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5. Mai 2009, 22:08 Movie

Cliente ...wenn Frauen wollen

Sonja Stucki - Judith (Nathalie Baye) ist gut aussehend, beliebt und erfolgreich. Als Aushängeschild einer Teleshopping-Sendung steht sie mit beiden Beinen fest im Leben. Lediglich in einem Bereich könnte es besser laufen: mit den Männern. Judith ist geschieden, alleinstehend und die Tatasac...

Judith (Nathalie Baye) ist gut aussehend, beliebt und erfolgreich. Als Aushängeschild einer Teleshopping-Sendung steht sie mit beiden Beinen fest im Leben. Lediglich in einem Bereich könnte es besser laufen: mit den Männern. Judith ist geschieden, alleinstehend und die Tatasache, dass sie bereits ihre Fünfziger erreicht hat, macht die Angelegenheit nicht gerade einfacher. Die Schnauze gestrichen voll von den Männern beschliesst sie desillusioniert auf andere Weise auf ihre Kosten zu kommen und nimmt das Angebot eines Eskort-Dienstes in Anspruch. Als sie hierbei an den gut aussehenden und charmanten Patrick (Eric Caravaca) gerät, steht für Judith fest; wieso sich mit den Männern abmühen, wenn man auf einfachere Weise auf seine Kosten kommen kann? Doch auch Patrick, der in Wirklichkeit Marco heisst, erweist sich nicht als einfach… Neben seiner Arbeit im Eskort-Dienst hat dieser nämlich noch ein anderes, ein richtiges Leben. Dessen wird sich Judith spätestens bewusst, als Marco ihr offenbart, dass er sie aufgrund privater Umstände nicht mehr treffen kann. Zunehmends wird Judith in Marcos Privatleben hineingezogen und die Grenze zwischen privat und geschäftlich scheint sich immer mehr zu vermischen.

Lange wartete die Regisseurin Josiane Balasko auf die Möglichkeit ihr Drehbuch Cliente zu verfilmen. Die reihenweise erhaltenen Absagen zielten alle in die gleiche Richtung; das Thema sei zu delikat und der Film stelle somit ein ökonomisches Risiko dar. Mit der Themenwahl einer wohlhabenden, ausgeglichenen Frau in ihren Fünfzigern, die jüngere Männer für Sex bezahlt, hat die Regisseurin sich auf ein heikles Terrain gewagt, das selbst in unserer westlichen Welt (noch) eine Art Tabuthema darstellt. Die Idee dazu kam Josiane Balasko aufgrund ihres eigenen Umfeldes; vergleichbar mit der Situation der Protagonistin hatte sie einige Kolleginnen, die sich in ihren Fünfzigern befanden und alleinstehend waren. Entweder hatten sie nie den richtigen Mann kennengelernt und eine feste Beziehung aufbauen können, oder sie waren geschieden. Balasko erkannte, dass sich in unserer heutigen Gesellschaft viele Paare in bereits fortgeschrittenem Alter trennen. Während Männer neu anfangen können und meist wieder Kinder haben, finden sich die Frauen in einer weniger angenehmen Situation wieder. Wird es ihnen gelingen eine neue, kinderlose Beziehung aufzubauen? Und was wenn nicht? Obwohl sich laut Josiane Balasko in den letzten Jahren in diesem Bereich einiges getan hat, ist diese Situation für viele Frauen schmerzlich. Die Regisseurin machte sich also daran, diese Gegebenheit mal aus femininer Perspektive aufzuzeigen.

Auf sehr sensible Weise zeigt Josiane Balasko auf, wie das Leben und die Liebe einander gegenseitig beeinflussen können. Marco und seine Geliebte Fanny (Isabelle Carré) stammen direkt aus dem Arbeitermilieu; sie Friseuse, er tagsüber Maler. Das liebe Geld mangelt an jeder Ecke, was die beiden zwingt zu fünft mit anderen Familienmitgliedern in einer winzigen Wohnung zu hausen. Judith und ihre Schwester hingegen entstammen dem bürgerlichen Milieu, bewohnen grossräumige Wohnungen und haben angesehene Jobs. Trotz diesem Aufeinanderprallen unterschiedlicher Milieus haben vor allem die weiblichen Darstellerinnen des Films eines gemeinsam; sie demonstrieren dem Zuschauer auf eindrückliche Weise die Einsamkeit, in welcher sich alleinstehende Frauen aller Altersklassen wiederfinden können. Doch auch Marco ist einsam. Für wen soll er sich entscheiden; die ältere Frau, die ihm eine rosige Zukunft verspricht, oder seine langjährige Geliebte, mit welcher er sich seine Zukunft erkämpfen muss? Marcos Entscheid spiegelt sein Vertrauen in die Liebe wieder und auch Judiths Schwester wird schliesslich dafür belohnt, dass sie ihre Hoffnung auf die wahre Liebe nie aufgegeben hat. Wird Judith auch noch zu einem Happy-End finden? Oder bleibt die grosse Liebe einigen Menschen versperrt? Ist Judiths Resignation berechtigt, oder verbaut sie sich somit nicht auch ein Stück weit ihr eigenes Glück?

Mit grossem Einfühlvermögen führt Cliente uns das Thema Liebe und die vielen damit verbundenen Probleme vor Augen. Trotz einer teilweise bedrückenden Ehrlichkeit und der damit verbundenen Desillusionierung wird die Hoffnung jedoch nie zunichte gemacht. Die französischen Hip Hop-Fetzen, die immer wieder zwischen einzelnen Szenen eingespielt werden, unterstreichen die teilweise harsche Realität mit welcher die Protagonisten sich konfrontiert sehen, passend. Das offene Ende lässt dem Zuschauer genügend Raum für eine eigene Interpretation. Cliente ist alles in allem ein überaus mutiger, aber auch sehr einfühlsamer Film und gerade diese Kombination macht ihn sehenswert.


Bewertung: 4 von 5


  • Land: Frankreich
  • Dauer: 105 Min.
  • Regie: Josiane Balasko
  • Darsteller: Nathalie Baye, Eric Caravaca, Isabelle Carré, Josiane Balasko u.a.
  • Kinostart: 7. Mai 2009
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