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4. August 2009, 16:43 Konzert Music

Review: Santigold in der Roten Fabrik

Philipp Ramer - Der Abend des 22. Juli stand in der Roten Fabrik ganz im Zeichen der Frauenpower. Zunächst heizte die Jamaikanerin Terry Lynn dem Publikum mit einer grellen, lauten Electro-HipHop-Show ein, dann folgte der energiegeladene, begeisternde Auftritt von Santigold. Die Sängerin hatt...

Der Abend des 22. Juli stand in der Roten Fabrik ganz im Zeichen der Frauenpower. Zunächst heizte die Jamaikanerin Terry Lynn dem Publikum mit einer grellen, lauten Electro-HipHop-Show ein, dann folgte der energiegeladene, begeisternde Auftritt von Santigold. Die Sängerin hatte sichtlich Spass am Gig: «You guys are amazing», rief sie der euphorisch tanzenden Menge zu, «we’ll be back!» Ja, bitte bald!

Kurz nach zehn Uhr, die Aktionshalle ist proppenvoll. Santigold betritt mit Band und Backgroundsängerinnen unter tosendem Applaus die Bühne. Die drei Bandmitglieder haben goldene Feze auf dem Kopf, die beiden Mädels, die sich links und rechts von Santi aufstellen, tragen goldfarbene Jäckchen über ihren weissen Blusen. Genau wie in den Videoclips haben sie schwarze Baretts und grosse Sonnenbrillen auf – und tragen eine unglaublich coole, stoische Miene zur Schau. Santi, in Fashion-Belangen ganz den 80er Jahren verpflichtet, trägt einen weiss-violetten Ganzkörperanzug, der aussieht wie ein Skifahrer-Dress. Scheinbar fühlt er sich auch so an: Schon nach dem zweiten Song fächelt sich die Sängerin Luft zu und ruft: «I’m hot already!» Doch nun geht es erst richtig los: «Let’s get it hotter!» Durch elektronische Beats und allerlei Sounds ab Konserve verstärkt, spielen sich Santigold und Band durch sämtliche Tracks des selbstbetitelten Debutalbums; dazwischen werden je ein Song ab dem Diplo-Mixtape und der Major-Lazer-Compilation (Diplo/Switch) eingestreut. Die Fusion von schnellen New-Wave-Rhythmen, melodiösen Punk-Riffs, tiefen Dub-Bässen und schnarrendem Electro – darüber Santis mal heller, mal druckvoller Gesang – erweist sich live als gelungener und höchst tanzbarer Soundmix. Besonders in den vorderen Reihen wird enthusiastisch herumgehüpft zu Songs wie L.E.S. Artistes, Say Aha oder Unstoppable – ja selbst zu ruhigeren Stücke à la Lights Out oder Starstruck. Auch auf der Bühne herrscht Bewegung: Die Backgroundsängerinnen (von Santi liebevoll «my bitches» genannt) erweisen sich als ausgezeichnete Tänzerinnen und verblüffen mit komplexen Choreographien. Santigold selbst tut sich weniger durch gewagte Moves hervor (wie sollte sie auch, in dem Outfit!), sondern durch sympathische Interaktion mit dem Publikum. Man schenkt ihr gerne Glauben, wenn sie sich aufrichtig für den frenetischen Jubel bedankt, und meint echte Sympathie zu spüren hinter Kommentaren wie «Zurich’s where it’s at!»
Fürs letzte Lied bittet Santi die «five best dancers» aus dem Publikum auf die Bühne. Trotz Security-Einsatz schaffen es letztlich doppelt so viele Jungs und Mädchen zu ihr hinauf und hopsen mehr oder weniger im Takt zum Song Creator herum.
«I don’t have any more songs!», klagt die Sängerin halb augenzwinkernd, halb erschöpft, als sie zur Zugabe nochmals die Bühne betritt. Es ist in der Tat der einzige Wermutstropfen des Abends, dass Santigold kein wirklich neues Material präsentieren kann. Allerdings gilt zu bedenken, dass sie sich seit Erscheinen ihres Erstlings praktisch ununterbrochen auf einer kräftezehrenden Tour befindet – für mehr als eine Handvoll Gastauftritte bei befreundeten Musikern hat die Zeit bislang nicht gereicht.
Die kurze Encore (ein Lied) rundet letztlich ein Konzert ab, das wie ein gutes Feuerwerk war: Nicht zu lang, nichts Unbekanntes, aber von grosser Sprengkraft und in seiner unmittelbaren Intensität überraschend-beglückend.

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