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23. November 2010, 00:00 Movie

Exit Through the Gift Shop

Gregor Schenker - Streetart ist (zumeist) illegal angebrachte Kunst im öffentlichen Raum, was nicht nur Graffiti umfasst, sondern auch Aufkleber, Plakate oder gar Installationen. Einer der berühmtesten Vertreter dieser Kunstrichtung ist Banksy (darüber, wer sich hinter dem Decknamen verbirgt, g...

Streetart ist (zumeist) illegal angebrachte Kunst im öffentlichen Raum, was nicht nur Graffiti umfasst, sondern auch Aufkleber, Plakate oder gar Installationen. Einer der berühmtesten Vertreter dieser Kunstrichtung ist Banksy (darüber, wer sich hinter dem Decknamen verbirgt, gibt es nur Vermutungen) und der hat nun eine (Pseudo-)Doku fabriziert, die nicht nur die Streetart portraitiert, sondern auch den Kunstbetrieb auf die Schippe nimmt (und es vor kurzem auf die Shortlist für den Dokumentarfilm-Oscar geschafft hat).

Zum Inhalt: Der Franzose Thierry Guetta lebt in L.A., hat ein Modegeschäft und verkauft Second-Hand-Kleidung oder Restposten für teuer Geld an seine hippe Kundschaft. Zudem hat er ständig eine Kamera bei sich, mit der er alles, aber auch alles filmt. Während eines Urlaubs stellt der kameraverrückte Modehochstapler fest, dass sein Cousin Space Invaders ist, ein bekannter Street Artist. Durch ihn kriegt er Zugang zur Streetart-Szene, lernt alle wesentlichen Exponenten derselben kennen und wird schlussendlich zum Helferlein des legendären Banksy.

Der schätzt ihn als „Komplizen“ und dafür, seine vergänglichen Werke sowie die Reaktionen der Leute darauf mit der Kamera festzuhalten, ob jetzt in Amerika oder Europa. Doch der Film, den Guetta auf Drängen des Strassenkünstlers mit dem gedrehten Material schneidet, ist eine derartige Katastrophe, dass Banksy kurzerhand das Heft selbst in die Hand nimmt und den Franzosen zurück nach L.A. schickt – mit dem vorgeschobenen Vorschlag, sich doch selbst mal in der Streetart zu versuchen. Woraufhin Guetta sich zu Mr. Brainwash umbenennt und ein Projekt in Angriff nimmt, das binnen kürzester Zeit völlig aus dem Ruder läuft. Mit einer gehörigen Portion Naivität und jeder Menge Selbstüberschätzung wird aus dem Nobody ein Medienstar …

Was auf den ersten Blick ein Dokumentarfilm über Streetart zu sein scheint, erweist sich schnell als weitgehend durchinszenierte Satire auf den Kunstmarkt – der Handlungsverlauf ist allzu schön, um wahr zu sein, die einzelnen Szenen sind merklich auf Komik hin gestaltet (da trotzdem so manches authentisch zu sein scheint, ist man sich nie ganz sicher, was genau nun real und was pure Fiktion ist). Es geht schlussendlich darum, wie das ursprüngliche Undergroundphänomen Streetart vom Kunstmarkt sowie kommerzialisiert entdeckt wird und wie gewiefte Geschäftemacher und Möchtegerns à la Guetta den Hype für sich nutzen, um Ruhm (sowie Geld) erwerben, während ernsthafte Künstler wie Banksy, Space Invaders, Shepard Fairey und Co. nur den Kopf schütteln können. Der Witz geht aber vor allem auf Kosten der möchtegern-coolen Kunstfans, die sich jeden Tand für Gold andrehen lassen, solang das Image stimmt.

Natürlich steckt hinter der vorgeblichen Empörung eine Menge Selbstironie: Die „wahren“ Street Artists sind selbst schon lange keine idealistischen und bescheidenen Künstler mehr, sondern werden als Stars gefeiert, ihre Werke werden bei Auktionen für Millionen verkauft und hängen in Galerien oder Museen. Und Banksy arbeitet gerade auch mit diesem Film fleissig an der eigenen Legende. Mr. Brainwash ist da bloss die Konsequenz aus dem, was die Street Artists angefangen haben.

Fazit: Exit Through the Gift Shop ist eine rasante, witzige und selbstironische Doku-Satire auf die Mechanismen des Kunstmarktes, den Star-Rummel, die Macht der Medien und die Naivität des Publikums. Gucken!


Bewertung: 4 von 5


  • Titel: Exit Through the Gift Shop
  • Land: Grossbritannien/USA
  • Regie: Banksy
  • Darsteller: Thierry Guetta, Shepard Fairey, Banksy
  • Verleih: Filmcoopi
  • Start: 25. November 2010
Fotos von Filmcoopi
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