Magazin durchsuchen

Neuste Blogs

19. Oktober 2008, 12:55 Konzert Kultur Music

Elisabeth – Die wahre Geschichte der Sissi

Sebastian Mayr - Zürich ist nicht Wien, Theater 11 nicht Theater an der Wien und Tod nicht gleich Tod. Dennoch kommt das Musical Elisabeth nun auch in die Schweiz und wartet mit einer sehenswerten und soliden Inszenierung auf. Das erfolgreichste deutschsprachige Musical gastiert bis zum 4. Janua...

Zürich ist nicht Wien, Theater 11 nicht Theater an der Wien und Tod nicht gleich Tod. Dennoch kommt das Musical Elisabeth nun auch in die Schweiz und wartet mit einer sehenswerten und soliden Inszenierung auf. Das erfolgreichste deutschsprachige Musical gastiert bis zum 4. Januar 2009 in Zürich.

Wer die Lebensgeschichte und den Mythos der schönen und verehrten Kaiserin Elisabeth von Österreich, oder besser bekannt als Sissi, nur aus den 50er Jahre Filmen mit Romy Schneider kennt, dürfte von der Musical Fassung vielleicht ein wenig überrascht sein. Was die beiden Produzenten Michael Kunze und Sylvester Levay hier geschaffen haben, ist nicht nur Musik vom Feinsten, sondern auch ein neues Muscialgenre an sich. “Elisabeth“ zeigt nicht wie viele andere Musicals eine oberflächliche Liebesgeschichte, sondern ist vielmehr ein Drama, das mit viel Feingefühl die komplexe und tragische Innenwelt und den schwer zu bewertenden Charakter der Kaiserin Elisabeth auf die Bühne zaubert.

Die Story

Die Geschichte beginnt damit, dass der junge Kaiser Franz Joseph sich in die bildhübsche junge Elisabeth verliebt. Während für das etwas naive Mädchen mit der Heirat zunächst ein Traum in Erfüllung zu gehen scheint, offenbart sich für sie das ganze Ausmass dieser Entscheidung erst im Nachhinein. Erhoffte sich Sissi ein Leben in Glück und trauter Zweisamkeit, so untersteht sie nun dem Einfluss von Erzherzogin Sophie, Sissis Schwiegermutter. Diese möchte die frei und selbstbewusst, gleichzeitig aber auch unnahbar und selbstverliebt, auftretende Elisabeth in ein Korsett von Regeln und Pflichten zwängen. Unter Billigung Franz-Josephs mischt sie sich nicht nur in das Leben Sissis ein, sondern auch in die Erziehung ihres Enkels, dem künftigen Thronfolger Rudolph. Je länger Sissi am Hof ist, desto mehr fühlt sie sich wie in einem goldenen Käfig. Melancholie, Verzweiflung und Trotz machen sich breit und selbst auf ein Spiel mit dem Tod lässt sie sich ein...

Elisabeth und Franz-Joseph mit dem Tod im Rücken
(Photo Brinkhoff/Mögenburg©LaBelle Tournee GmbH)

Die Schweizer Fassung

Unabhängig von Fassung und Interpretation, Elisabeth ist und bleibt seit seiner Uraufführung im Jahr 1992 durch die Vereinigten Bühnen Wien musikalisch und inhaltlich ein Musical der Extraklasse. Die mittlerweile über acht Millionen Zuschauer in neun Ländern weltweit sprechen eine eigene Sprache. Vor diesem Hintergrund überrascht es zwar ein wenig, dass der Vorverkauf für das Musical bisher ein wenig schleppend verlief, verstecken muss es sich deswegen jedoch keineswegs. Ganz im Gegenteil.

Kern der Aufführung ist die wundervolle Musik, die zeitlosen Perlen, die das geniale Produzentenduo Kunze & Levay hervorgebracht haben. Mit dynamischen Tanz- und Musikeinlagen des prächtig kostümierten Chors, wie in „Milch“ oder „Alle Fragen sind gestellt“, und gefühlvollen Solostücken, wie „Nichts, nichts, gar nichts“ oder das Herzstück des Musicals „Ich gehör nur mir“, deckt das Musical die gesamte musikalische Bandbreite auf eindrucksvolle Weise ab. Und mit dem vom kindlichen Rudolph gesungenen „Mama, wo bist du?“ setzten die beiden Produzenten sogar noch ein anrührendes Sahnehäubchen oben drauf. Levay macht deutlich, warum er bereits in der Vergangenheit für Grössen wie Udo Jürgens oder Elton John Songs komponieren durfte.

