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1. Oktober 2009, 10:02 Movie

Amreeka @ Zurich Film Festival

Christina Ruloff - „Amerika, Du hast es auch nicht so viel besser!“ Cherien Dabis erzählt von einer Frau und ihrem Sohn, die es aus der West Bank nach Amerika verschlägt, in der Hoffnung auf ein besseres Leben. Amreeka ist unterhaltsam, wirkt aber gleichzeitig unstrukturiert und verströmt e...

„Amerika, Du hast es auch nicht so viel besser!“ Cherien Dabis erzählt von einer Frau und ihrem Sohn, die es aus der West Bank nach Amerika verschlägt, in der Hoffnung auf ein besseres Leben. Amreeka ist unterhaltsam, wirkt aber gleichzeitig unstrukturiert und verströmt etwas zu viel Harmonie.

Der Weg zur Arbeit, der früher gerade mal eine Viertelstunde gedauert hat, kostet nun ganz zwei Stunden, jeden Tag. Und an der Grenze, wo die Mauer Israel von der West Bank trennt, werden Muna und ihr Sohn Fadi regelmässig und ziemlich lustlos gedemütigt und schikaniert. Da scheint Muna mit dem Gewinn zweier Green Cards das Goldene Los gezogen zu haben. Doch ziemlich bald stellt sich im ländlichen Illinois die Ernüchterung ein, denn auch hier sind Araber nicht wirklich willkommen...

Die Regisseurin Cherien Dabis erzählt mit ihrem ersten Spielfilm Amreeka auch ihre eigene Geschichte. Die jordanisch stämmige Frau ist während des Golfkrieges in Ohio aufgewachsen und hat die ganz alltägliche und entsprechend selbstverständliche Diskriminierung miterlebt. Amreeka spielt während des Irakkrieges im Jahre 2003, so dass Muna und Fadi viel Ignoranz und Dummheit ertragen müssen, und das gelobte Land immer mehr zu grossen Enttäuschung wird. Fadi wird wegen seines Namens, seiner Klamotten und seiner Herkunft in der High School gehänselt. Muna findet trotz ihrer vielen Diplome keine Arbeit in einer Bank und muss sich mit einem Job in einem Fast Food Restaurant durchschlagen. Ihre Schwester und ihr Mann, bei denen sie wohnen kann, haben nämlich dank des Krieges auch finanzielle Sorgen: Wer will im Zeitalter Bin Ladens schon zu einem arabisch stämmigen Arzt?

Die Einwanderungsbehörde - die erste Hürde für alle, die ins gelobte Land reisen wollen.

In der „New York Times“ wird die in diesem Film geschilderte Einwanderungsprozedur als „humiliating“ kritisiert – dabei ist der Amerika erprobte Zuschauer erstaunt, wie vergleichsweise glatt und unproblematisch die Akklimatisierung klappt: Sind amerikanische Polizisten wirklich derart höflich, nachdem sie um Mitternacht einen prügelnden Teenager festgenommen haben? Sogar wenn er mit starkem Akzent spricht? In den USA hat der Film überall Bestnoten gekriegt und zugleich leichte Betroffenheit erregt...

Problematisch ist jedoch vor allem, dass die Geschichte keinen stringenten Aufbau hat, sondern episodenartig die verschiedenen Problemzonen abackert – nichts ist zwingend, und vieles bleibt dem Zufall überlassen. Die hervorragenden Schauspieler – allen voran Nisreen Faour als stets optimistische Muna und Hiam Abbass als ihre verbitterte Schwester – machen jedoch viel wett. Und wenn am Ende die guten Amerikaner mit den mit den herzlichen Arabern fröhlich zu arabischer Musik tanzen, löst sich alles in zufriedener Harmonie auf. Unterhaltsam ist Amreeka sicherlich, aber ist der Film auch realistisch?

1. Oktober, 16.45 Uhr Arthouse Le Paris

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