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18. Juni 2013, 11:21 Kolumnen

Ziemlich perfid, aber stimmt so

Marco Büsch - Eine Kolumne über das «20Minuten», Demonstrationen in der Welt, Kinder beim Fussball und die Frage, weshalb denn nun der Name der NZZ falsch ausgesprochen wird.

Die Demonstrationen in der Türkei dauern weiterhin an, während die Polizei versucht, sie, gemäss verschiedenster Berichte, mit unverhältnismässiger Härte zu zerschlagen. Vorwürfe, welche Ministerpräsident Erdogan am Sonntag entschieden zurückwies. Vielmehr würden die ausländischen Medien versuchen, die Erfolge der Türkei zu diskreditieren und die Regierung zu stürzen. Zufrieden wäre Erdogan an dieser Stelle nur mit dem «20Minuten»: Die mit Abstand auflagenstärkste Zeitung der Schweiz verzichtet am Montag darauf, über die Geschehnisse in Istanbul auf der Titelseite zu berichten, stattdessen wird der 77. Turniersieg vom Roger gefeiert und noch viel besser: Es wird über eine Diebesbande am Greenfield-Openair berichtet, welche auf «perfide Weise» die Openair-Gänger bestohlen habe. Die Diebe hätten den Leuten die Portemonnaies direkt aus der Hosentasche gezogen. Ich meine, aus der Hosentasche! Auf diese Idee muss man als Taschendieb erstmal kommen; ziemlich «perfid». Liebes «20Minuten», das einzig «Perfide» hier war, diesen absolut nichtssagenden Bericht aufzubauschen und auf die Titelseite zu packen, während weitaus wichtigere Dinge in der Welt geschehen. Und wenn die Proteste in der Türkei langsam ein bisschen zu langweilig werden für die Titelseite, dann gäbe es auch noch die Demonstration an der «Art Basel», welche geräumt wurde, oder die Grossdemonstration gegen die hohen Kosten der Fussball-WM in Rio De Janeiro, welche ebenfalls gewaltsam geräumt wurde. Nun denn, ich bin ja nicht der Blattmacher des «20Minuten» und will mich jetzt hier auch nicht weiter über Themen wie Verantwortung und Prioritätensetzung als auflagenstärkste Schweizer Tageszeitung auslassen. Das «Problem» mit der «20Minuten» ist ja auch bekannt und wurde auch schon des Öfteren breit diskutiert, aber mich ärgert’s halt immer wieder aufs Neue. Glücklicherweise beziehe ich meine Informationen bezüglich des Weltgeschehens auch noch von verschiedensten anderen Seiten.

Zum Beispiel besuchte ich am Wochenende einen Fussballmatch meines kleinen Bruders. Da sass ich also direkt hinter der Bank des Gegners, weil es dort am schattigsten war, dafür erntete ich böse Blicke, weil ich in den falschen Momenten jubelte. Jedenfalls konnte ich dabei ein paar wichtige Gesprächsfetzen einer Diskussion zwischen drei zwölfjährigen Jungtalenten aufschnappen: Nike-Schuhe sind besser als Adidas-Schuhe, ich schwör! Du häsch kei Ahnig, Mann! Diese Schuh-Diskussion führte ich schon in der Primarschule, schön zu sehen, dass sie unter Jungen in diesem Alter auch weiterhin omnipräsent ist. Der Cristiano Ronaldo trägt eben Nike-Schuhe. Aber der Messi trägt Adidas-Schuhe. Messi muss aber eh ins Gefängnis. Wirklich? Ja wirklich! Du Lügner, niemals muss Messi ins Gefängnis! Doch, ich schwöre auf alles! Zwei Jahre! Wegen irgend etwas mit Geld. Sein Vater muss auch gehen! Er ist schon im Gefängnis! Kann schon sein, Messi hat seinen Vertrag ohnehin verrissen, weil Barca so schlecht ist in letzter Zeit. Spätestens hier musste ich doch ein bisschen schmunzeln, weil Messi bereits im Februar bis 2018 bei Barcelona unterschrieben hat und der Club letzte Saison die Primera Division mit 15 Punkten Abstand vor Real Madrid gewonnen hat. Nun, zumindest laufen zur Zeit Ermittlungen gegen Messi und seinen Vater bezüglich Steuerhinterziehung im Millionenbereich. Aber im Gefängnis ist er meines Wissens auch noch nicht. Zwölfjährige Jungs unter sich: Man überhäuft sich gegenseitig mit immer wilderen Spekulationen und verkauft sie lauthals als die absolute Wahrheit, solange bis man eingewechselt wird und nur noch das nächste Tor zählt. Hier höre ich aber gerne zu und lache auch gerne darüber, denn im Gegensatz zum «20Minuten» erwartet man von diesen Jungspunden nicht, dass sie stets die Wahrheit erzählen. Wobei ich mir da beim «20Minuten» auch nicht mehr so sicher bin, denn während es bei den Kindern um das Ansehen in der Gruppe geht, ist das «20Minuten» auch nicht weit davon entfernt und buhlt um Werbekunden.

Aber genug geschrieben über das «20Minuten» und seine Strategien, eine Kollegin bat mich, an dieser Stelle doch mal in die Runde zu fragen, warum denn die NZZ stets EnCeZät ausgesprochen wird, dann müsste sie doch NCZ heissen? Es beschäftige sie schon seit Kindstagen! Ich hoffe, es kann ihr geholfen werden, vielen Dank!

Kolumne auf ronorp.ch

Weitere Kolumnen gibt es auf meinem Blog nachzulesen: Hier!

Kommentare
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Carolus_Magnus 24.07.2013 um 00:05
Änzetzet - sage ich jeweils, vermutlich korrekt. Ich könnte mir aber gut vorstellen, daß EnCeZet leichter von der Zunge geht als EnZetZet, zumindest nach der Anatomie meiner Lippen

Carolus Magnus