Elisabeth gehört nur sich selbst
(Photo Brinkhoff/Mögenburg©LaBelle Tournee GmbH)

Die insgesamt recht solide Umsetzung der Stücke ist vor allem auch den Darstellern zu verdanken, die sich zwingend an ihren Wiener Vorgängern messen lassen müssen. Sehr gut aufspielend ist dabei die nicht minder attraktive Annemieke van Dam in der Rolle der Elisabeth. Diese steht ihren Wiener Kolleginnen Pia Douwes oder Maja Hakvoort wenn überhaupt, so nur vielleicht im leidenschaftlichen Ausdruck nach. Ausdrucksstärke und Dynamik fehlten am Premierenabend allerdings bei fast allen Darstellern noch ein bisschen. Vor allem Felix Martin in der Rolle des Tods wirkte zu theatral-abgehoben und Bruno Grassini als der provokant auftretende Luigi Lucheni, der Elisabeth-Attentäter und "Moderator der Geschichte", ist noch etwas zu steif und brav. Mit der Anzahl der Aufführungen sollte hier allerdings (trotz rotierender Besetzungen) eine gewisse Besserung zu erwarten sein.

Dem Ausdruck der Darsteller und der Geschichte zuträglich ist das Bühnendesign. Zwar ist dieses im Vergleich zur Wiener Fassung einfacher gehalten, wirkt insgesamt jedoch immer noch imposant genug und erfüllt allgemeine Erwartungen. Wie schon an anderen Spielorten ist neben einer drehend-rotierenden Bühne und Hi-tech Video- und Lichtdesign, vor allem der von der Seite herabfallende lange und schmale Bühnensteg Markenzeichen des Musicals. Auch wenn klar ist, dass die Aufführung im Theater 11 nicht die Grösse und die Effekte einer Wiener Inszenierung haben kann, so vermisst man dennoch manchmal kleine unaufwendige Details. Genannt sei hier beispielsweise der fehlende Nebel im Prolog und an anderen Stellen.

Dem Volk dürstet nach Milch, weil die Kaiserin darin badet
(Photo Brinkhoff/Mögenburg©LaBelle Tournee GmbH)

Akzeptiert man, dass Zürich nicht Wien ist, das Theater 11 nur kaum mit der Grösse und dem Charme des Theaters an der Wien mithalten kann und der historische Rahmen sowie die Musicaleuphorie der Spielorte verschieden sind, so kann die schweizer Bühnenshow als eine solide und intime Fassung des Meisterwerks gewertet werden. Zum Glück ist diese immer noch spektakulär und imposant genug, um sich nach der Vorstellung beschwingt auf Heimweg machen zu dürfen. Hiervon zeugt auch der minutenlange Applaus des Publikums am Premierenabend. Man sollte und darf sich deshalb über eine Version des erfolgreichsten deutschsprachigen Musicals freuen, das mit wunderschönen Musikstücken und einer eingängigen Geschichte auch das schweizer Publikum ansprechen dürfte. Dass das Musical nun auch hierzulande gastiert, ist ein Glücksfall, den sich kein Musicalfreund entgehen lassen sollte.

  • Buch- und Liedtexte: Michael Kunze
  • Musik: Sylvester Levay
  • Regie: Harry Kupfer
  • Choreograhpie: Dennis Callahan
  • Erstbesetzung: Annemieke van Dam, Felix Martin, Markus Pol, Bruno Grassini, Christa Wettstein u.a.
  • Spieldauer: 170 Minuten (inkl. Pause von 20 Minuten)
  • Legitickets: CHF 20 (Montag-Mittwoch); sonst von CHF 39 bis CHF 139
  • Homepage: http://www.elisabeth-musical.ch/
  • "Elisabeth" auf YouTube
Kommentare
Login oder Registrieren