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9. Juli 2009, 00:00 Politik

Schweizer Tradition auch in Minarettdebatte

Nadine Masshardt - Letzte Woche landete eine Mitteilung des Langenthaler Gemeinderates zum Thema Minarett in meinem Posteingang. Vier Monate vor der nationalen Abstimmung über die Minarett-Initiative bewilligte die Stadtregierung den Bau eines drei Meter hohen Turmes – Minarett genannt – auf e...

Letzte Woche landete eine Mitteilung des Langenthaler Gemeinderates zum Thema Minarett in meinem Posteingang. Vier Monate vor der nationalen Abstimmung über die Minarett-Initiative bewilligte die Stadtregierung den Bau eines drei Meter hohen Turmes – Minarett genannt – auf einem Fabrikgebäude. Eine Woche ist seither vergangen. Ängste werden geschürt, Halbwahrheiten verbreitet.

Laut Verfassung ist das Anbringen eines religiösen Symbols an islamischen Gebetshäusern sowie an christlichen Kirchen erlaubt und nur aus bau- und planungsrechtlichen Gründen zu beanstanden. Alles andere verstösst gegen die Religionsfreiheit, die ein grundlegendes Menschenrecht ist. Wer aus populistischen Gründen gegen den Bau eines Minaretts oder anderer religiöser Bauten argumentiert, missachtet die humanistische, aufgeklärte und rechtsstaatliche Tradition der Schweiz – urschweizerische Werte also – und gefährdet so mutwillig das friedliche Zusammenleben.

Für die christlichen Konfessionen war die Glaubensfreiheit ein zentrales Grundrecht in der Bundesverfassung von 1848. Für den Zusammenhalt der Schweiz war dieses Recht nach dem Sonderbundskrieg eine der wichtigen Garantien, um eine Staatsgründung überhaupt möglich zu machen. Während es damals um Religionsfrieden zwischen Katholiken und Protestanten ging, geht es heute um das friedliche Miteinander mit weiteren Religionen.

Würde es gewissen rechtspopulistischen Politikern tatsächlich nur um die Bekämpfung muslimischer Fundamentalisten gehen, müssten sie froh sein um jede öffentliche Moschee, die als solche erkennbar und somit auch kontrollierbar ist. Ich bin gegen Fundamentalisten jeder Art. Um solche zu bekämpfen müssen wir aber nicht das Recht auf Symbole an Gotteshäusern verbieten. Das schürt Fundamentalismus und ist nicht mehr als billige Stimmungsmache.

Beim Lesen der gemeinderätlichen Mitteilung blieb mir ein Schaudern nicht erspart. Auslöser war aber keineswegs der sachlich korrekte Entscheid, sondern die Befürchtung, was für eine unappetitliche und unsachliche Debatte wir in den nächsten Wochen erleben werden. Diese wird leider von Ängsten und bewusst geschürten Vorurteilen, anstatt von nüchterner Analyse geprägt sein. In Langenthal erleben wir ein Vorspiel dessen, was uns auf nationaler Ebene im November blüht.

Nadine Masshardt, 24, jüngste Grossrätin (SP/JUSO) im Kanton Bern, Stadträtin in Langenthal und MA-Studentin der Geschichte und Philosophie.

www.nadinemasshardt.ch

Die Politkolumne auf Students.ch

Die erste Kolumne von Nadine Masshardt

Die zweite Kolumne von Nadine Masshardt

Die dritte Kolumne von Nadine Masshardt

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