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27. November 2010, 00:00 Kultur

Who is still afraid of Virginia Woolf?

Robert Salzer - Das Ensemble des Theater Neumarkt versucht das Ehedrama Who is afraid of Virginia Woolf? zu „überprüfen“. Stark bleiben aber die wenigen ungeprüften Momente, die nahe an der Vorlage bleiben.Seit der Uraufführung von 1962 ist Edward Albees Stück Wer hat Angst vor Virginia...

Das Ensemble des Theater Neumarkt versucht das Ehedrama Who is afraid of Virginia Woolf? zu „überprüfen“. Stark bleiben aber die wenigen ungeprüften Momente, die nahe an der Vorlage bleiben.

Seit der Uraufführung von 1962 ist Edward Albees Stück Wer hat Angst vor Virginia Woolf? nicht von den Bühnen wegzukriegen. Das Drama, welches einen nächtlichen Besuch eines jüngeren Paares bei einem älteren zeigt, scheint die Theatermacher seit fast fünfzig Jahren zu faszinieren.Kürzlich auch im Schauspielhaus, nun im Neumarkt. Im Programmheft angekündigt war eine „Ausweitung des Spiels auf das Publikum und damit die Verwischung der Grenzen zwischen Theater und Wirklichkeit“.

Geschichtsprofessor George ist mit Martha seit 20 Jahren verheiratet. Nach der Rückkehr von einer Party hat Martha noch Gäste eingeladen. Nick und Putzi, ein jüngeres Ehepaar, kommt zu Besuch. Mit vielen Drinks und Partyspielen liefern sich Martha und George ein stets wilder werdendes Duell der Gehässigkeiten, das schliesslich auch auf die jungen Gäste übergreift.

Die „Ausweitung des Spiels auf das Publikum“ versteht Neumarkt-Co-Intendantin Weber so, dass sie das Spiel auf das gesamte Zunfthaus, in welchem das Theater untergebracht ist, verlagert. Über eine Live-Videoübertragung kriegt man das Geschehen im Saal mit. Die Ausweitung des Spiels auf das Publikum soll also durch eine Auslagerung der Handlung weg vom Theatersaal passieren. Es ist zwar interessant, sämtliche Räumlichkeiten des Theaters vorgeführt zu bekommen, das hätte man aber bei einer Führung durch das Haus besser haben können. Der gewünschte Effekt tritt auch nicht wirklich ein. Die Figuren verlieren an Persönlichkeit, wenn sie in teils spannenden Momenten nur noch auf der Leinwand zu sehen sind. Der einzige Moment, in welchem die Wand zwischen Darstellenden und Publikum fällt, ist ein anderer, ganz kurzer: „Ich bin die Mutter Erde und ihr seid alle Flops“, sagt Martha während sie auf die im Zuschauerraum Hockenden zeigt, was so unentschlossen geschieht, dass es einen auch irgendwie kalt lässt.

Die Besetzung des Stückes ist gewöhnungsbedürftig, könnten doch alle Schauspieler vom Alter her nicht weit vom Neumarkt an der Uni in den Vorlesungssälen sitzen, während sie sich damit brüsten, Geschichts- und Biologieprofessoren zu sein. Komisch irgendwie, ist doch auch der Altersunterschied einer der Knackpunkte des Stückes. Des weiteren hat Dramaturg Michael Gmaj in seiner Fassung Albees Stück um ein drittes Paar ergänzt, das immer wieder Text übernimmt, besonders dann, wenn die Situationen zwischen den Beteiligten eskalieren könnten. Welchem Zweck dies genau dient, erschliesst sich nicht. Als ob Weber und Gmaj den beiden Paaren alleine nicht zutraut, ihre Rollen voll auszuschöpfen, stellt sie ihnen zur Unterstützung noch ein drittes zur Seite. Dies führt aber eher dazu, dass die Charaktere noch schwammiger und dadurch einfacher werden. Martha (Tabea Bettin) giftelt zwar ganz ordentlich herum, schafft es aber nicht, die Stimmung zu erzeugen, dass George wirklichen Grund hätte, um zurückzuschlagen. Im Neumarkt hat nicht sie George im Griff, sondern umgekehrt. Malte Sundermanns George wirkt kühl und überlegen, so dass die Kehrtwende gegen Ende des Stückes nicht recht funktioniert.

Janina Audick pflanzt in den Neumarkt-Saal eine riesige Wohnung. Sofas, die sich als Laufsteg zusammen setzen lassen und hinter der auf- und zuziehbaren Videoleinwand weitere Räume, die unendlich weiter zu gehen scheinen. Benutzt wird dieses alleine schon grosse Bühnenbild aber nur spärlich, da ja der Rest des Hauses auch bespielt werden muss. Vom Abend bleibt sicherlich die Musik: Aus den Lautsprechern ertönen Pianomusik und Klassiker wie Strangers in the night oder die Titelmusik des Films La Boom, in dem ja passend zum Projektziel „Dreams are my reality“ geplärrt wird. So schön dies sein mag, verstärkt die Musik den vor sich hin plätschernden Abend. Seltsam unpersönlich wirkt diese Abend, der Wahrheit und Illusion vermischen soll – sieht so das Theater fürs Establishment aus, wie der neue Werbespruch des Neumarkts es verheisst?

Spieldaten und mehr zu Are you still afraid of Virginia Woolf? auf der Homepage des Theater Neumarkt.

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