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5. November 2008, 15:41 Movie

DVD der Woche: Der Major und das Mädchen

Christina Ruloff - Wie posiere ich als Zwölfjährige? Billy Wilders (Das Appartement, Sabrina) erste Regiearbeit aus dem Jahre 1942, eine nette, zu Beginn sogar dreiste Verwechslungskomödie, die schon auf grossen, in den späteren Arbeiten ausgeprägten Stärken – Situationskomik, Sprachwitz, V...

Wie posiere ich als Zwölfjährige? Billy Wilders (Das Appartement, Sabrina) erste Regiearbeit aus dem Jahre 1942, eine nette, zu Beginn sogar dreiste Verwechslungskomödie, die schon auf grossen, in den späteren Arbeiten ausgeprägten Stärken – Situationskomik, Sprachwitz, Vielschichtigkeit und Spiel mit der gesellschaftlichen Doppelmoral – hinweist.. Der Major und das Mädchen ist im Zuge der Veröffentlichung des Gesamtwerkes des Starregisseurs endlich auf DVD erschienen!

Susan Applegate hat die Nase gestrichen voll von New York und all den schäbigen und schmierigen Männern, die sie magnetisch anzieht: Vom Liftboy, der ihr nachpfeift, bis zum Kunden, der ihr nachstellt - alle sind sie ekelhaft. Daher will Susan zurück in ihr Heimatkaff in Iowa. Dumm nur, dass die Bahn wie so oft die Preise erhöht hat und sich Susan nur eine Kinderfahrkarte leisten kann! Gesagt, getan, im Nu posiert sie mit Ballon und Unschuldsmiene als kleine Sue-Sue, die ihre Oma besuchen will und noch nie allein Zug gefahren ist. Die Schaffner misstrauen dem ausser Proportionen geratenen Rotzbalg jedoch und erwischen sie prompt beim Rauchen. Sue-Sue türmt und flieht in das Abteil von Major Kirby, der, kurzsichtig wie ein Huhn und naiv wie eine Zwölfjährige, die junge Frau tatsächlich für ein Kind hält und sich rührend väterlich um sie kümmert. Inzwischen hat jedoch Kirbys Verlobte den Zug bestiegen und dies hat unerfreuliche Folgen. Kirby muss Sue-Sue nun auf die Militärakademie mitnehmen, um zu beweisen, dass er kein Widerling ist – und die arme Susan muss glaubwürdig als Kind posieren, wo sie sich doch inzwischen selbst in den Major verliebt hat...

Alle Kadetten stehen auf Susan, aber leider sind sie erst 14 und nerven gewaltig.

Vor allem die erste Hälfte, in der sich die patente Susan in ein Mädchen verwandeln und allerlei fürsorgliche Zärtlichkeiten vom „Onkel“ gefallen lassen muss, ist amüsant, doppelzüngig und komisch. Als Susan sich auf der Militärakademie mit verschiedenen pseudo-erwachsenen Kadetten herumschlagen muss, die sich als grosse Liebhaber inszenieren und ihren Schulstoff auf Dates dozieren, verliert der Film zunehmend an Elan. Das liegt zum einen daran, dass Wilder und sein Autorenkollege Charles Brackett keinen Hang zum Harmlosen, Romantischen oder gar Märchenhaften haben, sondern viel lieber enttarnen, blossstellen oder lächerlich machen. Zum anderen stammt der Film aus dem Jahre 1941 und alles auch nur im Geringsten Anrüchige oder Lolitahafte musste vermieden werden, wollte Wilder doch Erfolg haben und weiter Filme drehen. Die Liebesbeziehung zwischen der wenig kindhaften, aber charmanten Ginger Rogers und Ray Milland bleibt entsprechend unplausibel und schemenhaft – grosse Szenen oder Witze fehlen. Das ändert jedoch nichts daran, dass Der Mayor und das Mädchen eine nette, zuweilen dreiste, aber meist harmlose Komödie ist, die ab und dann das Wildersche Genie schon aufblitzen lässt.

Der Major ist ziemlich kurzsichtig - so dass er die geliebte Zwölfjährige hier sogar für ihre Oma hält.

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