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11. Juni 2010, 08:49 Kolumnen International

no. 6 - big apples from the Big Apple

meng tian - Letzte Woche war die Rede vom überraschend netten Quartier Harlem in Manhattan. Doch so toll es dort auch war, mein Herz gehört einem ganz anderen Ort in New York: Brooklyn. Yep, Cobbie Hill, Boerum Hill, Park Slope, Brooklyn Heights, sogar das (zu) hippe Williamsburg haben mit...

Letzte Woche war die Rede vom überraschend netten Quartier Harlem in Manhattan. Doch so toll es dort auch war, mein Herz gehört einem ganz anderen Ort in New York: Brooklyn. Yep, Cobbie Hill, Boerum Hill, Park Slope, Brooklyn Heights, sogar das (zu) hippe Williamsburg haben mittlerweile einen besonderen Klang in meinen Ohren gefunden, so dass ich jedes Mal aufhorche, wo immer ihre Namen erwähnt werden.

Nun, warum Brooklyn? Die Frage, ob Manhattan noch New York ist oder ob Brooklyn mittlerweile den zeitgenössischen New-York-Geist repräsentiert, wird seit Jahren gestellt. Die Diskussion findet sogar nicht nur lokal in New York statt. Mein bester Freund machte mir im März gar auf einen Artikel in der NZZ über dieses Thema aufmerksam (Link siehe Ende des Blogeintrags). Offenbar ist das generelle Interesse am grossen Apfel immer noch transnational vorhanden, trotz der weitverbreiteten Abneigung gegen Amerika, die sich in den letzten Jahren immer stärker entwickelt hat. Völlig verständliches Phänomen aber, würde jetzt ein echter New Yorker meinen; denn New York ist nicht Amerika, die Stadt spielt in seiner eigenen Liga.

OK, genug gerühmt, zurück zum Thema. Was ist denn so besonders an Brooklyn? Genau sowie Manhattan mangelt es auch hier nicht am metropolitanen Stadtgeist: authentisches Essen aus aller Welt; internationale Menschen mit den interessantesten Herkunften oder Lebensgeschichten; vibrierende Dynamik und Energie in der Luft, die ständig ins Ohr zu flüstern scheinen, dass alles möglich ist... Was Brooklyn von Manhattan jedoch unterscheidet, sind eine Facette mehr Gemütlichkeit, der Hang zur Lebensqualität anstatt Geschwindigkeit, und nicht zuletzt auch die dort lebenden Künstler, welche Brooklyn ein wenig mehr an Seele einhauchen. Wenn Manhattan also mehr zum Arbeiten und Leisten zwingt, bewegt Brooklyn mehr zum Leben und Kreieren. Es ist einfach mehr Zeit da, um Details wie eine Biene auf einer Blume weilend zu entdecken.

Man geht zum Beispiel auf Brooklyn Heights Promenade spazieren. In einem Atemzug nimmt man einerseits die Luft vom charmanten Schriftstellerquartier ein und vergisst für einen Moment lang das Gefühl von Hektik, die ständig in dieser Stadt herumlauert; andererseits geniesst man den fantastisch hindernisfreien Blick auf Manhattan und es wird einem dabei aufs Neue bewusst, dass man wirklich in New York ist, da, wo Superlative herrscht und jeder ständig seine Höchstleistung sucht, hervorruft und präsentiert. Perfekter Ort zum Sinnieren, neue Perspektive durch Distanz zu gewinnen sowie neue Energie für die Grossstadt zu tanken.

Oder man geht an den vielen verschiedenen kulturellen Veranstaltungen, die in Brooklyn stattfinden. Nur schon mal aus der Sicht der Live-Musik-Szene: von Hausshows, illegalen Underground-Konzerten auf Dächern, speziellen Gigs in Lofthallen oder Studioflächen, regulären Gigs in den vielen In-Clubs bis zu Grossevents wie zum Beispiel das jährliche Festival für Musik, Tanz, Literatur und Film namens „Celebrate Brooklyn“, das dieses Jahr zum 32. Mal stattfindet. Wo sonst bitte sehr kann man ein Gratiskonzert von Norah Jones besuchen gehen? Apropos Norah Jones, die in Manhattan geborene und in Texas gross gewordene junge Frau hat neulich ein Haus in Brooklyn gekauft und lässt sich nun offiziell in Cobbie Hill nieder.

Ich wohne in Lower East Side – dem coolsten Quartier in Manhattan und sozusagen das Brooklyn auf dieser Seite der Insel. Somit hab ich überhaupt keinen Grund, mich über irgendetwas zu beklagen; und das tue ich auch nicht! Bin super zufrieden; nein, eigentlich sogar viel mehr als zufrieden! Aber eben: Brooklyn, Brooklyn.

NZZ-Artikel: Brooklyn vs. Manhattan
big apples from the Big Apple Reihe: Übersicht
Meng Tian im Web: Meng-tian.com
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