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24. September 2009, 08:58 Politik

Für eine grundlegende Reform der Entwicklungshilfe

Lukas Reimann - Die Schweizer Entwicklungshilfe ist immer wieder in der Kritik. Ein neuer Bericht der Parlamentarischen Verwaltungskontrolle PVK zeigt eindrücklich auf, dass Intransparenz und Inneffizienz vorherrschen. Doch statt grundlegend zu reformieren, wird nur herum gepflastert und lavier...

Die Schweizer Entwicklungshilfe ist immer wieder in der Kritik. Ein neuer Bericht der Parlamentarischen Verwaltungskontrolle PVK zeigt eindrücklich auf, dass Intransparenz und Inneffizienz vorherrschen. Doch statt grundlegend zu reformieren, wird nur herum gepflastert und laviert. Dabei ist eine grundlegende Reform der Entwicklungshilfe dringend notwendig.

Exemplarisch negativ: 257 Millionen für Bulgarien/Rumänien

Gleich am ersten Tag der laufenden Herbstsession wurden ausserordentliche 257 Millionen Franken für Rumänien und Bulgarien beschlossen. Dieser Beschluss ist symptomatisch für das aktuelle Vorgehen und falsche Mitteleinsätze:Erstens stellt sich die Frage, ob in der heutigen Zeit, wo die Mittel im eigenen Land dringender denn je gebraucht würden, zusätzliche Auslandzahlungen verantwortbar sind.

Zweitens konnte bisher niemand sagen, wie die Mittel konkret eingesetzt und vor allem kontrolliert werden können. Die EU hat – einmalig in ihrer Geschichte – hunderte Millionen für Bulgarien gesperrt, weil das Geld "nicht kontrollierbar" sei und in "Korruption und organisierter Kriminalität" versickere. Die Schweiz hingegen zahlt naiv weiter.

Drittens fliessen die Gelder an Schwellenländer, welche aus eigener Kraft die Armut bekämpfen könnten.

Viertens werden mit solchen Beiträgen Staaten unterstützt, welche zu wenig gegen Korruption und Kriminalität unternehmen und damit werden völlig falsche Zeichen gesetzt. Gute Regierungsführung? Keine Spur. Warum sollte man etwas an der bisherigen Politik ändern – sagt man sich wohl nicht nur in Rumänien und Bulgarien – wenn man dafür noch grosszügig belohnt wird.

Zahlungen an Schwellenländer einschränken

Die DEZA, welche für die Schweizer Entwicklungshilfe verantwortlich ist, hatte 2008 ein Jahresbudget von 1,4 Milliarden Franken! Ein Blick in den Jahresbericht zeigt: Die Schweiz zahlt weltweit vielen bisherigen Entwicklungsländern auch dann unverändert grosse Anteile, wenn sie inzwischen grosse Fortschritte bei ihrer Entwicklung gemacht haben und nun mit zumutbaren eigenen Anstrengungen auf den eigenen Beinen stehen können. Dies gilt ganz besonders für die boomenden Schwellenländer wie beispielsweise China, Indien, Brasilien oder Südafrika. Diese Länder haben zwar noch immer viele Arme und grosse Armutsgebiete, aber sie haben auch die finanziellen Mittel, um mit begleitender Unterstützung der bisherigen Geberländer die weitere Entwicklungsarbeit selbst zu finanzieren. China etwa ist längst selbst zum Geberland geworden. Es hat unerschöpfliche Devisenreserven; es benötigt kein Geld, sondern allenfalls Know-how.

Die Lösung wäre einfach und wirksam: Die finanzielle Förderung von Schwellenländern ist schrittweise zu beenden. Die technische Entwicklungshilfe-Zusammenarbeit mit den Schwellenländern ist auf solche Projekte zu beschränken, die von den Empfängerländern getragen oder in angemessenem Umfang mitfinanziert werden.

Zahlungen an Einhaltung der Menschenrechte knüpfen

Die DEZA setzt bei der Entwicklungszusammenarbeit namentlich auf die Förderung von Demokratie, Menschenrechten und Rechtsstaat. Die Grundsätze der guten Regierungsführung, der Förderung der Menschenrechte und der Geschlechtergleichstellung, wie sie in den Kapiteln 4.1. und 4.2. der Südbotschaft aufgeführt sind, bilden in der neuen Entwicklungsstrategie des Bundes einen Schwerpunkt. Der Bundesrat sagt in seiner Südbotschaft klar: "Die Prinzipien der guten Regierungsführung (Transparenz, Nichtdiskriminierung, Partizipation, Rechenschaftslegung, Rechtsstaatlichkeit, Korruptionsbekämpfung) werden in allen Programmen der DEZA systematisch gefördert und im Politikdialog eingefordert."

In der Praxis wird diesen Zielen zu wenig Rechnung getragen. Zahlreiche Projekte und Hilfen gehen an Unrechtsstaaten, welche die Menschenrechte und die Religionsfreiheit grob verletzen. Die Liste der Paradebeispiele ist lang. Schweizer Steuergeld floss in den vergangenen Jahren in die ganze Welt: Libyen war auf der langen Liste der Empfängerländer, genauso wie Nordkorea und zahlreiche afrikanische oder arabische Unrechtsstaaten. Damit stützt die Schweiz indirekt Diktatoren und Machthaber dieser Staaten. Nur wenn mehr Druck ausgeübt wird und Gelder ausbleiben, können sich die Verhältnisse vor Ort für Menschenrechte und Religionsfreiheit verbessern. Schweizer Entwicklungshilfe muss sich an freiheitlichen Werten und Menschenrechten orientieren.

Auch hier gäbe es eine mutige, aber wirkungsvolle Lösung: Die Einhaltung der Menschenrechte sollte als Grundvoraussetzung für Entwicklungshilfe-Projekte und andere Auslandzahlungen eingefordert werden.

Gezielteren Einsatz der Mittel

Zugegeben: Ohne Zahlungen an menschenverachtende Diktaturen und ohne Gelder an Schwellenländer bleiben nicht mehr viele Möglichkeiten. Aber es wäre ein Neuanfang für einen wirkungsvolleren und gezielteren Einsatz der Mittel. Und als positiver Nebeneffekt würde wohl auch mehr in der Schweiz bleiben.

Lukas Reimann (26) ist SVP-Politiker, jüngstes Mitglied im Nationalrat und studiert Rechtswissenschaften an der Universität in Zürich.

www.lukas-reimann.ch

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