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12. April 2010, 15:12 Politik

1983, 1984 und darüber hinaus

Nadine Masshardt - Kennen Sie Sophie Hunger? Und Helene Hegemann? Diese zwei Frauen verbindet, dass sie zu „meiner“ Generation gehören – trotz offensichtlicher Unterschiede. Doch wer ist diese Generation der 1980er und 90er? Beliebige, konsumsüchtige Individualisten? Von Internet und SMS ge...

Kennen Sie Sophie Hunger? Und Helene Hegemann? Diese zwei Frauen verbindet, dass sie zu „meiner“ Generation gehören – trotz offensichtlicher Unterschiede. Doch wer ist diese Generation der 1980er und 90er? Beliebige, konsumsüchtige Individualisten? Von Internet und SMS geprägte Kommunikations-Jahrgänge?

Wie meist passen Schablonen schlecht. Das merkt, wer sich Musik und Texte der 27-jährigen Schweizer Künstlerin Sophie Hunger zu Gemüte führt. Ich bin überzeugt, ihre Themen zu verstehen, auch wenn ich Hunger nicht persönlich kenne. Auch ihre jüngsten Gedanken zu unserer Zeit und den entsprechenden Herausforderungen beeindruckten mich. Die waren hoch politisch. Kein Wunder also, schrieb Hunger die Musik zum eben angelaufenen Film-Porträt „Zimmer 202“ über den Schriftsteller Peter Bichsel. Die zwei sind vom selben Schlag – gehören über Generationen zusammen. Beide haben viel zu sagen, zum Hier im Jetzt. Und darüber hinaus.

Und was ist mit der 18-jährigen Helene Hegemann? Die Identifikation mit einer jungen Frau, die ein in den Medien zuerst hochgejubeltes Buch veröffentlicht, das sich später in Teilen als Plagiat entpuppt, fällt mir schwer. Beim Lesen von Kommentaren dazu merke ich, wie konservativ ich bezüglich Copyright eingestellt bin. Die Form des Buches überrascht, doch Inhalt und Wortwahl sind mir fremd. Trotzdem steht auch die junge Deutsche für Teile meiner Generation. Copy-Paste sind für uns keine Fremdwörter. So flink wie unsere und uns folgende Generationen bewegt sich niemand im endlosen WWW.

Hier die sinnierende Musikerin, die Stellung bezieht. Da die für viele schockierende Jungautorin, die sich auf ihre Art mit der Zeit auseinandersetzt. Zwei Beispiele meiner Generation von vielen. Eines haben beide gemein: Die Reduktion auf Jahrgänge, die nur Video-Games oder Facebook im Kopf hat, ist zu billig. Die zwei Frauen sind kaum vergleichbar und zeigen auf, wie heikel der Generationenbegriff ist. Verschiedenste Typen sind in jedem Alter erkennbar. Sowohl eine Pauschal-Verurteilung als auch eine Lobeshymne einer ganzen Generation ist absurd. Natürlich gibt es prägende Momente für jede Altersgruppe: Für meine stehen die mediale Welt, die Gesellschaft nach dem Kalten Krieg, die globalisierte Welt im Zentrum. Aber nicht nur.

Umgekehrt kann eine Generation alleine die Gesellschaft nicht verändern, gerade weil sie so heterogen ist. Wir müssen über Generationsgrenzen hinweg zusammenarbeiten. Wollen wir eine lebenswerte Gesellschaft, dürfen nicht Profit und Gier zentrale Antriebsfedern sein. Dringend nötig sind Massnahmen gegen Klimawandel und Isolationismus. Und es braucht mehr Verantwortungsbewusstsein und Gemeinsinn übers Heute hinaus. Für das Wohl kommender Generationen.

Nadine Masshardt, 25, Grossrätin (SP/JUSO) im Kanton Bern, Stadträtin in Langenthal und MA-Studentin der Geschichte und Philosophie.

www.nadinemasshardt.ch

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