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3. Februar 2009, 10:36 Kultur

Junger Mann aus reichem Haus

Christina Ruloff - Die wahrhaft reichen Leute „das sind keine Menschen wie Sie oder ich. Sie besitzen und geniessen früh, und das verändert sie. (...) Sie sind eben anders.“ Dieser Ansicht war zumindest F. Scott Fitzgerald; und drei seiner Erzählungen (es sind John Updikes liebste Stories), ...

Die wahrhaft reichen Leute „das sind keine Menschen wie Sie oder ich. Sie besitzen und geniessen früh, und das verändert sie. (...) Sie sind eben anders.“

Dieser Ansicht war zumindest F. Scott Fitzgerald; und drei seiner Erzählungen (es sind John Updikes liebste Stories), die sich mit reichen Leuten und ihrem Verhalten auseinandersetzen, hat der Diogenes Verlag unter dem Titel „Junger Mann aus reichem Haus“ neu herausgebracht. Und ob man nun mit Fitzgerald einig ist oder nicht (die Rezensentin hält sich hier zu Erich Kästner, der im Geld eher eine Entschuldigung oder Rechtfertigung für das absonderliche oder schlechte Benehmen reicher Leute sah, als die Ursache) sind seine Kurzgeschichten sehr empfehlenswert: Sie lassen einen in eine andere, längst untergegangene Welt eintauchen – und zwar ohne den Blick auf das Wesentliche, den Gegenstand (hier die reichen Leute) zu verlieren oder gar zu romantisieren. Und sie sind – das ist eine Allerweltsweisheit – hervorragend geschrieben. Mit wenigen Strichen wird das Wesen (nicht das äussere, das natürlich auch) einer Sache beschrieben: Anson, der „Junge Mann aus reichem Haus“, wird als jemand geschildert, der alles seinem Überlegenheitsgefühl unterwirft; ständig braucht er Zuspruch, Liebe, Verehrung. Die Unfähigkeit, einmal eine andere Position einzunehmen, hindert ihn daran irgendeiner Frau einen Heiratantrag zu machen. So zehrt er von zwei tragischen Liebesgeschichten (zwei Frauen, die ihm den Laufpass gegeben haben und die Frechheit hatten, über ihn hinwegzukommen), die ihn von der Notwendigkeit befreien, sich irgendwo zu engagieren.

Fitzgerald beschreibt Anson (die Figur ist das Porträt eines guten Freundes) ohne Häme oder gar Moralisierung. Er schaut die reichen Menschen an und zeigt, wie sie sind: Die meisten schwach oder selbstverliebt, der eigenen Vergangenheit nachtrauernd. Andere – wie Hamilton Rutherford in der Geschichte „Die Hochzeitsparty“ – kann nichts umwerfen. Sie feiern auch am Tag ihres Bankrotts opulent und sorglos Hochzeit im beruhigenden, ja triumphierenden Wissen, in einem Jahr wieder zu den Millionären zu gehören. Über Frauen ist Fitzgeralds Urteil stets weniger gnädig und teilnahmsvoll ausgefallen; aber das ist ein anderes, wenn auch mindestens so bekanntes Kapitel.

Alle Bildrechte liegen bei Diogenes

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