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31. März 2010, 00:00 Movie

Im Haus meines Vaters sind viele Wohnungen

Gregor Schenker - Die deutsch/schweizerische Koproduktion Im Haus meines Vaters sind viele Wohnungen handelt von der Grabeskirche in Jerusalem. Um diesen angeblich „heiligsten Ort der Christenheit“ streiten sich die verschiedenen Konfessionen seit einer halben Ewigkeit so sehr, dass die (damal...

Die deutsch/schweizerische Koproduktion Im Haus meines Vaters sind viele Wohnungen handelt von der Grabeskirche in Jerusalem. Um diesen angeblich „heiligsten Ort der Christenheit“ streiten sich die verschiedenen Konfessionen seit einer halben Ewigkeit so sehr, dass die (damals) osmanischen Herrscher Mitte des 19. Jahrhunderts eine Aufteilung des Gebäudes unter sechs christlichen Glaubensrichtungen festlegten. Das Vertragswerk ist seitdem heftig angewachsen und regelt die Besitzverhältnisse bezüglich jeden Durchgangs und jeder Säule in dem verwinkelten, heruntergekommenen und improvisiert reparierten Bau.

Der Film zeigt nun, wie römisch-katholische Franziskaner, äthiopische Abessinier, ägyptische Kopten und die anderen eifersüchtig über ihre jeweiligen Nischen wachen und sich bisweilen ins Gehege kommen; wenn z.B. die Armenier ihre Messe feiern und einen griechisch-orthodoxen Christen aus der Grabeskapelle werfen, weil der sich unerlaubt da drinnen aufgehalten hat (was ein wüstes Gerangel unter den Gläubigen zur Folge hat). Und wir lernen zwei muslimische Familien kennen, die seit Jahrhunderten den Schlüssel verwahren, bzw. die Kirche jeden Tag auf- und zuschliessen.

Wir sehen Interviews mit den Vertretern der verschiedenen Parteien, die Gebetsbräuche, Messen und Rituale der unterschiedlichen Konfessionen, den Ansturm der Gläubigen und Touristen während des Tages, die stille Andacht der Mönche bei Nacht. Es gibt schöne Bilder und eindrückliche Momente, aber auch immer wieder witzige Szenen. Die kleinlichen Streitigkeiten, die kindischen Auseinandersetzungen und das Selbstmitleid, der Stolz oder die Arroganz der verschiedenen Beteiligten sind oft zum lachen, demonstrieren andererseits aber auch, wohin religiöse Verknöcherung führen kann. Wenn z.B. der Franziskanerpater referiert, dass die katholische Kirche ganz offensichtlich die beste Kirche sei, ist man als Zuschauer so erheitert wie bestürzt.

Der deutsche Dokumentarfilmer Hajo Schomerus war bis anhin vor allem als Kameramann unterwegs und führt bei Im Haus meines Vaters sind viele Wohnungen das erste Mal Regie seit seinem Abschlussfilm Ich und das Universum Regie. Das mag erklären, weshalb der Film sehr bildverliebt ist (und visuell eindrücklich ist er durchaus), sich aber stückweise doch recht hinzieht (kommt halt drauf an, wie erpicht man als Zuschauer darauf ist, irgendwelchen Kostümträgern minutenlang beim Beten zuzusehen).

Fazit: Im Haus meines Vaters sind viele Wohnungen bietet einen äusserst interessanten Blick auf gelebte Religion und auf Menschen, die zum einen nach Höherem Streben, zum anderen aber nicht aus ihrer Haut können und ganz in ihren persönlichen Schwächen verhaftet sind; spätestens bei der Massenprügelei zeigt sich dann auch, wie schnell fanatische Tendenzen an die Oberfläche driften und wie gefährlich so was werden kann. Der Film hat eindrückliche Bilder, strapaziert mitunter aber die Geduld des Zuschauers ein wenig.


Bewertung: 3.5 von 5


  • Titel: Im Haus meines Vaters sind viele Wohnungen
  • Land: Schweiz/Deutschland
  • Regie: Hajo Schomerus
  • Darsteller: Afrayem Elorashalimy, Bruder Jayaseelan, Vater Samuel Aghoyan u.a.
  • Verleih: Columbus Film AG
  • Start: 1. April
Fotos von Columbus Film
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