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5. März 2010, 11:03 Politik

Schweineköpfe, Hamburger und Handys im Himmel

Nadine Masshardt - Heute früh am Bahnhof Langenthal: "Ach, da sind sie ja, diese zwei Schweineköpfe," heisst es, sobald die Zugtüre öffnet. Verdutzt schauen wir uns auf dem Perron an. Kaum haben wir gesehen, wer den Satz spricht, ist derjenige längst an uns vorbei. Mit leichter Verzögerung be...

Heute früh am Bahnhof Langenthal: "Ach, da sind sie ja, diese zwei Schweineköpfe," heisst es, sobald die Zugtüre öffnet. Verdutzt schauen wir uns auf dem Perron an. Kaum haben wir gesehen, wer den Satz spricht, ist derjenige längst an uns vorbei. Mit leichter Verzögerung begreifen wir, dass nicht wir auf dem Perron als "Schweineköpfe" betitelt wurden, sondern die beiden Regierungsratskandidaten auf dem Plakat hinter uns. Diese zwei Köpfe haben dem Herrn anscheinend alles andere als den Morgen versüsst.

Fünf Tage vorher: Ein erster schöner Vor-Frühlingstag lockt Jung und Alt aus dem Haus. Dies ist auch bei zwei Damen im Alter von etwa 80 Jahren der Fall. Sie sitzen im selben Zugwagen wie ich und unterhalten diesen köstlich. Auch wenn es dank der Bahn 2000 schnellere Zugverbindungen von Bern nach Zürich gäbe, entschliessen sie sich für die langsamere Variante: "Ich nehme lieber diesen Zug mit Zwischenhalten im Emmental und Oberaargau als durch finstere Tunnels zu fahren," bemerkt die eine. Leider würden die Politiker nichts zu ihrer Zufriedenheit machen: Eine unattraktive Bahnlinie, neue, angeblich unnötige Tramlinien in Bern zum Beispiel.

Die andere Frau, offenbar eine Bümplizerin, die sich bald schon übers neue Tram in Berns Westen freuen könnte, findet kein gutes Haar daran: "Mit unseren Steuergeldern wurde das gebaut. Und jetzt wollen die Politiker gar noch ein Tram von Ostermundigen nach Köniz. Die spinnen doch," tönts zwei Abteile hinter mir. Fast hätte ich mich eingemischt und all die guten Argumente für diese neuen Tramlinien und deren Wichtigkeit für den ganzen Kanton Bern über die Zugbänke hinweg gerufen.

Stattdessen beschliesse ich, mich wieder ins Magazin zu vertiefen. Ich versuche es zumindest. Denn das Gespräch der zwei älteren Damen ist letztlich interessanter. Ob sie denn nichts zu essen dabei habe, fragt erstere. "Nein," entgegnet die andere und gibt etwas verschämt zu: "Ich liebe Hamburger über alles, in Zürich werde ich einen kaufen." Gelächter. Auch ich kann mir ein Schmunzeln nicht verkneifen: "Ach, du hast ein Handy," geht die Diskussion weiter. Ja, irgendwann habe sie sich entschlossen, eines zu kaufen, da es "halt manchmal schon praktisch" sei. Aber lange werde diese Phase nicht mehr dauern: "Denn im Himmel brauchen wir dereinst kein Handy mehr." Lächelnd steige ich in Langenthal aus.

Wie unspektakulär dagegen doch das Reisen alleine in einem Auto wäre.

Nadine Masshardt, 25, jüngste Grossrätin (SP/JUSO) im Kanton Bern, Stadträtin in Langen-thal und MA-Studentin der Geschichte und Philosophie.

www.nadinemasshardt.ch

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