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11. März 2014, 00:29 Konzert Music

Eine Nacht mit dem Chippendale des R&B

Dominique Rais - Mütter und Väter die auf ihre Kinder warten. Ein alltägliches Bild und doch konnte man beim Anblick nicht anders, als zu schmunzeln. Dieses Szenario ereignete sich nicht etwa vor einer Schule oder nach einem Kindergeburtstag, sondern am vergangenen Sonntag nach dem Konzert von Jason Derulo im X-tra.

Kreischende 80 Minuten lang musste man sich, mit dem zum grössten Teil jungen Publikum, um die Ohren schlagen, bevor man diesen einen, zum Schmunzeln einladenden Augenblick auskosten konnte. Irgendeinen Song vom US-amerikanischen R&B-Sänger haben die meisten bestimmt schon mal im Radio gehört, ohne vielleicht zu wissen, dass es Jason Derulo ist, der da gerade über den Lautsprecher trällert. Genau das dürfte wohl auch auf so einige Mütter, die ihre Töchter ans Konzert begleitet hatten, zutreffen. Ob die Mütter wohl gewusst haben, was sie da erwarten sollte?

Dabei begann doch alles so harmlos. „In My Head“ und „Watcha Say“ brachten die Menge behutsam auf Kurs und sorgten, wär hätte es gedacht, für Kreisch-Alarm, Handy-Blitzlichtgewitter und Herzklopfen bei der weiblichen Fraktion. „Frauen (in dem Fall: überwiegend Mädchen) mögen Männer die tanzen können“, dass musste sich wohl auch Jason Derulo gedacht haben und zeigte sich von Anfang an von seiner sportlichen Seite. Damit das Ganze vor 1'650 Leuten auch was hermacht, holte er sich noch ein paar Tänzerinnen und Tänzer mit ins Boot. Aufgehübscht wurde das dann noch durch ein mobiles Bühnenbild aus besprayten Mauern, Gitterzäunen und Gerüsten.

Soweit so gut. Das erste Drittel der Show gestaltete sich, aus Sicht der meisten Mütter, wohl als grösstenteil harmlos. Auch noch bei dem klischeehaften Einstiegssatz „Wenn man den einen Menschen gefunden hat, ohne den man nicht leben kann“ bei „Marry Me“ und der darauffolgenden Akustik-Version von „The Other Side“. Doch dann galt: „Mütter, haltet eure Töchter fest!“

Nach dem Motto „ein Mann muss zeigen was er hat“ kam der 24-jährige Sänger zum Einspieler von Robin Thickes „Blurred Lines“ oben ohne auf die Bühne und sparte dabei nicht mit anzüglichen Bewegungen, die beim weiblichen Publikum ihre Wirkung nicht verfehlten. Mit durchtrainiertem, von Tattoos übersätem Oberkörper liess der Frauenschwarm hemmungslos seine Muskeln spielen und geizte damit auch nicht bei den darauffolgenden Songs, dem Publikum seine Vorzüge zu präsentieren. Als sich dann auch noch die anderen Tänzer ihre Klamotten vom Leib rissen, war das „Chippendales-Sextett“ perfekt.

Wer dachte, da kommt nichts mehr, lag falsch. Kurzerhand holte das „Chippendales-Sextett“ je ein Mädchen auf die Bühne, um mit ihnen auf dem Rücken liegend Liegestützen zu machen. Bravo! Doch was passierte mit den zig hundert anderen Mädchen, die sich Jason Derulo nicht um den Hals werfen durften? Die mussten dann wohl mit Mamas starker Schulter vorliebnehmen.

Ein Gutes hatte das Ganze jedoch für all die, die nicht auf die Bühne gebeten wurden, sie waren vermutlich so damit beschäftigt, ihrer verpassten Chance, mit Jason Derulo auf Tuchfühlung zu gehen, hinterher zu trauern, dass ihnen die schlicht entsetzliche Darbietung vom Lorde-Cover „Royals“ entging. Glück im Unglück.

Spätestens bei „Dirty Talk“ dürfte es wohl allen Müttern, die von ihren Töchtern mitgeschleppt wurden (Stichwort: Altersbegrenzung) gedämmert haben, wovon ihre Töchter wohl nachts so träumen. Ach ja liebe Mütter, auch wenn Jason Derulo zu guter Letzt ganz in weiss angezogen auf der Bühne stand, eure Töchter ihn angehimmelt haben und ihm bei jeder gesungenen Silbe förmlich an den Lippen hingen – er ist trotzdem kein Engel. Übrigens, ihr dürft eure Töchter jetzt wieder loslassen.

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