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15. Februar 2011, 00:00 FREE! - Background Interview

«Teen Mom» in echt: Jung und schwanger – was nun?

students Redaktion - Noch Teenie und plötzlich schwanger – Wie oft passierern Schwangerschften in der Jugend und was hat man für Optionen? Wie regelt man Ausbildung oder Job und zieht parallel ein Kind auf? Lassen sich Party machen, Schule, und Karriere mit den Verpflichtungen einer Mutter unter ...

Noch Teenie und plötzlich schwanger – Wie oft passierern Schwangerschften in der Jugend und was hat man für Optionen? Wie regelt man Ausbildung oder Job und zieht parallel ein Kind auf? Lassen sich Party machen, Schule, und Karriere mit den Verpflichtungen einer Mutter unter einen Hut bringen? Sexualpädagogin Lilo Gander von der Fachstelle für «Lust und Frust» erklärt, dass dank bewusster Verhütung «Teen Moms» ein Randphänomen bleiben und sagt, wo Betroffene Unterstützung finden.

von Angela Brunner

Students.ch: Wie häufig haben Sie mit Teenagerschwangerschaften zu tun?
Lilo Gander: Zu uns kommen im Schnitt 7 bis 22 junge Frauen pro Jahr, weil sie schwanger sind. Laut Statistiken sind Teenagerschwangerschaften in der Schweiz ein moderates Problem, das es schon immer gegeben hat. Aber in den letzten Jahrzehnten sind die Zahlen rückläufig. Man ist heute besser informiert und hat leichter Zugang zu Verhütungsmitteln. Dass Jugendliche ihre Sexualität leben und dabei verhüten, ist selbstverständlich geworden.

Warum werden die Teenager schwanger?
Lilo Gander: Meistens wegen Verhütungspannen. Beispielsweise wenn ein Kondom versagt, man mehrere Tage lang die Pille vergessen hat. Oder wenn man hormonell verhütet, dazu aber Medikamente nimmt, die die Wirkung der Pille herabsetzen wie etwa Antibiotika oder homöopathische Mittel mit Johanniskraut. Über derartige Nebenwirkungen sind die Frauen häufig zu wenig informiert.
Bei sehr jungen Frauen spielt auch mit, dass sie noch nicht so geübt darin sind, Verhütungsmittel richtig anzuwenden. Teenager schlafen eher spontan miteinander. Dann verhüten sie mal nicht, weil kein Kondom zur Hand ist, und denken sich, dass schon nichts passieren wird.

Es gibt also junge Frauen, die verhütet haben und trotzdem schwanger wurden?
Lilo Gander: Ja, kein Verhütungsmittel bietet hundertprozentige Sicherheit. Ein Kondom muss man korrekt anwenden - und es muss sitzen. Diese Dinge kann man lernen. Doch selbst Erwachsenen kann es passieren, dass sie ein Kondom in der Hektik falsch abrollen, sodass Luft rein kommt und es reist.

Mit welchen Fragen oder auch welchen Ängsten kommen die Betroffenen auf Sie zu?
Lilo Gander: Die Teenager haben Angst, dass sie schwanger sind, weil die Menstruation ausbleibt. Dann machen wir gratis einen Schwangerschaftstest und beraten sie. Im Sinne einer Notfallverhütung können wir auch die Pille danach abgeben.
Uns ist es wichtig, dass sie ihre Rechte kennen: Wenn eine junge Frau urteilsfähig ist, kann sie selbst entscheiden, ob sie das Kind austragen oder die Schwangerschaft abbrechen will. Sie kann das Baby auch zur Adoption frei geben. Wir besprechen die Varianten und helfen bei der Entscheidung. Sie fragen sich, was sie nun mit ihrer Ausbildung tun sollen. Einige Teenager verspüren zudem Angst, weil sie ihre Sexualität heimlich gelebt haben und ihre Eltern eigentlich nichts davon erfahren dürften. Auch wir stehen unter Schweigepflicht.

Was ist im Falle einer Teenagerschwangerschaft zu tun?
Lilo Gander: Mit den Jugendlichen diskutieren wir, wie die Eltern zu informieren sind. Bei Minderjährigen ist zudem das Sorgerecht für das Baby zu klären. Wer noch nicht 18-jährig ist, erhält nach der Geburt einen Vormund für das Kind an seine Seite. Wichtig ist aus meiner Sicht, dass die Frau ihre Ausbildung noch abschliessen kann, um in Zukunft finanziell selbstständig zu sein.
Die Jugendliche muss auch eine Gynäkologin aufsuchen egal, ob sie sich für oder gegen die Schwangerschaft entscheidet Wir erklären auch, wie ein Schwangerschaftsabbruch ablaufen würde. Bis zur siebten Woche kann die Schwangerschaft medikamentös abgebrochen werden. Ab der siebten bis zwölften Woche ist ein chirurgischer Eingriff nötig. Nach dem Abbruch fragen wir nochmals nach, wie der Eingriff erlebt wurde, wie die Beziehung läuft und wie in Zukunft verhütet wird. Manchmal gibt es auch Probleme mit der Krankenkasse, die eigentlich die Kosten für den Schwangerschaftsabbruch übernehmen müssten.

Was für Probleme eröffnen sich den ganz jungen Müttern sonst noch?
Lilo Gander: Dies kommt sehr auf die Unterstützung aus dem Umfeld an. Beispielsweise darauf, wie die junge Frau darin unterstützt wird, mit ihrer Ausbildung weiterzumachen oder die Kinder zu betreuen. Wie steht sie finanziell da? Unter Umständen will sie mit ihrem Freund eine Wohnung nehmen. Die Jugendliche ist plötzlich sehr erwachsen geworden. Sie kann weniger in den Ausgang, ihr Freundeskreis verändert sich, sie muss sich neu orientieren. Denn wegen der Schwangerschaft wird sie mit Fragen konfrontiert, die sie sich vorher nie überlegt hat. 16-Jährige, bei denen der Schwangerschaftstest positiv ausfällt, verstehen so oft die Welt nicht mehr.

Wo können Betroffene weitere Hilfe beantragen?
Lilo Gander: In der Stadt Zürich unterstützt z.B. die Stiftung Mütterhilfe Kontakte zum Sozialamt und sozialen Diensten wie die Kinder- und Familienhilfe. Wir empfehlen den Mädchen jeweils, sich in ihrer Wohngemeinde zu melden und machen mit ihnen auch die ersten Kontakte. Manchmal kann die Mutter der Teenagerin sie unterstützen. Dies ist aber nicht immer möglich. Meine Erfahrung ist, dass sich derzeit eher mehr Teenager für einen Schwangerschaftsabbruch entschieden.

Mehr zum Thema: Students.ch/Free

Weitere Informationen:

www.lustundfrust.ch
www.svss-uspda.ch
www.mütterhilfe.ch
www. stadt-zuerich.ch/elternberatungsstellen

Bild: MTV
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