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15. Juli 2013, 09:10 Kolumnen

Probleme, Probleme

Marco Büsch - Als Gymnasiast hat man eigentlich immer Probleme zu klären: Seien es Ernährungsfragen oder kleinere schulische Krisen. Oder das soziale Umfeld. Es gibt immer etwas zu tun, packen wir es morgen an.

Ich sass im 5er-Tram und wie das nicht selten der Fall ist im 5er-Tram sassen vor mir drei Gymnasiasten. Einer kleiner als der andere, dafür mit um so lauteren Sprechorganen. Besonders der Kleinste, welcher sich anscheinend gerade im Stimmbruch befand und mehr quietschte als etwas anderes. Nun, jedenfalls erkannte man ihr Gymnasiasten-Dasein nicht am Kleinsein oder am Stimmbruch, aber eindeutig an den Gesprächsthemen: Es ging eigentlich die ganze Tramfahrt nur ums Lernen und insbesondere auch um Schulnoten. Und zwar auf diese klassisch, leicht nervende Weise. Man stelle sich die folgenden Zeilen mit einer quietschenden Stimmbruchstimme vorgetragen vor:

Ich habe eine fünf geschrieben in Geschichte und du? – Ach eine vier. Naja, dafür bist du ja in Mathe besser, nicht wahr? – Ah nein, da hast du auch nur eine drei geschrieben und ich – wie in Geschichte – eine fünf, nun, es scheint wohl für mich eine glückliche Phase zu sein. – Nein, nein, jetzt übertreibst du, diese Phase dauert doch nicht schon zwei Jahre an und lernen tue ich wirklich auch überhaupt nicht! Ehrlich! Geht’s noch! Ich und lernen?! Wisst ihr eigentlich, was die Daniela macht?! – Die Daniela lernt nie! Sie setzt sich nach der Schule in ihr Zimmer und tut so als würde sie lernen, dabei schaut sie irgendwelche Serien wie «Bones» oder so. Die ist echt IMMER am Fernsehen. Dass es überhaupt so viele Serien gibt! – Nein, sie hat keinen Fernseher im Zimmer, sie streamt das denk im Internet, auf «setze x-beliebiges Streamportal ein». Naja, jedenfalls kommt sie dann ab und zu aus ihrem Zimmer und beschwert sich bei den Eltern, wie hart doch das lernen sei. Einfach so. Das macht sie so jede Stunde einmal, damit die Eltern glauben, sie sei am lernen, voll krank so was! Und wer schaut schon so viele Serien? Also ich glaube, die Daniela schafft das nicht mehr lange mit der Schule, die lernt ja auch nie für irgendwelche Prüfungen. Also nicht, dass ich lernen würde, aber ich meine nur. – Wo gehen wir denn nun eigentlich Mittag essen? Im Burger King, McDonalds oder im Coop? – Oh, euch ist es auch allen egal, wo wir essen gehen, dann wird eine Entscheidung aber ziemlich schwierig. Jeden Mittag dasselbe.

Und irgendwann sind sie dann an allem vorbeigefahren vor lauter Entscheidungslosigkeit und man entschied sich doch einen Döner holen zu gehen, weil alles andere ja nun doch zu weit weg sei. McDonalds hätte mit einer neuen Filiale neben dem Schauspielhaus wirklich eine neue Goldgrube aufgemacht, hätte es nicht Bedenken von allerlei Seiten gegeben. Es gibt keine bessere Kombination als billigen Fastfood inmitten von Gymi-Schulhäusern voller Gymnasiasten, welche sich nie entscheiden können, wo sie denn nun essen wollen, bis sie dann einfach im erstbesten Laden essen, welcher dann vermutlich meistens der McDonalds gewesen wäre. Sorry McDonalds, aber ist vielleicht auch besser so!

Meine Zeit im Gymnasium ist nun doch schon ein paar Jahre her, aber wenn ich eines nicht vermisse, dann sind es diese furchtbar belanglosen Gespräche über Schulnoten, die Marotten der Mitschüler und diese endlosen Diskussionen, wo man denn nun Mittag essen geht. Und allen ist es so wahnsinnig egal, nichts ist egaler, aber wenn man sich dann für den Migros entschieden hat, kann man sich sicher sein, dass wieder irgendeiner dagegen ist. All diese Gespräche über diese Probleme, welche doch eigentlich gar keine Probleme sind, statt dass man einmal über die richtigen Probleme redet. Nun, das gab es wohl auch, ich übertreibe natürlich ein bisschen, es fällt mir nur auf, dass das Gymi doch noch sehr weit entfernt vom Ernst des Lebens war. Das sollte es vielleicht auch sein. Und überhaupt, an der Uni ist man manchmal auch nur ein paar kleine Schritte näher am Ernst des Lebens, aber auch nicht wirklich: Hauptsache gute Noten und wissen, wo man Mittag essen geht, und das Leben ist gut. Und Hauptsache kein Stimmbruch mehr.

Weitere Kolumnen gibt es auf meinem Blog nachzulesen: Hier!

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