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9. Februar 2009, 12:51 Kolumnen

Simon im Brocki - Nippes

Simon Knopf - Erst kürzlich dachte ich bei mir: was würden Brocki-Liebhaber und Leute mit kleinem Budget wohl tun, wenn wir all unser überflüssiges Zeug wie die Amerikaner in Self-Storages bunkern würden anstatt es in Brockenhäuser zu geben? Und just am selben Tag fand ich tatsächlich e...

Erst kürzlich dachte ich bei mir: was würden Brocki-Liebhaber und Leute mit kleinem Budget wohl tun, wenn wir all unser überflüssiges Zeug wie die Amerikaner in Self-Storages bunkern würden anstatt es in Brockenhäuser zu geben?

Und just am selben Tag fand ich tatsächlich eine Broschüre im Briefkasten, welche für ein neues Self-Storage in Zürich warb. Als ich die Mietpreise und Storage-Grössen überflog, kam mir der Comedian George Carlin in den Sinn. In seiner Stand-Up Routine „Stuff“ machte er sich einst darüber lustig, dass wir Menschen unser Leben lang irgendwelchen Kram kaufen, nur um unser Haus damit vollzustopfen.

Den Rest vom Tag machte ich mir also einige Gedanken darüber, was für Scheiss wir uns tatsächlich so zusammenramschen und auf welchen Müll man gut und gerne verzichten könnte. Irgendwann kam mir unausweichlich folgende Idee:

Ich würde meine nächste Brocki-Tour der Suche nach möglichst unmöglichem Zeugs widmen.

Einige Tage später stand ich dann im Arche-Brocki an der Hohlstrasse, die Sinne geschärft und den Blick fokusiert auf möglichst Hässliches, Unnützes und Gänsehaut erzeugend Schlechtes. Wirklich lange und angestrengt musste ich dann aber nicht suchen. Im zweiten Regal fand ich diese unmöglichen Salzstreuer in Form von pinken, grinsenden und sich räkelnden Nilpferden. Einige Meter weiter streifte ich etwas, was sich als meterhoher, verschlungener Kerzenständer im Pseudo-Keltendesign herausstellte.

Von da an war mein Gang durch das Brockenhaus ein Fear-and-Loathing-Trip des schlechten Geschmackes. Ich irrte von kitschigen Unterwasserlandschaften mit Delphinen über Fischer-Gesichter aus Gips für die Wand zu herzförmigen Plastiklampen und Nippes in jeder nur denkbaren, verabscheuungswürdigen Form.

Irgendwann fand ich mich wieder vor dem Brocki. Vor Augen die Erkenntnis, dass die Menschheit zu 80 % einen miserablen Geschmack hat, und in der Hand eine „von Burri mundgeblasene“ Elefanten-Maus-Birne… oder war es ein Birnen-Mäusefant? Ich hatte ein Nippe gekauft! Und das Ding war mit Abstand das Dämlichste, was mir jemals unter die Augen gekommen war.

Nun, da der Selbstversuch schon einmal begonnen hatte, konnte ich genauso gut weitermachen. Zuhause stellte ich die „Belefaus“ also auf mein Bücherregal. Den trötenden Glasrüssel mit Nagezähnen Richtung Schreibtisch gerichtet. Nach fünf Minuten vor dem Computer war das Unbehagen über dieses Staub fangende Etwas in meinem Zimmer so gross, dass ich den gläsernen Kitsch wieder vom Regal entfernte. Das Unding schlummert jetzt in meiner Pultschublade, in Mitten von alten Pressepässen, Münzen aus verschiedenen Ländern und einem Pin in Form eines Renault-Lastwagens, den ich als Kind auf dem Flohmarkt in Nimes gekauft habe.

Wie sagt George Carlin so schön: "Have you noticed that their stuff is shit and your shit is stuff?"

Bisher in dieser Kolumne erschienen:

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Kommentare
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dollarhyde 14.02.2009 um 13:40
Das Ding ist wirklich von ausnehmender Hässlichkeit.
Ach ja, George Carlin, ein grossartiger Komiker. Schade, dass er schon tot ist.