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10. Januar 2010, 14:34 Konzert

Review: Rupa & The April Fishes @ Moods, 09.01.

Dominik Mösching - „Je suis la pêcheuse“. Rupa singt ihre Geschichte ganz leise ins Mikrofon, flüsternd fast, und zupft ihre Saiten. Die Geschichte handelt von den unruhigen Nächten der Songwriterin, die nicht schlafen kann, weil irgendwo unter der Oberfläche des Bewusstseins eine Liedidee,...

„Je suis la pêcheuse“. Rupa singt ihre Geschichte ganz leise ins Mikrofon, flüsternd fast, und zupft ihre Saiten. Die Geschichte handelt von den unruhigen Nächten der Songwriterin, die nicht schlafen kann, weil irgendwo unter der Oberfläche des Bewusstseins eine Liedidee, ein Textfragment verborgen ist, das darauf wartet, herausgefischt zu werden. Komponieren als fischen, bei dem manchmal ein Prachtsexemplar und manchmal nichts weiter als Seetang und Abfall erbeutet wird: Rupa Marya scheint ein ruhiges Händchen und eine gute Angelrute zu haben, um im Bild zu bleiben. Mit ihren vielseitigen Songs begeisterte sie am letzten Samstag, 09. Januar das Zürcher Publikum im ausverkauften Moods – ganz sicher auch das Verdienst der filigran-präzisen Mitmusiker The April Fishes (deren Bandname nun ganz wenig mit Angeln, aber ganz viel mit dem französischen Brauch zu tun hat, sich am 1. April zum Scherz Fische auf den Rücken zu kleben).

Das Sextett um die gebürtige Inderin, die unter anderem in Frankreich aufgewachsen ist und mittlerweile in San Francisco lebt, setzt den bewegten Lebenslauf von Rupa in eine musikalische Mélange um, die trotz des überstrapazierten Etiketts wirklich nur als „Weltmusik“ zu bezeichnen ist. Da trifft Chanson im melancholischen Klezmer-Mood auf Latinrhythmen (C’est Moi). Da wird, ganz wie bei Mano Negra, die mexikanisch-amerikanische Grenze in einem spanischsprachigen Polka thematisiert (Por La Frontera). Und in Soy Payaso gelangen die Aprilfische in ein paar wahnwitzigen Übergängen von indischer Atmosphärenmusik zum Tanzbodenstampfer in harmonisch Moll.

Die musikalische Vielfalt ist schon auf den beiden Platten Extraordinary Rendition und Este Mundo bestechend. Sie wird aber auch Live absolut überzeugend umgesetzt. Gehen bei Konzerten häufig feine Untertöne und stilistische Nuancen auf Kosten der Energie verloren, schaffen es Rupa & The April Fishes, die Intensität der ganz ruhigen Passagen wie beim eingangs erwähnten La Pêcheuse neben den druckvollen Songs um keinen Millimeter abfallen zu lassen. Dazu trägt selbstredend auch das einmal mehr hervorragend abgemischte Klangbild im Moods bei. Die einzelnen Instrumente kommen sehr schön zur Geltung, was um so wichtiger ist, weil nicht nur Rupas Gesang, sondern die Beiträge aller Aprilfische abwechselnd im Zentrum stehen.

Die meisten Soli verbucht Ara Anderson an der Trompete, aber auch Isabel Douglass am Akkordeon und Mikhael Khalikulov am Cello gehören lange Instrumentalpassagen. Die Rhythmussektion rückt ebenfalls immer wieder in den Vordergrund: Safa Shokrai am Stehbass sorgt nicht nur wie beim Reggae La Linea für den druckvollen Unterbau, sondern spielt zusammen mit dem Cello auch mal die Themen der Songs. Bleibt Aaron Kierbel, der nicht nur an den Drums mit ganz unterschiedlichen Schlagzeugsticks, sondern auch am Xylophon, der Trillerpfeife und – als Gadget – an der Ein-Ton-Kindertrompete eine gute Figur macht. Und ein Schlagzeugsolo, das der Schlagzeuger zur Hälfte scattend mitsingt, hört man auch nicht alle Tage.

Als Rupa nach zwei Sets bei der letzten Zugabe zum Ohrwurm Une Americaine A Paris ansetzt, gibt es im Moods engültig kein Halten mehr, auch wenn der Chanson von der eigentlich traurigen Begegnung zwischen der Amerikanerin und einem algerischstämmigen Franzosen in Paris erzählt, die ein grosses Hindernis kennt: „Un monde fou entre nous“. Dass die Vielfalt dieser verrückten Welt nicht nur schwierig, sondern auch absolut faszinierend sein kann, lehren uns Weltenbummler wie Rupa & The April Fishes – nicht unbedingt die schlechteste Botschaft in diesen Zeiten.

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