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18. April 2007, 00:00 Movie

Entre adultes

Christina Ruloff - Stéphane Brizé erzählt in Entre adultes einen Reigen von sechs Männern und sechs Frauen. Sie lieben, betrügen und machen sich unglücklich. Ein grausam realistisches Porträt ganz normaler Beziehungen. Pauline weiss, dass Alexandre seine Frau nie verlassen wird... aber läss...

Stéphane Brizé erzählt in Entre adultes einen Reigen von sechs Männern und sechs Frauen. Sie lieben, betrügen und machen sich unglücklich. Ein grausam realistisches Porträt ganz normaler Beziehungen.

Pauline weiss, dass Alexandre seine Frau nie verlassen wird... aber lässt sich dennoch von ihm trösten

Stéphane Brizés neuer Film Entre adultes ist zeitlich vor seinem Erfolgsfilm Je ne suis pas là pour être aimé entstanden, der allein über 30'000 Zuschauer in die schweizer Kinos lockte. Die Xenix Filmdistribution bringt nach diesem grossen Erfolg den eigentlich Vorgänger Entre adultes exklusiv in die Schweiz; ein Glücksfall.

Entre adultes hat eine singuläre Entstehungsgeschichte. Die Region Centre Val de Loire hat Brizé angeboten zehn Tage lang mit zwölf professionellen Theaterschauspielern zu arbeiten. Zur Verfügung standen weiter zwei Kameras und ein Mikrophon. Brizé schrieb ein Drehbuch in dem alle Schauspieler etwa gleich grosse Rollen hatten. Die Struktur erinnert an Schnitzlers Reigen: Man lernt jede Figur in einer Szene kennen und sieht sie erneut in der nächsten Szene, mit einem anderen Partner. Am Ende schliesst sich der Kreis und wir haben alle zwölf Personen kennengelernt.

Marc will von Carine wissen, ob er im Bett gut gewesen sei. Sie antwortet ausweichend.

Die äusseren Umstände und scheinbaren Einschränkungen macht sich der Regisseur geschickt zu Nutze: Er konzentriert er sich aufs Wesentliche, auf die Figuren und ihre Beziehungen. In langen, teilweise unangenehm intimen Einstellungen beobachtet eine starre Kamera ihren Alltag in billigen Hotelzimmern, biederen Küchen und verdreckten Autos. Es geht ans Eingemachte: Wenn Caroline ihren Mann (zurecht) verdächtigt, sie betrogen zu haben, startet dieser gereizt, nachdem Lügen und Ausreden nicht funktioniert haben, einen subtilen und verletzenden Gegenangriff auf ihr ohnehin schon kümmerliches Selbstbewusstsein. In der nächsten Szene muss die eingeschüchterte Langzeitarbeitslose beim Bewerbungsgespräch für Philippe die Brust entblössen, um ihn von ihren Qualitäten zu überzeugen. Der widerliche Chef, der seine Macht gezielt ausgenutzt hat, zeigt sich in der folgenden Szene als unglücklich und von einer Prostituierten abhängig.

Nicht alle Szenen sind derart gelungen; manche wirken künstlich und aufgesetzt. Es sind denn auch die Details, die Entre adultes erschreckend echt wirken lassen: Alexandre schielt im Bett mit Pauline ständig auf seine Uhr und vertröstet sie im Hinblick auf eine baldige Trennung von seiner Frau. Wenn diese zu Hause ihm aber erzählt, in Marie-Clair stehe, dass die meisten Beziehungen im siebten Jahr zerbrechen, macht ihn das rasend: „Unsere Beziehung ist normal!“

'Unsere Beziehung ist normal!' Ein nicht ganz idyllischer Abend im Bett von Alexandre und Sidonie.

Der Film wartet mit der nicht überraschenden Erkenntnis auf, dass der Betrug niemanden glücklicher macht, sondern im Gegenteil Stress, Gereiztheit und Verachtung erzeugt. Viele betrügen, andere werden betrogen; alle sind sie unglücklich.

Brizé glaubt, Beziehungen nicht pessimistisch zu sehen: „Es kann passieren, dass man unter jemandem leidet und ihn dennoch nicht verlassen kann, dass man ewig dasselbe Szenario reproduziert und jede Liebesgeschichte mit einer Niederlage endet... Haben wir doch die Aufrichtigkeit, uns das einzugestehen.“

Sein harter, grausamer Realismus ist aber mehr, als man ertragen kann, gerade weil die Figuren in jeder Hinsicht durchschnittlich sind: durchschnittlich hübsch, durchschnittlich intelligent, durchschnittlich unglücklich, durchschnittlich verlogen und feige; das heisst zu feige ihr Leben zu ändern.

Für Liebespaare, Verliebte und Menschen, die doch noch an die Liebe glauben, ist stark von Entre adultes abzuraten.

Bewertung: 3 von 5

Seitensprünge können auch Spass machen... solange man nicht an die Person denkt, die zu Hause in der Küche wartet und kocht.

Titel: Entre adultes

Land: F

Genre: Drama

Dauer: 80 Minuten

Regie: Stéphane Brizé

Darsteller: Edith Mèrieau, Vincent Dubois, Jeanne Ferron, Philippe Fauconnier, Céline Gorget, Vincent Rocher, France Ducateau, Cyril Couton, Charlotte Smither, Karim Hammiche, Véronique Dossetto, Dominique Coquelin

Verleih: Xenix Filmverleih

Kinostart: 17.4.2007

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Quelle: Xenix Filmdistribution
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