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19. September 2007, 00:00 Movie

Breach

Christina Ruloff - Charakterstudie eines Verräters: Chris Cooper gibt Einblick in den Charakter von Robert Hanssen, dem grössten Landesverräter der USA: Beeindruckend, mitreissend und vor allem menschlich: Ein grosser Film und Oscar-Anwärter. Der Musterehemann und Superkatholik Robert Hanssen (...

Charakterstudie eines Verräters: Chris Cooper gibt Einblick in den Charakter von Robert Hanssen, dem grössten Landesverräter der USA: Beeindruckend, mitreissend und vor allem menschlich: Ein grosser Film und Oscar-Anwärter.

Der Musterehemann und Superkatholik Robert Hanssen (Chris Cooper). Spielt er auch hier nur eine Rolle?

Im Februar 2001 wurde Robert Hanssen, renommierter FBI Agent und Ostblockexperte, wegen Hochverrats angeklagt und zu lebenslanger Haft verurteilt. Hanssen hatte seit 1985 gezielt Doppelagenten verraten, wichtigste Militärgeheimnisse an die Sowjetunion und später an Russland weitergeben und somit nicht nur die jahrzehntelange Arbeit von Abertausenden Beamten vernichtet, sondern vor allem die Sicherheit des Landes gefährdet. Der entstandene Schaden geht in die Milliarden, von dem verlorenen Vertrauen und Prestige ganz zu schweigen.

Breach erzählt weniger das Leben von Hanssen, als dass er die letzten beiden Monate vor dessen Verhaftung nachzeichnet und so eine spannende Charakterstudie schafft. In dieser Zeit wurde Hanssen nämlich Eric O’Neill als Mädchen für alles im Vorzimmer zur Seite gestellt. Dieser sollte Hanssen – angeblich wegen Pornographie im Internet – ausspionieren. Des ehrgeizigen Lehrlings Traum von der grossen Agentenkarriere wurde für den jungen Ehemann zur bitteren Enttäuschung und zum Alptraum: Der Lehrmeister Hanssen erwies sich als hochintelligenter, gestörter und zunehmend paranoider Mensch, der einerseits O’Neill mutwillig demütigte, andererseits den jungen Mann unter seine Fittiche nahm und ihm die fehlende Bestätigung gab. Gemeinsame Kirchenbesuche und Familienfeste wurden zur Regel und der von seinen Vorgesetzten gemobbte Hanssen mit seiner einnehmenden Persönlichkeit zu einer Art Vorbild für O’Neill, bis dieser die Wahrheit erfuhr und sich seinem Auftrag nicht mehr gewachsen fühlte.

beeindruckt ins seiner Traumrolle.

Robert Hanssen ist für den grossartigen Chris Cooper eine Traumrolle, in der der Charakterdarsteller (American Beauty, Lone Star) sein ganzes beängstigendes Können beweisen kann. Und er erreicht, dass wir Hanssen nicht als Monster oder Psychopathen, sondern in erster Linie als Menschen und gefährlichen Verbrecher wahrnehmen; als einen Menschen, der überall eine Rolle spielt und dessen Identität sich aufgelöst hat: Zu Hause mimt er überzeugend den zärtlichen Ehemann und liebevollen Grossvater, im Opus Dei den strenggläubigen Superkatholiken, im Büro das verkannte Genie... doch wer ist Robert Hanssen?

Robert Hanssen, gewinnt man den Eindruck, ist ein durchschnittlicher Typ, hochintelligent, ein bisschen raffiniert, amerikanisch konservativ und daher verklemmt; Robert Hanssen hat 25 Jahre lang für sein Land „gedient“, gelogen und spioniert. Und er endet in einem Büro ohne Fenster, sein Name auf einem anonymen Schild in einem nicht enden wollenden, klinisch weissen Gang (herausragend eingefangen von Tak Fujimotos Kameraarbeit). Robert Hanssen hat keinen persönlichen Parkplatz und er ist verbittert darüber, was für eine unbedeutende Nummer er für das „Bureau“ ist, wie wenig er anerkannt und gewürdigt wird. Robert Hanssen steckt voller Ressentiments und der Verrat ist vielleicht seine Rache.

verzweifelt an seiner Aufgabe. Ist er Hanssen und der Agentenrolle gewachsen?

Seine Verhaftung kommentiert er lakonisch mit einem charakteristischen „Maybe now you listen“. Und Eric O’Neill (toll gespielt vom verzweifelten Ryan Phillippe) hat genug vom Agentenleben gesehen, sodass er sich zurückzieht. Er hat begonnen, selbst nur noch zu lügen und Rollen zu spielen, seine Ehe hat stark gelitten. Seine Chefin (tough: Laura Linney) tröstet ihn zwar, dass sich die meisten Ehefrauen in Kürze an ihre Agentenmänner gewöhnten; doch O’Neill will nicht, dass sich seine Frau an den Agenten O’Neill gewöhnt und den Menschen verliert; er fürchtet ganz offenbar zu einer Art Robert Hanssen zu werden.

Bewertung: 5 von 5

gibt Tipps fürs Leben.

Originaltitel: Breach

Land: USA

Genre: Thriller

Dauer: 110 Minuten

Regie: Billy Ray

Darsteller: Chris Cooper, Ryan Phillippe, Laura Linney, Caroline Dhavernas, Kathleen Quinlan

Verleih: Rialto

Kinostart: 20.9.2007

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