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24. August 2009, 00:00 Movie

Red Cliff

Christina Ruloff - Megalomanie aus China: Ein Machtmensch, ein Melancholiker und ein Besserwisser legen ihre drei Königreiche in Schutt und Asche. Für die Augen ist John Woos Film eine enorme Bereicherung, für den Geist jedoch eine Obszönität, und fürs westliche Gemüt auch mit nur 147 Minute...

Megalomanie aus China: Ein Machtmensch, ein Melancholiker und ein Besserwisser legen ihre drei Königreiche in Schutt und Asche. Für die Augen ist John Woos Film eine enorme Bereicherung, für den Geist jedoch eine Obszönität, und fürs westliche Gemüt auch mit nur 147 Minuten viel zu lange.

Red Cliff erzählt eine Geschichte nach den Motiven des berühmten Romans „Die drei Reiche“ (Luo Guanzhong) aus dem 13. Jahrhundert, der wiederum ein historisches Ereignis verarbeitet: Im Jahre 208 n. Chr. versuchte der machtbesessene Premierminister des Han-Kaisers die ganze Welt, also China, zu erobern. Er scheiterte schliesslich, weil sich der König des Südreiches mit dem König des Westreiches verbündete und die riesige Armada von 800'000 Soldaten in einer entscheidenden Schlacht zu stoppen vermochte.

Frau Riefenstahl lässt grüssen; John Woo treibt es aber in Red Cliff noch viel toller als auf diesem Bild...

In China hat Red Cliff (Budget 80 Millionen Dollar) alle Rekorde geschlagen. Der ursprünglich vierstündige Film wurde fürs westliche Publikum auf knappe 150 Minuten gekürzt. An der grundlegenden Problematik hat sich jedoch nichts geändert: Im Wesentlichen handelt der Film nämlich von nichts anderem, als drei grossen Schlachten, die in unzählige Untersequenzen zerschnitten wurden: Wir kriegen in Grossaufnahmen (mindestens 400 Mal!) zu sehen, wie sich Soldaten gegenseitig alle Extremitäten abhacken. Zugegebenermassen ist das alles sehr blutarm und ästhetisch und variantenreich in Szene gesetzt. Aber genau diese Art der faschistoiden Kriegsinszenierung macht den Film so obszön. Den edlen Heldenmenschen (Tony Leung, Takeshi Kaneshiro, Chang Chen, Zhao Wei und unzählige andere chinesische Stars) passiert nämlich nie etwas – es sei denn sie nehmen todesmutig das Martyrium für die gerechte Sache auf sich. Üblicherweise bewundern sie aus der Ferne die blutige Umsetzung ihrer genialen Strategie, um wenn das Gröbste überstanden ist, selber zu Schwert und Speer zu greifen und rasch mal 20 Feinde totzuschlagen. Dann quasseln sie schöngeistig poetisch vor sich hin und betonen, nur das Beste für ihre Heimat, die Zivilisten, die Kultur und so weiter zu wollen. Und weiter geht’s zur nächsten Schlacht!

Der Held, der Übermensch - hier zu Pferd!

Besonders unfreiwillig komisch wird der Film, wenn Woo den edlen Helden einen romantischen Schuss verpassen will. Wer glaubte, dass peinliche Bettszenen, gefühlsvolle Gespräche und reine Gattenliebe nur im amerikanischen Film ihr Unwesen treiben, erlebt hier ein paar herausragende Stilblüten. Das Model Chiling Lin gibt nämlich als treuste aller Ehefrauen ihr Spielfilmdebüt und glänzt mit einer tiefsinnigen Teezeremonie und bedeutungsschwangerer Kaligraphie. Da wird der grösste Filmschurke weich! Und man verlässt fassungslos ob so viel Geschmacklosigkeit das Kino.

Bewertung: 2 von 5

  • Titel: Red Cliff
  • Land: China
  • Regie: John Woo
  • Darsteller: Chen Chang, Takeshi Kaneshiro, Tony Leung, Chiu Wai, Chiling Lin, Shido Nakamura
  • Verleih: Ascot-Elite
  • Release: 27. August 2009
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