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8. Dezember 2009, 00:00 Kultur Interview Movie

Lutz Konermann ("Der Fürsorger") im Interview

Christina Ruloff - Students.ch: Wie bist Du auf die Idee gekommen, den „Fürsorger“ zu verfilmen?Lutz Konermann: Auf die Idee hat mich der Produzent der Fama-Film, Rolf Schmid, gebracht. Er ist auf mich zugekommen, hat mir das Buch von Hans-Peter Streit in die Hand gegeben und mich gefragt, ob ...

Students.ch: Wie bist Du auf die Idee gekommen, den „Fürsorger“ zu verfilmen?

Lutz Konermann: Auf die Idee hat mich der Produzent der Fama-Film, Rolf Schmid, gebracht. Er ist auf mich zugekommen, hat mir das Buch von Hans-Peter Streit in die Hand gegeben und mich gefragt, ob ich dazu ein Drehbuch schreiben könnte. Ich habe das Buch sehr gerne gelesen: Das ist eine grossartige Vorlage für eine saftige Realsatire einerseits, anderseits aber auch eine anrührige Geschichte. Die Figur des Betrügers versucht seine Seele reinzuwaschen in der Generalbeichte, die er ablegt. Und das hat mich sehr berührt.

Wie entstand dann schliesslich der Film?

Ich habe das Buch geschrieben, gemeinsam mit meinem Ko-Autoren Felix Benesch. Das ist uns relativ rasch von der Hand gegangen. Es hat gerade mal ein Jahr gedauert, was normal ist für ein Spielfilmdrehbuch. Was danach sehr viel Zeit gekostet hat, ist die Finanzierung.

"Ich behaupte jetzt mal bei aller Befangenheit, dass ich Roeland Wiesnekker so gut – vor allem in einer komödiantischen Rolle – noch nie erlebt habe."

Wie funktioniert denn Filmfinanzierung?

Wir hatten ein ausgeglichenes Budget von 4,5 Millionen Franken zur Verfügung. Dieses Budget schmilzt allerdings relativ rasch, wenn man einen historischen Film dreht. In diesem Fall musst man ja die Motive und die Komparsen historisieren, also in Perücken oder zumindest passende Kostüme stecken. Auch die Motivsuche war dadurch nicht ganz einfach. Wir haben deshalb sehr lange nach Drehorten suchen müssen. Weiter erschwerend kam hinzu, dass wir auf die Ko-Produktionshilfe von anderen Ländern angewiesen waren: Luxemburg hat uns sehr tat- und finanzkräftig unterstützt; zum minoritären Teil war auch Deutschland mit von der Partie.

Wie lange dauerte denn die Finanzierungsphase?

Wir haben insgesamt über zweieinhalb Jahre gebraucht, um den Film zu finanzieren. Auf den letzten Drücker hat es dann geklappt. Vom ersten Treffen bis zur Premiere in diesem Spätsommer am Zurich Filmfestival hat es fünf Jahre gedauert.

Hat sich das Fernsehen auch beteiligt?

Nein, es ist überhaupt kein Fernsehgeld in dem Film – weder von Schweizer Seite, noch von anderer Seite. Das ist verständlich: Wenn das Schweizer Fernsehen nicht dabei ist, will kein deutscher Sender koproduzieren. Der Film ist also rein aus Filmgeldern finanziert.

Gaben die Gelder, die vor allem aus der Schweiz stammen, Ausschlag, den Film in Mundart zu drehen?

Nicht wirklich. Wesentlich ist, dass der Film in der Schweiz spielt und eine schweizerische Lebensgeschichte erzählt.

Schadet das nicht einer möglichen Auslandverwertung?

Ich glaube nicht. Wir sind in der luxuriösen Situation, dass alle Filmrechte uns allein gehören. Vorausgesetzt der Film läuft gut, sind die Chancen nicht schlecht, dass der Film auch im Ausland ankommt und einen Verleih findet. Momentan ist ein Festivalauftritt in Saarbrücken geplant.

Die Dialoge sind grossartig und klingen (im Gegensatz zu vielen Dialogen anderer Mundartfilme) authentisch und echt schweizerisch. Wie habt ihr das gemacht?

An den Dialogen haben wir auch sehr lange gefeilt. Für einen Drittel der Dialoge gab es gute Vorlagen in dem Buch, sehr plastisch und anschaulich. Ein weiteres Drittel ist dem Co-Autoren Felix Benesch zu verdanken. Er ist Schweizer ist und hat ein gutes Gespür für Alltagsdialoge. Das dritte Drittel ist Polishing. Man muss die Dialoge x-mal vor dem eigenen inneren Ohr abspielen zu lassen. Und das vierte Drittel sind die Schauspieler. Ich schreibe die Dialoge ganz bewusst auf Hochdeutsch und nicht auf Mundart (auch wenn ich sie auf Mundart im Ohr habe), weil ich die Schweizer Schauspieler nicht bevormunden will. Ich will ihnen die Möglichkeit geben, die hochdeutschen Dialoge nochmals mundgerecht zu formen und ihre Eigenheit einzubringen. Das ist bereits mein dritter Mundartfilm und diese Methode hat sich bewährt.

"Es gibt jede Menge hervorragende Schweizer Schauspieler."

Das zahlt sich natürlich gerade für die Schauspieler aus. Allen voran das Ensemble ist hervorragend.

Roeland Wiesnekker macht einen hervorragenden Job. Ich behaupte jetzt mal bei aller Befangenheit, dass ich ihn so gut – vor allem in einer komödiantischen Rolle – noch nie erlebt habe. Die Nebenrolle hätte ich persönlich gar nicht so optimal besetzten können, ohne die Hilfe von Corinna Glaus, die alle meine Mundartfilme besetzt. Es sind hervorragende Schauspieler und es ist das Ensemble, das letztlich die Leistung ermöglich und trägt, die Roeland Wiesnekker erbringt. Denn wenn es auch nur in der kleinsten Nebenrolle einen Ausrutscher gegeben hätte, hätte das dem ganzen Film geschadet.

Ist die grossartige Ensemble-Leistung bezeichnend für die Schweizer Schauspieler-Kultur?

Früher habe ich immer gesagt: „Mensch, die Amerikaner!“ Wenn ich einen amerikanischen Film geguckt habe, waren in der Regel so tolle Leistungen in den kleinen Rollen. Und ich habe das immer darauf zurückgeführt, dass es in Amerika einen unerschöpflichen Pool an Talenten gibt. Ich habe dann geseufzt und gedacht: „Ach, wäre das doch auch so in der Schweiz!“ Aber hier in der Schweiz ist die Sorge, auch Kleinstrollen perfekt besetzen zu können, völlig unangebracht. Es gibt jede Menge hervorragende Schweizer Schauspieler. Man muss ihnen nur einfach eine Gelegenheit geben.

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