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4. April 2009, 02:00 Kultur

Anna Karenina @ Neumarkt

Robert Salzer - Lew Tolstois Klassiker im Theater Neumarkt. Barbara Weber inszeniert stückgetreu, aber reich an vielen kleinen Ideen, welche den alten Stoff neubeleben.Fast 1’000 Seiten dick ist der Roman des Russen Tolstoi, der 1878 veröffentlicht wurde. Inhalt sind Liebesgeschichten der ru...

Lew Tolstois Klassiker im Theater Neumarkt. Barbara Weber inszeniert stückgetreu, aber reich an vielen kleinen Ideen, welche den alten Stoff neubeleben.

Fast 1’000 Seiten dick ist der Roman des Russen Tolstoi, der 1878 veröffentlicht wurde. Inhalt sind Liebesgeschichten der russischen Gesellschaft zur damaligen Zeit. Anhand dreier adligen Familien erklärt Tolstoi Irrungen und Wirrungen der Liebe. Der Roman ist zu umfangreich, um hier eine standesgemässe Zusammenfassung zu verfassen. Im Zentrum steht aber sicher die Geschichte von Anna Karenina, die sich sich, obwohl verheiratet, mit dem Offizier Wronskij auf eine Affäre einlässt. Aus Liebelei wird schliesslich echte Liebe und Anna muss sich zwischen Zweckehe mit ihrem Mann Karenin und einem Leben mit Wronskij entscheiden.

Wer bereits ein Stück von Barbara Weber gesehen hat, hätte gedacht, dass sie sich nicht gross um den Inhalt des Romans kümmert, sondern diesen in ein Thema verpackt, welches sie dann geschickt durch die künstlerische Mangel nimmt, wie beispielsweise bei „King Lear“ von Shakespeare das Thema der Familie. Dies tut sie hier nur bedingt, hält sie sich doch konsequent an die Storyline des dicken Romans. Wer die Inszenierung gesehen hat, weiss nachher zumindest ansatzweise, worum sich Tolstois Werk handelt. Weber verzichtet aber nicht darauf, den Text zu verulken, der nur so geschmückt ist mit unaussprechlichen und nicht schreibbaren Namen wie Schtscherbazkaja, Arkadjewitsch Oblonskij oder Dmitrij Konstantinowitsch. Die Co-Leiterin des Theater Neumarkts aktiviert den Spielwitz des Ensembles und baut immer wieder kleine Regieideen ein, die den Zuschauer zum Schmunzeln und hin und wieder auch zum Lachen bringen. Ein Beispiel: Immer wieder versammelt sich bei Tolstoi die „Elite“, sei es diejenige aus St.Petersburg, die Moskauer oder die Italienische. Jedesmal wenn das Wort fällt, strecken in der Inszenierung die beteiligten Personen auf, um anzuzeigen, dass sie zur Elite gehören. Eine kleine Regieidee, die aber Wirkung zeigt. Die Schlittschuhszene ist ein weiteres Beispiel: Ein richtiges Eisfeld kann es im Theater nicht geben, also mimen die Schauspieler gekonnt, dass sie sich auf einem solchen bewegen.

Etwas Sitzfleisch braucht es im Theater Neumarkt, dauert die Aufführung doch ganze drei Stunden. Diese sind aber gut investiert. Es sind die kleinen Details, welche den besonderen Reiz dieses Theaterabends ausmachen, der empfehlenswert ist für alle, die sich den dicken Roman auf eine unterhaltsame und witzige Art zu Gemüte führen wollen.

  • „Anna Karenina“ von Lew Tolstoi
  • Regie: Barbara Weber
  • Ort: Theater Neumarkt
  • Premiere: 26. März
  • weitere Vorstellungen: 3./7./8./9./15.April; 7./8./9./10./13./14./15./16. Mai
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