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25. September 2010, 20:18 Movie

Die Hummel @ Zurich Film Festival

Gregor Schenker - Die Hummel ist der erste Langspielfilm des Jungfilmers Sebastian Stern. Er stammt aus Bayern und dort spielt sich denn auch die Handlung dieser Tragikomödie ab: Pit (Jürgen Tonkel) verkauft Schönheitsprodukte als Mitglied eines abzockerischen Pyramiden-Systems. Obwohl er geler...

Die Hummel ist der erste Langspielfilm des Jungfilmers Sebastian Stern. Er stammt aus Bayern und dort spielt sich denn auch die Handlung dieser Tragikomödie ab: Pit (Jürgen Tonkel) verkauft Schönheitsprodukte als Mitglied eines abzockerischen Pyramiden-Systems. Obwohl er gelernt hat, seinen Charme spielen zu lassen, und alle erdenklichen Verkaufstricks beherrscht, steht er kurz vor dem Bankrott. Verzweifelt geht er das Jahrbuch seiner alten Schule durch, um Bekannte und Freundinnen von einst als Verkäuferinnen zu rekrutieren. Eine davon ist Christiane (Inka Friedrich), für die er damals durchaus etwas übrig hatte – prompt verliebt er sich erneut in sie und kriegt Gewissensbisse. Nachdem er auch noch seine Wohnung verloren hat und sich bei seinem Sohn, dem gammligen Goth Flo (Michael Kranz), einquartieren muss, bricht die Fassade des angeblich erfolgreichen Geschäftsmannes allmählich in sich zusammen. Derweil muss sich Christiane entscheiden, ob sie bei ihrem langweiligen, unromantischen Ehemann bleiben oder sich für Pit entscheiden soll.

Stern gelingt es, den Mief des spiessigen Kleinbürgertums und der bayrischen Provinz ungeschönt darzustellen, er zeigt rücksichtslos zerplatzende Träume und die Lächerlichkeit der menschlichen Existenz (selbst der alternative Lebensentwurf der Goths wirkt da pseudorebellisch und beengend). Aber zugleich lässt er seinen Figuren einen Schimmer von Hoffnung und mildert die Desillusionierung mit einem Humor, der zwar still, aber immer wieder rasend komisch ist. So lustig können Trägheit und Verklemmtheit des Durchschnittsmenschen sein. (Insbesondere haben es mir die Seitenhiebe auf BR-alpha angetan – kennt hier einer Bob Ross?)

Ein Glücksfall sind bei alledem die tollen Schauspieler, allen voran Tonkel, welcher voll und ganz als schmieriger Verkäufer-Heini überzeugt, der nach und nach seine Menschlichkeit wiederentdeckt und die systematische Kundenverarsche zunehmend hinterfragt. Apropos: Ganz interessant ist, dass Die Hummel ein gesundes Misstrauen gegenüber den Auswüchsen des modernen Kapitalismus an den Tag legt, diesen aber nicht als etwas grosses Böses, sondern als etwas Banales darstellt, das im Kleinen auf die Leute wirkt.

Insgesamt also ein sehr unterhaltsamer und witziger Film, der trotz ernster Themen eine versöhnliche Wirkung entfaltet. Zum Schluss aber doch noch ein Link zu der hier wieder mal kolportierten Legende, dass Hummeln gemäss Aerodynamik eigentlich nicht fliegen können: Das Hummel-Paradoxon.


Weitere Vorstellungen:

  • 26. September, 20:30, Arthouse Le Paris
  • 29. September, 20:45, Arthouse Le Paris
  • 30. September, 16:45, Arthouse Le Paris

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