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15. Januar 2011, 19:47 Movie

Kino: Les Amours Imaginaires

Christina Ruloff - Der Hahnenkampf: Xavier Dolan, das kanadische Regiewunder tut es wieder – er gewinnt einem bekannten Genre neue Facetten ab und schafft einen ebenso amüsanten wie interessanten Film.Weder Francis noch Marie wollen zugeben, was man eh schon weiss und was sie um den Verstand bri...

Der Hahnenkampf: Xavier Dolan, das kanadische Regiewunder tut es wieder – er gewinnt einem bekannten Genre neue Facetten ab und schafft einen ebenso amüsanten wie interessanten Film.

Weder Francis noch Marie wollen zugeben, was man eh schon weiss und was sie um den Verstand bringen wird: Sie haben sich beide in den blonden Schnösel Nico verknallt und zwar hoffnungslos. Das wäre nicht weiter schlimm, wenn man als Zuschauer nachvollziehen könnte, dass Nico hat, was andere Männer nicht haben! Der Typ ist kein Laurence Olivier, kein Einstein und nicht einmal besonders witzig. Am Schlimmsten aber: Er ist nicht liebenswürdig. Nico durchschaut die beiden nämlich sofort und nutzt die Lage mit viel Genuss aus: Er lädt die beiden immer zusammen zu Aktivitäten ein, so dass sie sich noch mehr um ihn bemühen und abstrampeln müssen. Denn niemand will schlechter dastehen oder dem anderen diesen Adonis überlassen. Das geht an die Substanz und schliesslich sogar ans Eingemachte.

Drei ist einer zuviel: Francis (Xavier Dolan) links und Marie (Monia Chokri) rechts buhlen um die Gunst von Schönling Nico (Niels Schneider) - und der freut sich umso mehr!

Es ist erstaunlich wie vergnügt und amüsiert man diesem Hahnenkampf zuschauen kann – viel passiert nämlich nicht, ausser dass sich die beiden Helden – bravourös gespielt von Monia Chokri und der Regisseur Xavier Dolan selbst – gegen besseres Wissen in eine Liebe hineinsteigern, der jedes Fundament fehlt. Aber gibt es für Liebe denn wirklich eine (rationale) Ursache? Kann Liebe erklärt und analysiert werden? Liegt es nicht gerade im Wesen der Liebe, dass sie eben irrational ist oder sein soll? Dann ist Les amours imaginaires eine herausragende Studie über den coup de foudre und seine mehr oder weniger unerfreulichen Konsequenzen.

Schauspieler, Regisseur, Drehbuchautor: Xavier Dolan ist das neue enfant terrible der Szene - und abgöttisch verehrt in Frankreich.

Um der banale Geschichte etwas mehr Tiefgang zu verleihen, werden in bester Woody Allenscher Art Nebencharakter vor die Kamera gesetzt; sie schütten ihr Herz aus, klagen, leiden, ärgern sich oder verkünden eine Lebens/Liebesphilosophie. Auch sonst hat sich Dolan nur von den besten inspirieren lassen: Godard & Co lassen fast ununterbrochen grüssen. Dem 21 Jahre jungen Regisseur gelingt jedoch, was anderen so schwer fällt – er versteht es, sich die Bildsprache seiner Helden und Vorbilder anzueignen und zu etwas Eigenem, Neuen zu machen. Das liegt auch daran, dass er sich ausschliesslich auf einen Kosmos beschränkt, der ihm selbst nah ist: Das Leben und Leiden junger, hipper und unterbeschäftigter Kanadier in Montréal. Deren Geschichte bringt er uns auf unterhaltsame, visuell spannende und nie banale Weise nahe, so dass die Geschichte ganz am Schluss doch auf eine allgemeingültige Ebene gehoben wird. Der Soundtrack ist im Übrigen grosse Klasse und trägt zur Vermischung und Verbreitung von Stimmungen und Gefühl bei. Kurz – wir warten gespannt auf mehr von Xavier Dolan!

Bewertung: 4 von 5

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