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10. Januar 2010, 15:02 Kultur

Die Verwandlung @ Schauspielhaus

Robert Salzer - //«Als Gregor Samsa eines Morgens aus unruhigen Träumen erwachte, fand er sich in seinem Bett zu einem ungeheueren Ungeziefer verwandelt. Er lag auf seinem panzerartig harten Rücken und sah, wenn er den Kopf ein wenig hob, seinen gewölbten, braunen, von bogenförmigen Verstei...

«Als Gregor Samsa eines Morgens aus unruhigen Träumen erwachte, fand er sich in seinem Bett zu einem ungeheueren Ungeziefer verwandelt. Er lag auf seinem panzerartig harten Rücken und sah, wenn er den Kopf ein wenig hob, seinen gewölbten, braunen, von bogenförmigen Versteifungen geteilten Bauch, auf dessen Höhe sich die Bettdecke, zum gänzlichen Niedergleiten bereit, kaum noch erhalten konnte. Seine vielen, im Vergleich zu seinem sonstigen Umfang kläglich dünnen Beine flimmerten ihm hilflos vor den Augen.»

So beginnt Franz Kafkas wohl berühmteste Erzählung über das Leben des reisenden Tuchhändlers Gregor Samsa, der sich eines Tages in ein grosses Insekt verwandelt sieht. Kafka erzählt, wie Gregor und die Familie mit der Verwandlung umgehen, wie Schwester, Mutter und Vater ihre neue Lebenssituation angehen und wie aus der Liebe zu einem Familienmitglied Abscheu und Ekel entstehen.

Auf einer kargen Bühne zeigt die junge Regisseurin Nina Mattenklotz eine Bühnenversion der Erzählung, die sehr nahe an der Prosa gehalten ist und auch sonst sehr schlicht daher kommt. Eine kleine Drehbühne in der Mitte, sowie eine Abwaschgelegenheit zur Linken, mehr ist ausstattungstechnisch nicht zu sehen. „Maikäfer flieg“-summend betreten die vier Schauspieler die Bühne. Begonnen wird aber nicht mit der berühmten obenstehenden Passage, sondern mit einem kurzen Ausschnitts des Endes der Erzählung. Dann wird die Geschichte streng chronologisch erzählt: Sean McDonagh als Gregor beginnt auf der Drehbühne mit der berühmten Verwandlungs-Passage. Überhaupt steht die kleine Drehbühne im Zentrum der Aufführung, stellt sie doch Gregor Samsas Zimmer dar.Manchmal sind die Rollen klar aufgeteilt: Es gibt den Vater, die Schwester, die Mutter, sowie Gregor Samsa selber. Zu Beginn wird aber auch rein Kafkas Text auf die Schauspieler verteilt. Je länger der Abend dauert, desto länger werden die Monolöge von Gregor, die dank Sean McDonagh aber keinerlei Längen aufweisen, sondern denen man gerne lauscht.

Interessant ist, wie die Verwandlung dargestellt wird. Gregor Samsa wird im Laufe des Abends immer mehr zum eigentlichen Menschen, indem er Schicht für Schicht seine Bürgerklamotten ablegt. Die Familie hingegen verhüllt ihr Gesicht in grossen spiessigen Masken. Erst nur kurz, dann immer länger verstecken sie so sich und ihre Verbundenheit zu Gregor. Nina Mattenklotz wählt eine auf das wesentliche reduzierte Inszenierung in der kleinen Kammer: Das ist reines Schauspielertheater ohne grossen Schnickschnack, sondern auf Kafkas Charaktere beschränkt.

  • „Die Verwandlung“ nach Franz Kafka
  • Regie: Nina Mattenklotz
  • Ort: Pfauen - Kammer
  • Premiere: 8.Januar
  • weitere Vorstellungen: 11./14./16./19./20./21./23./28./29. Januar; 25./28. Februar
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