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7. Mai 2010, 08:14 Kolumnen International

no. 1 - big apples from the Big Apple

meng tian - Als ich etwa 7 war, gab es diese eine TV-Serie, die ganz China Woche für Woche am Bildschirm fesselte. Sie hiess 北京人在纽约 – Pekingianer in New York. Die Geschichte handelt von einem jungen chinesischen Ehepaar, das nach New York auswandert und schliesslich jeder für...

Als ich etwa 7 war, gab es diese eine TV-Serie, die ganz China Woche für Woche am Bildschirm fesselte. Sie hiess 北京人在纽约 – Pekingianer in New York. Die Geschichte handelt von einem jungen chinesischen Ehepaar, das nach New York auswandert und schliesslich jeder für sich ihren eigenen Weg geht um den amerikanischen Traum zu verwirklichen. Während das emotionale Drama mich damals überforderte, faszinierte mich die Stadt aber bereits von erster Sekunde an. Die Lichter, die Menschen, oder einfach die Energie in der Luft, die immer dynamisch zu sein scheint... So träumte ich schon früh davon, irgendwann mal in New York zu sein und alles mit eigenen Augen sehen zu dürfen.

Nun, wer hätte gedacht, dass Träume wirklich in Erfüllung gehen – und noch auf so eine fantastische Art! Tatsächlich schlendere ich jetzt Tag ein, Tag aus auf diesen Inseln und staune über die grossen Bauten und kleinen Details an jeder Ecke. Sicherlich sind Wolkenkratzer, Riesenangebot und Menschenmenge eine Attraktion für sich: man geht mal 50 Meter auf einem Trottoir an der 5th Ave, hört unterwegs mindestens 4 verschiedene Sprachen, riecht Essen aus aller Welt in Form von Ständen, Cafés und auch Nobelrestaurants und kann bestens fenstershoppen inmitten von mehr oder weniger kunstvollen grossen Gebäuden von Mediengiganten oder Banken. Aber solche Szenerios kennt man auch von anderen Metropolen wie London oder Paris – obwohl das mit den Wolkenkratzern wohl nur in New York zu finden ist.

Nein, was die Stadt wirklich ausmacht, ist weder zu kaufen noch in irgendeiner Form festzuhalten. Im besten Falle kann man es mit dem Herz sehen und fühlen. Eine junge erfolgreiche Finanzanwältin, die tagsüber Banken verteidigt und sich spätabends ihrer Kurzgeschichte im Kurs für kreatives Schreiben widmet – über ein Leben, wo alles Materielle und Bürgerliche vernichtend unbedeutend zurückweist. Ein Künstler, der nachmittags im Park Street Polo spielt und davor in Behindertenheimen aushilft. Bettler, die in armer Bekleidung auf Parkbänken schlafen im krassen Vergleich zu den schönen jungen reichen Menschen in Bars und Clubs, die nicht nur an Wochenenden, sondern jeden Tag abfeiern, als wäre es der letzte. Und Immigranten, die in ihren Vierteln ohne jegliches Englisch auskommen und völlig authentisch in ihren Kulturen weiterleben.

Im Geist dieser Stadt lauern Schicksale, Menschen, Energie, Willen; und nicht nur die Hoffnung, sondern auch die Möglichkeit, dass im nächsten Moment irgend etwas Grossartiges passiert oder man jemandem Entscheidendes begegnet. Denn so schnell wie sich Gespräche über Gott und die Welt ergeben, passiert wohl in keiner anderen Stadt so schnell. Und inmitten all dieser Energie befinde ich mich nun – mal empfänglich für das alles, mal überhaupt nicht. Doch bleibe ich mit offenen Augen und Ohren wartend, bis mich mein Weg findet. Wissend, dass es seine Zeit braucht. Aber auch spürend, dass die grossen Erkenntnisäpfel langsam greifbarer werden. Denn was Besseres kann einem Singer/Songwriter passieren als Geschichten und Eindrücke?


big apples from the Big Apple Reihe: Übersicht
Meng Tian im Web: Meng-tian.com
Popkredit der Stadt Zürich: Musikeratelier in New York

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