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1. Juli 2009, 21:28 Festivals

Review: OpenAir St.Gallen

Daniel Gremli - "In Hamburg fährt man nicht am Wochenende irgendwohin zum Zelten, Saufen und sich im Schlamm suhlen", erzählte Jan Delay im Interview mit Students.ch. In den deutschen Grossstädten sei man halt ein Bisschen verwöhnt, da kämen die grossen Bands sowieso hin. In St.Gallen ist ...

"In Hamburg fährt man nicht am Wochenende irgendwohin zum Zelten, Saufen und sich im Schlamm suhlen", erzählte Jan Delay im Interview mit Students.ch. In den deutschen Grossstädten sei man halt ein Bisschen verwöhnt, da kämen die grossen Bands sowieso hin. In St.Gallen ist das etwas anders: Hier im Olma-Land ist das Festival im Sittertobel ein riesiges Happening, für viele sogar die schönsten drei Tage im Jahr. Gezeltet und gesoffen wird hier jedes Jahr – und dieses Jahr wurde es auch seit langem wieder mal richtig schlammig. Trotzdem: Die 33. Ausgabe des OpenAir St.Gallen war ausverkauft.

Irgendwann am späten Freitagabend, die Flaming Lips standen gerade auf der Bühne, begann es zu regnen. Am Samstag Morgen dann Schlamm, soweit das Auge reichte. Betrunkene, die auf der glitschigen Masse das Gleichgewicht zu halten versuchten und die Schlammschlachten, für die das Festival im Sittertobel mal bekannt war – bevor ihm den letzten Jahren der Ruf des Schlamm-Festivals etwas abhanden gekommen ist. Dafür ist das OpenAir St.Gallen heute bekannt als eines der wenigen Festivals, bei dem Camping- und Bühnenbereich nicht getrennt sind, bei dem man noch vor dem Zelt grillieren und den selbst mitgebrachten Alkohol vor die Bühne bringen darf. Und es ist bekannt als Festival mit einer interessanten Programmierung irgendwo zwischen Mainstream und Geheimtipps – auch wenn sich dieses Jahr viele Stammgäste über das Programm beklagten und Cypress Hill von vielen als "Verlegenheits-Headliner" bezeichnet wurde. Die "Rap Superstars" aus Kalifornien vermochten dann auch am Freitagabend auch nicht viel mehr zu bieten als fette Beats, eine grosse Portion Nostalgie und die immer-gleichen Animationsspielchen mit dem Publikum. Überzeugender war davor der Auftritt des Deutschen Peter Fox mit mit einer perfekten, aber schon fast zu durch-inszenierten Bühnenshow. Definitiv die Nummer eins in Sachen Gimmicks waren die Flaming Lips: Pyro-Effekte, tanzende Teletubbies auf der Bühne und Sänger Wayne Coyne, der sich in einem grossen, durchsichtigen Ballon über die Zuschauer-Menge bewegte. Musikalisch wies die Show einige Längen auf – aber auch einige der grössten Momente des Festivals.

Den Headliner-Auftakt am Samstag machte Nick Cave, der – so das "St.Galler Tagblatt" – allen Helfern, die während dem Festival mit ihm in Kontakt kamen, ein striktes Blickkontakt- und Berührungsverbot erteilt hat. Und dessen Show zwar irgendwie gut war, aber auch irgendwie verstörend. Die Nine Inch Nails verpasste der Autor leider, da er sich zu dieser Zeit im Mediencorner mit Jan Delay über Putz-CDs unterhielt (das Interview bald auf Students.ch). Bevor der Chefstyler mit der nasalen Stimme dann die Sitterbühne betrat, zeigten Patent Ochsner auf der kleinen Sternenbühne eine grosse Show, die ein so grosses Publikum anzog, dass man sich fragte, wieso die Berner nicht auf der Hauptbühne spielen durften. Wollten sie gar nicht, stellte sich später heraus: Sänger Büne Huber bedankte sich am Ende des Konzerts bei der Festivalleitung, dass Patent Ochsner auf der Sternenbühne programmiert worden war. In seiner Video-Botschaft für Students.ch kündigte Jan Delay an, dass er auf der Sitterbühne gleich "alles niederrocken" werde. Was er dann auch tat: Zusammen mit seiner Band Disko Nr. 1 und den background-singenden Delaydies zeigte er eine restlos überzeugende Show.

Am Sonntag schien dann endlich die Sonne wieder, der Schlamm begann zu stinken und The Streets und Mando Diao sorgten für einen schönen musikalischen Abschluss. Einfach hatte man es als Sonntags-Act allerdings nicht: Das Publikum steckte mit den Füssen noch im tiefen Schlamm, gleichzeitig hatten die bereits geschundenen Körper mit der plötzlichen Hitze zu kämpfen. Der dankbarste Slot diesbezüglich war wohl jeweils der letzte Act unter dem schützenden Dach der Sternenbühne am Freitag und am Samstag: Draussen regnete es, und unter dem Dach brachten die elektronischen Beats von Birdy Nam Nam beziehungsweise Yuksek das tanzwütige Publikum in Ekstase. Blöd ist dann allerdings, wenn man keine Zugabe auf Lager hat: als die vier DJs von Birdy Nam Nam die Bühne nach nicht mal einer Stunde wieder verliessen und nicht mehr zurückkamen, äusserte die Menge ihren Unmut mit dem Werfen von allerlei Gegenständen in Richtung Bühne. Die Leidtragenden waren allerdings die armen OpenAir-Helfer, die nur ihren Job machten und das DJ-Equipment abbauten – die Band war längst hinter der Bühne verschwunden.

Students.ch twitterte während dem OpenAir-Wochenende live aus dem Sittertobel: Den ganzen Twitter-Stream mit diversen Bildern findest du hier.

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