt hatte und ich wollte einfach weiter ausholen. Meine Intuition hat mir gesagt, dass Ayo Technology der Song ist um ein grösseres Publikum zu erreichen. Ich hätte den Song auch nicht gecovert, wenn ich nicht schon vorher ein Album veröffentlicht und eine Liveband gehabt hätte. Ich war also bereit für eine grössere Sache und Ayo Technology hat mir extrem geholfen. Aber um auf „Sex sells“ zurück zu kommen. 80 Prozent der Leute wissen nicht, dass sich der Song um Sex dreht. Glaub mir. Sie glauben, es ist ein romantischer Song.

Aber auch wenn man den Text nicht versteht, kann man es ableiten. Und du scheinst es auch zu geniessen, den Song live zu performen.

Milow: Stimmt, ich finde es lustig. Ich habe den Song schon in TV Shows gespielt, wo alte Leute im Publikum sassen und sie haben alle applaudiert. Es ist so amüsant, wenn ich singe „I’ll be into this bitch until the Club close, I’ll be on all fours.“ Heute Abend verstärke ich es noch. Ich werde verschiedene Textpassagen von Hip Hop Songs vereinen, die alle von Sex handeln. Das wird gut!

Deine Live CD und DVD wird am 2. Oktober veröffentlicht. Sie heisst „Maybe next year“. Was können wir für nächstes Jahr von dir erwarten?

Milow: Mit dieser Tour sollte ein ersten Eindruck vermittelt werden und genau deshalb wollte ich eine Live CD veröffentlichen. Es zeigt mich an der Grenze zum Durchbruch und ich wollte diesen magischen Moment festhalten. „You don’t know“ ist meine neue Single. Vielleicht wird es noch eine Singleauskopplung geben. Nächstes Jahr möchte ich bestätigen, dass ich kein One-Hit-Wunder bin und auch öfters in der Schweiz auftreten. Ausserdem will ich vermehrt auf mehr Festivals spielen. Gurten und Paléo in Lyon habe ich mal ins Auge gefasst. Dann wird ich noch ein neues Album schreiben und einfach so weitermachen wie bisher.

Interview: Carola Strobl

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