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11. September 2007, 00:00 Kultur

Berlinde De Bruyckere, Jenny Saville, Dan Flavin

Sonja Gasser - Ergänzend zur parallel laufenden Ausstellung Bacon & Picasso zeigt das Kunstmuseum Luzern vom 08.09.–25.11.2007 die Positionen junger Künstlerinnen im Umgang mit dem Körper. Berlinde De Bruyckere, Raumaufnahme Kunstmuseum Luzern, 2007.Eigenartig mutet die Installation der b...

Ergänzend zur parallel laufenden Ausstellung Bacon & Picasso zeigt das Kunstmuseum Luzern vom 08.09.–25.11.2007 die Positionen junger Künstlerinnen im Umgang mit dem Körper.

Berlinde De Bruyckere, Raumaufnahme Kunstmuseum Luzern, 2007.

Eigenartig mutet die Installation der belgischen Künstlerin Berlinde de Bruyckere an. Alte Vitrinen dominieren den Raum. Zur Schau gestellt werden nicht kostbare Objekte aus längst vergangenen Zeiten, sondern abgeformte Baumstämme aus Wachs. Der Blick auf die Stämme erinnert an einen Waldspaziergang. Der nach oben schweifende Blick fällt nicht auf üppige Baumkronen, sondern wird von der Vitrinendecke abrupt abgebremst. Ebenso wenig führt der hinab gleitende Blick zu den Wurzeln. Dort, wo die Wurzelstöcke vermutet werden, befinden sich lediglich gestapelte Wolldecken.

Ausgestellt in Vitrinen werden die Stämme zum kostbaren Gegenstand, ausserhalb des Kontexts der Natur jedoch zum leblosen Ausstellungsobjekt. Dennoch haftet der Installation nichts Starres an. Aus der Distanz betrachtet, scheinen die Stämme zu schweben, weil jegliche Verbindung zum Boden fehlt. Aufgrund der Alltagserfahrung werden mit den Stämmen ganze Bäume assoziiert. So nimmt der Baum als Symbol im Werk Bedeutung an und die Decken scheinen die unten vermuteten Wurzeln zu schützen. Zur Lebendigkeit der Installation tragen auch die geöffneten Vitrinentüren bei, wodurch eine Nähe zwischen den Ausstellungsobjekten und dem Besucher hergestellt wird.

Dass an den Stämmen nichts Totes, sondern Lebendiges ist, kann auch anhand der Entwicklung von Berlinde De Bruyckeres Werk gezeigt werden. Das Abformen von Holz ist eine Weiterentwicklung ihrer Menschen- und Pferdetorsi. Die stets kopflosen, verformten Körper übertragen auch ohne den Gesichtsausdruck unmittelbar den Schmerz und die Ängste, die das Leben mit sich bringt. In mehreren dünnen Wachsschichten werden die Körperhüllen aufgebaut, wodurch interessante Oberflächenwirkungen entstehen.

Berlinde De Bruyckere, Robin V., 2006–2007, Wachs, Epoxydharz, Glas, Holz, 112 × 76.5 × 235.5 cm.

Robin V., ein an Holbeins Gemälde des toten Christus im Grabe erinnerndes Werk, vereint Körper und Holz. Der fahle Körper, zusammengesetzt aus Körperteilen verschiedener Menschen, wird am Kopfende von Ästen bedeckt. Das Holz ist hier einerseits Symbol für das Leben, andererseits erinnern die rindenlosen Enden an Knochen. Auch der Leichnam steht als eingesargter Körper sowohl für den Tod wie auch für gewesenes Leben.

Dan Flavin, The Nominal Three (to William of Ockham), 1963, 6 kalt-weisse Leuchtstoffröhren, Höhe je 183 cm.

Von Lebendigkeit ist in Dan Flavins statischer, rational aufgebauter Lichtskulptur The Nominal Three nichts zu spüren. Das aus sechs Neonröhren bestehende Werk soll in seiner minimalistischen Art nichts weiter darstellen als das Licht selbst. Die Lichtskulptur ist deshalb von jeglicher Körperlichkeit gelöst.

Jenny Saville, Atonement Studies, rechte Tafel, 2005–2006, Öl auf Papier, 250 × 330 cm.

Den Menschen völlig in den Mittelpunkt stellt Jenny Saville. Zentral in der Ausstellung ist ihre Studie eines Triptychons für eine Kirche. Die Mitteltafel zeigt das Porträt einer Frau, die ekstatisch ihren Kopf zur Seite geworfen hat. Die Frau mit den blinden Augen ist Berninis (Barockbildhauer) berühmten Darstellung der Hl. Theresa nachempfunden. Auf den beiden Seitentafeln sind eine nackte Frau und ein nackter Mann im Spitalbett liegend dargestellt. Beide haben sich ihrem Schicksal ergeben. Der Mann ist mit etlichen Schläuchen versehen, die ihn am Leben halten. Ausgangspunkt für dieses Bild war der von Pfeilen durchbohrte Hl. Sebastian. Wie der Heilige ist der Mann mit sichtbaren Wundmalen vor dem Publikum blossgestellt. Die christliche Thematik der Busse und Sühne, wofür englisch Atonement steht, wurde in einer zeitgemässen Form umgesetzt.

Die fehlenden Köpfe, die jegliche persönliche Identitätsbildung verhindern, machen Bruyckeres Gestalten allgemeingültig. Auch Saville, die Gesichter zeigt, beabsichtigt nicht eine Person zu porträtieren, sondern macht eine allgemeingültige Aussage über das mit Fassung getragene Leiden. Beide Künstlerinnen nehmen, was die Atonement Studies und Robin V. betrifft, Referenz auf die Kunstgeschichte. Flavins Werk kommt in der Ausstellung die Aufgabe zu, die beiden unterschiedlichen Werke der Künstlerinnen voneinander abzugrenzen und gleichzeitig einen Übergang zu schaffen.

Speziell für Studierende:

Studentenfutter: Di. 6. November 2007, Do. 15. November 2007, Mi. 21. November 2007, jeweils von 17.30 bis 18.30 Uhr, zu den Ausstellungen 'Vis-à-vis. Bacon & Picasso' und 'Berlinde de Bruyckere/Jenny Saville/Dan Flavin', Beginn im Foyer des Kunstmuseum (KKL Luzern, Lift 4. Stock), Führung und Eintritt gratis

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Quelle: Kunstmuseum Luzern
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