Magazin durchsuchen

Neuste Blogs

19. Februar 2009, 09:39 Movie

Milk

Sebastian Mayr - "Für den Fall meiner Ermordung" setzt ein älterer schmaler Mann mit sanfter Stimme an und hält dabei ein Tonbandaufnahmegerät in der Hand. Es ist abends, das Licht über dem Tisch an dem er sitzt düster und das Haus still. Dies ist das Bild, das Regisseur Gus Van Sant (Good ...

"Für den Fall meiner Ermordung" setzt ein älterer schmaler Mann mit sanfter Stimme an und hält dabei ein Tonbandaufnahmegerät in der Hand. Es ist abends, das Licht über dem Tisch an dem er sitzt düster und das Haus still.

Dies ist das Bild, das Regisseur Gus Van Sant (Good Will Hunting) zu Beginn seines neusten Werks zeichnet. Bei dem Mann am Tisch handelt es sich um Harvey Milk (Sean Penn), Schwulen-Aktivist und Lokalpolitiker der 70er Jahre in San Francisco. Bereits aus der Anfangsszene ist zu erahnen, welches Schicksal ihm zuteil werden wird. Was folgt ist eine Rückblende, in der Harvey in einer Art Vermächtnis nochmals die Anfänge sowie Hoch- und Tiefpunkte seiner eindrucksvollen politischen Karriere Revue passieren lässt.

"My name is Harvey Milk, and I am here to recruit you!"

Harvey Milks Geschichte beginnt damit, dass er seinen langjährigen Partner Scott Smith (James Franco) irgendwo auf den Strassen New Yorks kennenlernt. In einem Arbeiterviertel San Franciscos richten sich die beiden 1972 ein Fotogeschäft ein, das vor allem wegen des Temperaments und Charmes der Beiden alsbald zu einem kleinen Mekka der Schwulenszene avanciert. Von einigen Ressentiments der Bevölkerung, der Nachbarn und der Polizei angestachelt, kommt Harvey die Idee, politisch aktiv zu werden. Mit Hilfe seines Partners, seiner Freunde und Anhänger bewirbt er sich mehrmals um einen Sitz im Stadtrat. Was ihm zweimal misslingt und schliesslich sogar zum Bruch der Beziehung mit Scott führt, gelingt beim dritten Mal im Jahr 1977. Sein Wahlgewinn gleicht einem Triumph der Schwulenbewegung und einem Sieg der Menschenrechte. Dennoch lässt die Ernüchterung nicht lange auf sich warten. Durch taktisch motiviertes Fehlverhalten schafft Harvey sich auch Feinde, deren Signale und Persönlichkeiten er falsch einschätzt; allen voran Harveys Stadtratkollege Dan White (Josh Brolin), der sich schnell zu seinem stärksten Gegenspieler entwickelt.

Kampf gegen die Engstirnigkeit: Milks Anhänger auf der Strasse

Auch wenn das Schicksal Harvey Milks schon zu Beginn des Films verraten wird, entpuppt sich der Streifen dennoch als (mindestens) interessante politische Biographie einer beeindruckenden und sympatischen Persönlichkeit. Zugleich lässt er die Emotionen der 70er Jahre wieder aufleben, die Aufbruchstimmung, der kollektive Kampf für hohe Ideale wie Freiheit und Gleichheit und Aufopferungsbereitschaft für andere. Letzteres ging so weit, dass Harvey in seinem Vermächtnis vorausahnend schreibt: „Sollte je eine Kugel in mein Gehirn eindringen, so soll diese Kugel alle verschlossenen Türen aufsprengen.“ Heute hat Harvey Milk politisch weitestgehend erreicht, wofür er damals hart kämpfen musste und der Film zollt ihm posthume Anerkennung. Gleichzeitig macht er allerdings auch auf Harveys Fehler aufmerksam, indem er zeigt, wie Harvey bewusst Täuschung und Demütigung von politisch Verbündeten anwendete, um seine politischen Interessen durchzusetzen. Die Folgen waren für ihn verheerend und sollten Lehre für alle sein und zwar nicht minder wie die Niederlagen derer, die die Diskriminierung Homosexueller für gut hielten oder gar als Gottes Gesetz anprangerten.

Harvey Milk nach seinem Triumph: Aloha Kranz und gereckte Faust

Drehbuchautor Dustin Lance Black und der sehr präzisen und überzeugenden Schauspielkunst Sean Penns ist es zu verdanken, dass die interessante Biografie Harvey Milks schlussendlich auch insgesamt relativ dramatisch und authentisch umgesetzt wurde. Sean Penn gelingt es in dem Film vor allem Harveys Charme und Sanftmütigkeit, mit denen er die Massen scheinbar anzuziehen vermochte, zu imitieren. Und mit (sexy) Emile Hirsch als Harveys Berater steht hier ein Paar vor der Kamera, das bereits in Into the Wild erfolgreich zusammengearbeitet hat und dem man deshalb gerne zusieht.

Obgleich das Ende bereits anfangs vorweggenommen wird und der Film dadurch an Spannung einbüsst, so ist er dennoch sehr sehenswert. Bemerkenswert sind auch seine 8 Oscar Nominierungen, unter anderem für 'Bester Film' und 'Bester Hauptdarsteller'. Man darf also zumindest diesbezüglich gespannt sein.

4 von 5 Punkten

  • Genre: Biografie, Drama
  • Drehort: U.S.A. 2008
  • Regie: Gus Van Sant
  • Drehbuch: Dustin Lance Black
  • Schauspieler: Sean Penn, Emile Hirsch, Josh Brolin, Diego Luna u.a.
  • Laufzeit: 128 Min.
  • Kinostart: 19.02.2009
  • Verleih: Ascot Elite
  • Homepage: http://www.milkthemovie.com
  • Trailer:
Kommentare
Login oder Registrieren