Magazin durchsuchen

Neuste Blogs

5. November 2009, 21:08 Konzert Music

Review: Tom Jones @ Hallenstadion

Patrick Holenstein - Was kann oder was darf von Tom Jones noch erwartet werden? Sicher, der Mann ist eine lebende Legende und sein Stimme so dunkel und markant wie kaum eine zweite. Doch hat der Tiger, wie er genannt wird, seine beste Zeit nicht doch hinter sich? Sugar Daddy, der Song, der Tom von de...

Was kann oder was darf von Tom Jones noch erwartet werden? Sicher, der Mann ist eine lebende Legende und sein Stimme so dunkel und markant wie kaum eine zweite. Doch hat der Tiger, wie er genannt wird, seine beste Zeit nicht doch hinter sich? Sugar Daddy, der Song, der Tom von den U2-Legenden Bono und The Edge auf den Leib geschrieben wurde, liess noch leichte Zweifel übrig. Zwar klang das schon ziemlich angenehm, aber irgendwie fehlte noch die Leidenschaft. Doch spätestens beim Bondsong Thunderball hatte sich die Band gefunden. Jetzt klang es richtig gut und begann Spass zu machen. So blieb es nicht, nein, es wurde nur noch besser. Schon bald folgte mit Delilah einer der grössten Hits. Für einen kurzen Moment kam Festbudenstimmung im Stadion auf. Es wurde geschunkelt und gesungen, was das Zeug hielt. Etwas befremdlich, aber der Song hat über die Jahre durch die konstante Abnutzung in jeder Après Ski Hütte des Landes auch mehr gelitten als er verdient hätte. Aber auch andere von Jones Songs werden heute anders genutzt oder verstanden, als sie gedacht waren.

Vor Never erklärte Tom Jones, dass er oft höre, dass Leute meinen, der Song handle von einer Frau. Tut er aber nicht. Viel eher singe er darüber, dass er Gott für seine Stimme sehr dankbar sei. Darf er auch, denn seine Stimme ist immer noch gewaltig. Speziell bei langsamen Passagen, wie zum Beispiel bei Never Fall in Love beweist Jones, was seine Stimme noch wert ist. Er trifft die Töne, hält sie ohne ein Zittern und ohne die geringsten Anzeichen von Schwäche und natürlich ist sie dunkel wie eh und je. Sehr beeindruckend, denn immerhin ist er deutlich jenseits der Sechzig. „Die Leute fragen mich immer wieder, wie alt ich bin“, erklärt Tom gleich selbst zu diesem Thema, “ich tue dann jeweils so, als ob ich mich nicht erinnern könne.“ Doch sein aktuelles Alter würde er nie vergessen, führte er schelmisch grinsend weiter aus. Jones ist 69. Auf das Thema Alter kam Tom, weil er vor He’ll have to go erklärte, der Song sei so alt, dass er sich kaum noch erinnern könne, wie er entstanden ist. Geschrieben hat Jones den Song im Alter von 26 Jahren. Der Song wurde klar zum absoluten Höhepunkt des Konzertes. Toms Interpretation liess das Stadion verstummen als wäre es eine Kirche. Die sprichwörtliche Stecknadel wäre hörbar gewesen, wenn sie zu Boden gefallen wäre. Dafür lieben seine Fans den in Würde ergrauten Tiger noch heute. Aber nicht nur dafür.

What’s new Pussycat heisst der Song, der das letzte, von Hits bestimmte Drittel des Sets einleitete. She’s a Lady, Leave your Hat on, If I only Knew, Sexbomb und natürlich It’s not unusual durften da nicht fehlen. Denn so lieben seine Fans den Tom noch viel mehr. Woran es lag, dass dennoch nur 3000 Leute ins Stadion gepilgert sind, darüber lässt sich nur spekulieren. Dann war Jones plötzlich verschwunden und mit ihm die Band. Das konnte noch nicht alles gewesen sein, ein Cover fehlte noch. Genau, Kiss, im Original natürlich von Prince, eröffnete die Zugabe und Take Me Back to The Party beendete sie auch schon wieder und auch gleich das Konzert. Die Zugabe blieb seltsam farblos, so als ob die Luft draussen gewesen wäre, was vielleicht auch daran lag, dass im Falle von Kiss das Original schlicht besser ist.

Der Tiger ist alt geworden und das steht ihm gut. So in etwa müsste das Fazit des Abends lauten. In Zürich stand ein Mann auf der Bühne, der sich seines Alters durchaus bewusst ist, ein Mann, der jegliche überflüssigen Tänzchen oder Einlagen erst gar nicht einzubringen versucht hat. Stattdessen beschränkte sich Tom Jones auf seine Stimme und die ist nach wie vor ein Fundament auf das er bauen kann. Die Setlist wechselte zwischen Klassikern, die ein wenig Nostalgie entstehen liessen, und Sachen, die nach Jones’ Comeback in den Neunzigern veröffentlicht wurden und dabei deutlich eine andere Handschrift tragen, die von Chicane zum Beispiel. Nicht fehlen durften einige der Duette aus dem Album Reload, auch wenn die jeweiligen Partner natürlich fehlten. Das Talking Heads Cover Burning Down the House zum Beispiel oder Mama told me not to come passten bestens ins Set. Alles in allem war es ein angenehmes Konzert, die Zeit verging wie im Flug und Tom Jones hat gezeigt, dass er noch nicht zum alten Eisen gehört. In Zürich hat Tom Jones jegliche Zweifel zerschlagen und alle die, welche auf das Konzert verzichtet haben, weil sie Jones zu wenig zugetraut haben, haben etwas verpasst.

Kommentare
Login oder Registrieren