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7. April 2008, 14:41 Music Kultur

Macbeth @ Schauspielhaus

Robert Salzer - „Ich stecke so tief im Blut, dass, sollte ich nicht weiter waten, der Rückweg ebenso ermüdend wäre.“ Das Schauspielhaus zeigt Macbeth als Trader an der Börse. Erst viele interessante Ideen, dann etwas ermüdend.Es ist wohl eine der bekanntesten Tragödien überhaupt. Die ...

„Ich stecke so tief im Blut, dass, sollte ich nicht weiter waten, der Rückweg ebenso ermüdend wäre.“ Das Schauspielhaus zeigt Macbeth als Trader an der Börse. Erst viele interessante Ideen, dann etwas ermüdend.

Es ist wohl eine der bekanntesten Tragödien überhaupt. Die Geschichte von Macbeth, dem Königsmörder, ist so gut wie Jedem aus der Schulzeit bekannt. Aufgeführt wurde das Werk schon in etlichen Varianten, sei es in strikt klassischen Inszenierungen oder in sehr modernen.Sebastian Nübling zeigt Macbeth, passend zur Finanzkrise, als Börsendrama. Statt im alten Schottland, befinden wir uns an der modernen New York Stock Exchange. Anstelle von Ritterrüstungen, tragen die Könige, Prinzen und Kriegsherren Anzüge mit passenden Krawatten. Einzig der im Schottenmuster gehaltene Pullover von König Duncan erinnert optisch an das ursprüngliche Stück. Das von Muriel Gerstner gestaltete Bühnenbild ist sehenswert: Da prangt eine grosse Anzeigetafel über den Köpfen der Schauspieler, welche Zahlen anzeigt, die wohl Börsenkurse darstellen sollen. Doch hin und wieder ändern sich die Zahlen zu Buchstaben und versteckte Botschaften werden ersichtlich wie „Kill King“, „King forever“ oder passend zum Verlauf der Geschichte „King Fever“. Unter der Anzeigetafel hängen Telephone mit endlos langen Schnüren und Faxgeräte spucken Papier aus, welches die Bühne langsam zumüllt. Das Bühnenbild ist Spiegelbild der Seele Macbeth’. Erst rein und sauber, dann zunehmend mit Dreck befleckt.

Im Text von Shakespeare spielen die weissagenden Hexen eine grosse Rolle. Man weiss nie, ob sie tatsächlich existieren oder nur Einbildung des machtgeilen Macbeths sind. Nübling lässt die Hexen weg und baut die Prophezeiungen in das Börsengeschehen ein. Die Finanzexpertin lässt in ihren monotonen Kursentwicklungs-Redeschwall versteckte Botschaften eingehen. Das tönt dann etwa so: „MRT +20.2%, SIA -8.7%, SFA +2.2%; Banquo wird… SZZ +2.3%; SHG -2.9% … Vater von … SZZ +4.4% Königen sein“. Selbstverständlich wird König Duncan auf der Pfauenbühne nicht von einem Dolch erstochen, sondern mit einem Telephon niedergeknüppelt.

Je länger das Stück dauert, desto mehr versteht es Nübling, das Börsengeschehen in den Hintergrund und die eigentliche Handlung in den Vordergrund zu rücken. Die Protagonisten spielen überzeugend. Bibiana Beglau gibt eine böse und machtgeile Lady Macbeth, der man sofort abnimmt, dass sie für die Krone über Leichen gehen würde. Ihr gegenüber steht die Titelfigur Macbeth, gespielt von Bruno Cathomas. Er geht im Schatten von Beglau etwas unter, hat aber auch seine Höhepunkte wie die Gesangseinlage von „purple rain“ (passend zum Stück die Phrase „only want to see you bathing in the purple rain“).

Macbeth auf der Pfauenbühne des Schauspielhauses ist eine interessante Neuinszenierung des Klassikers von Shakespeare – allein wegen dem Bühnenbild lohnt sich der Besuch. Um die vielen Nuancen der Inszenierung zu verstehen, empfiehlt es sich allerdings die Tragödie vor Besuch des Theaters gelesen zu haben.

Photos: Copyright Leonard Zubler
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