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11. Februar 2010, 18:04 Kultur

Wenn sich Künstler verkaufen müssen

Robert Salzer - Im deutschen Freiburg haben vergangene Woche 160 Künstlergruppen ihre Programme vorgestellt. Die Kulturbörse war ein Marathon von Auftritten und einem Schlachtfeld von Visitenkarten.Text und Photos von Lena Sorg«Eine wagemutige Hochseilartistin erleben Sie gleich hier auf der ...

Im deutschen Freiburg haben vergangene Woche 160 Künstlergruppen ihre Programme vorgestellt. Die Kulturbörse war ein Marathon von Auftritten und einem Schlachtfeld von Visitenkarten.

Text und Photos von Lena Sorg

«Eine wagemutige Hochseilartistin erleben Sie gleich hier auf der Strassentheater-Bühne, meine Damen und Herren.» Die Stimme des Moderators klingt etwas überdreht. Menschen strömen vom einen in den anderen Raum. Auf vier Bühnen treten Künstler auf. Zwanzig Minuten Auftritt, zehn Minuten Umbau, der Nächste. Wer eine Pause braucht, setzt sich an die Tische, schiebt die Flyer-Berge darauf beiseite und trinkt einen Kaffee. Ein Mann auf hohen Stelzen, ganz in weiss kostümiert, beugt sich zu den Menschen im Café und verteilt Flyer für seine Tanztheater-Show. Die meisten Wände sind vollgeklebt mit Plakaten.

Schöggeli und Smalltalk

An der Internationalen Kulturbörse Freiburg treten 160 Künstler und Künstlergruppen auf aus 20 Ländern auf. 350 Aussteller zeigen an Ständen ihr Angebot. Jeder hofft, möglichst gute Kontakte zu knüpfen, gebucht zu werden oder gute Künstler verpflichten zu können. Visitenkarten und Demo-CDs werden ausgetauscht, Schöggeli verteilt und Smalltalk kultiviert. Die kühlen Verkaufsatmosphäre in den grossen Messehallen steht im krassen Gegensatz zur Stimmung in den Theatersälen, in denen gezaubert, gesungen, gespielt und gelacht wird. Die Künstler haben bezahlt, damit sie hier auftreten und ausstellen dürfen. «Die Freiburger Kulturbörse hat sich in den letzten 21 Jahren von einem kleinen Szenetreff zu einer Branchenmesse entwickelt», sagt Dieter Salomon, der Oberbürgermeister der Stadt, am Eröffnungsabend.

Das „Opening“ gehört zu den Highlights der Messe. Nach den Grussworten des Oberbürgermeisters übernahm Jan Christof Scheibe die Moderation des Abends. Mit spontanen musikalischen Spielen amüsierte er den vollen Theatersaal. Er brachte zum Beispiel einige Würfel mit, auf die Töne aus der Tonleiter gedruckt waren. Die Besucher der vordersten Reihe mussten die Würfel dann auf die Bühne werfen. Scheibe interpretierte die entstandene Melodie gleich in einem vom Publikum gewünschten Musikstil. Klassisch in diesem Fall. Vor allem sagte er aber die vier anderen Auftritte des Abends an: Clowns, Komiker, eine Artistin und ein Fuss-Jongleur. In der Pause wanderte eine fast fünf Meter grosse Puppe durch die Menge. „Dundu“ heisst die Riesenfigur, die von 5 Puppenspielern gehalten und gesteuert wird.

Schweizer Künstler

Am zweiten Tag der Messe traten dann die auch die ersten Schweizer in Freiburg auf. Der Zürcher Pantomime Damir Dantes zeigte Ausschnitte aus seinem Programm „Männer sind anders, Frauen auch“. Monique Schnyder gehört mit ihrem „Visual Theatre“, einer Mischung von Tanz und Theater mit Objekten, zu den Höhepunkten des Abends. Sie gewann an der Schweizer Künstlerbörse 2009 den Innovations-Preis für ein ganz besonderes Programm. Der Beatboxkünstler Camero begeisterte die Besucher der Musikhalle mit Ausschnitten aus seinem Soloprogramm. Beatboxen heisst bei ihm nicht nur Musik machen, sondern auch das Publikum mit Witzen und kleinen Szenen unterhalten.

Nach einem viertägigen Kultur-Marathon wurden zwei Preise verliehen. Die „Freiburger Leiter“ in der Sparte Musik erhielt die Blassportgruppe Südwest aus Mannheim. Im Bereich Theater gewann das Komikerduo „Helge und das Udo“. Die Jury war das Publikum, respektive diejenigen Besucher, die ihre Abstimmungszettel nicht in Flyer-Bergen verloren haben. Der Preis besteht aus einer Skulptur, 1500 Euro und zwei Auftritten, eine beim Freiburger Zelt-Musik-Festival und einer bei der Künstlerbörse im Schweizerischen Thun. Dort dürfen die Künstler wieder Ausschnitte aus ihrem Programm zeigen, Visitenkarten verteilen und auf Engagements hoffen.

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