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9. November 2009, 13:02 Konzert Music

Review: Stiller Has @ Rote Fabrik

Patrick Holenstein - Noch mehr Menschen passen nicht in die Rote Fabrik. Dicht gedrängt, Körper an Körper, standen die Leute. So kommt man Menschen zu nahe, bei denen man das eigentlich gar nicht will. Die volle Aktionshalle roch nach Schweiss und Zigarettenrauch, hin und wieder schlichen sich Akz...

Noch mehr Menschen passen nicht in die Rote Fabrik. Dicht gedrängt, Körper an Körper, standen die Leute. So kommt man Menschen zu nahe, bei denen man das eigentlich gar nicht will. Die volle Aktionshalle roch nach Schweiss und Zigarettenrauch, hin und wieder schlichen sich Akzente von Parfum dazwischen, erbarmten sich und überdeckten die weniger angenehmen Gerüche für kurze Zeit. Dann ging das Licht aus. „Ich habe abgenommen!“ erklärte Endo Anaconda stolz, um gleich selbstironische zu verkünden: “Ich sehe jetzt aus wie ein Zelt.“ Das hellrote, vielleicht dunkelorange Hemd wurde sein zweites Thema. „Ich bin mein Vater! Ich bin mein Bruder! Ich bin Bern! Ich bin Orange, wie mein Hemd“, parodierte Endo den Werbespot eines bekannten Kommunikationsunternehmens. Die Parodie griff er während des Konzertes immer wieder auf, natürlich mit anderen Aufzählungen, und sorgte jedes Mal für Lacher. Musikalisch begann das Konzert bluesig und einmal mehr zeigte sich die Rote Fabrik als geniales Konzertlokal, denn der Sound klang klar, war sauber abgemischt und in einer trommelfellfreundlichen Lautstärke. Bei König vom neuen Album wechselten Endo und Bassistin Salome Buser sich mit dem Gesang ab. Auch danach übernahm sie gelegentlich den Backgroundgesang. Die zwei Stimmen ergänzten sich gut und gerade bei König trugen die beiden Stimmen sich gegenseitig. Der Song gehörte sicher zu den schönsten Momenten des Abends. Dabei war es schwierig, spezielle Momente zu entdecken, denn alles, das gesamte Konzert war mehr als gelungen. Die Band, beeindruckend aufeinander eingespielt, zeigte, wieso sie als eine der besten im Land gelten. Da harmonierte alles und die klassische Besetzung – Gitarre, Bass und Schlagzeug, auf alles andere wurde verzichtet - stellte sich als goldrichtig heraus. Da wären wohl jegliche zusätzlichen Kleinigkeiten störend gewesen. Die Musik war die beste Unterstützung für Endo und seine Witze. Wenn er zum Beispiel Reisetipps gab.

Eine Reise nach Venedig würde am besten über den Ärmelkanal führen, meinte Endo. Dann würde er empfehlen, weiter an der französischen Küste entlang, durch die Strasse von Gibraltar, über das Mittelmeer und die Adria nach Venedig zu reisen, denn bloss nicht den Pendolino nehmen: „Dann kommt ihr nie an!“ Augenzwinkernde Hiebe gegen alles Mögliche nutzt Endo diebisch gerne als Einleitung, wie hier für den neuen Song Venedig. Aber er kann auch nett sein. So machte er Salome Buser ein zwar indirektes, aber nett gemeintes Kompliment. „Frauen an Bord bringen Unglück! Nicht bei uns“, richtete er sich strahlend in Salomes Richtung. Natürlich hatte der alte Seefahreraberglaube mit dem nächsten Song zu tun. Regatta. Als Stiller Has nach etwas mehr als zwei Stunden, inklusive einer Pause von zwanzig Minuten, zur Zugabe auf die Bühne kamen, war die Stimmung schon heftig am Kochen und Wallisellen gab den Anwesenden den Rest. Für etwas Abkühlung sorgte die Ballade Merci, die den Auftritt abrundete.

Stiller Has sind und bleiben eine Institution. Ihre Konzerte sind stets tief beeindruckend und halten lange nach. In der Roten Fabrik haben die drei Hasen und die Häsin sehr viele Stücke vom neuen Album So verdorbe gespielt, dazwischen immer wieder Klassiker und ältere Sachen eingeflochten und auf der ganzen Linie überzeugt. Nur Znüni Näh wollten sie nicht.

Die CD "So Verdorbe" ist im Handel erhältlich.

Infos und weiter Konzertdaten gibt's hier: Stiller Has

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