Magazin durchsuchen

Neuste Blogs

4. April 2011, 00:00 Movie

Potiche - Rezension und Interview

Raphaël Rück - Zugegeben, der Frühling hat uns nicht mit leichter Kost beschert: WINTER’S BONE, IN A BETTER WORLD, INCENDIES (bisher nur in der Westschweiz) sind nur einige Beispiele für aktuelle „heavy movies“. In diesem trübseligen Kontext sorgt POTICHE garantiert für ein paar Schmunzeln und Lacher.

Der Film erzählt die Geschichte einer patriarchalischen Familie, deren Oberhaupt (Fabrice Luchini) – bei weitem der schlechteste im Ensemble – seine bildschöne, zwar etwas in die Jahre gekommene Frau (Catherine Deneuve) wie eine „potiche“, also ein Dekorationsstück, behandelt. Die Handlung spielt in den 70er-Jahren und das Witzrepertoire erinnert nicht selten an Filme von Louis de Funès.

Herr Robert Pujol führt eine Regenschirmfabrik in der guten Tradition der „capitaines d'industrie“ – allmächtige Chefs von damals. Die Fabrikarbeiter, denen Pujols Führungsstil missfällt, verlangen bessere Arbeitsbedingungen. Sie führen Streiks durch und halten ihren Boss sogar gefangen bis sich Madame Pujol bereit erklärt das Ruder zu übernehmen. Das scheint der zarten Suzanne Pujol auch gut zu gelingen bis ihr Mann zurückkehrt und den Vorstand gegen sie aufstachelt. Die nun selbstbewusste Frau lässt sich nicht erniedrigen und schlägt unterstützt von ihrem Freund und Bürgermeister (Gérard Depardieu) die politische Laufbahn ein.

Fragt sich was uns François Ozon mit diesem Film sagen will? Dass Frauen auch in der heutigen Zeit um ihre Rechte kämpfen müssen? Oder ist der Film frei von jeder Botschaft? (mehr dazu im untenstehenden Interview).

Das ganze ist übertrieben theatralisch inszeniert, mit kitschigen Chansons untermalt und eben: Léger, léger, léger! Wobei das natürlich auch für den Film sprechen kann. Mich konnte leider auch die Art der Komik nicht überzeugen.

Bewertung: 2 von 5

  • Dauer: 104 Minuten

  • Regie: François Ozon
  • Darsteller: Catherine Deneuve, Gérard Depardieu, Fabrice Luchini, Karin Viard, Judith Gordrèche, Jérémie Renier
  • Kinostart: 7. April 2011
Am Set: François Ozon und Catherine Deneuve

François Ozon im Interview

Woher kam Ihnen die Lust, diese Geschichte verfilmen zu wollen?

Als ich dieses Stück entdeckt habe, dachte ich, dass dies eine unglaubliche Rolle für eine Schauspielerin darstellte und dass daraus ein ziemlich lustiger Film entstehen konnte. Gleichzeitig habe ich lange gebraucht, um dieses Theaterstück fürs Kino zu adaptieren. Ich hatte das Gefühl, dass es sehr altmodisch sei. Aber während der französischen Präsidentschaftswahlen, als Ségolène Royale Nicolas Sarkozy gegenüberstand, gab es ihr gegenüber viele frauenfeindliche, chauvinistische Bemerkungen und ich fragte mich, ob sich die Mentalitäten wirklich geändert hatten. Frauen an der Macht, schienen Männer immer noch zu ärgern. Deshalb habe ich das Stück ein zweites Mal gelesen und daran zu arbeiten begonnen.

Was ist in Ihren Augen die Aktualität von POTICHE?

Ich glaube, dass sich für die Frauen vieles zum Positiven verändert hat. Wenn man 30 / 40 Jahre zurückblickt wird klar, dass sich die Stellung der Frau erheblich verbessert hat. Und doch gibt es immer noch keine perfekte Gleichstellung: Für dieselbe Arbeit werden Frauen nicht gleich entlohnt. Es gibt noch viele Ungleichheiten und viele Kämpfe zu führen. Natürlich ist es ein Film über Frauen und Männer, aber es könnte auch rein zwischen Männer spielen, denn es geht um menschliche Beziehungen, zwischen Eltern und Kinder zum Beispiel. Der Film will aber keine Botschaft vermitteln. Es bleibt eine Komödie mit gewissen Themen, aber ich wollte die Geschichte möglichst unbeschwert erzählen.

Sie haben den Film unter anderem auch für Catherine Deneuve gemacht. Wie ist die Arbeit mit ihr verlaufen?

Wir hatten bereits in "8 femmes" zusammengearbeitet und das war nicht sehr befriedigend, denn sie war nur eine von acht. Wir hatten keine privilegierte Beziehung, weil ich alle Schauspielerinnen demokratisch und neutral behandeln wollte. Darum konnte ich nicht mehr Energie in die Beziehung zu Catherine reinstecken. In diesem Film spielt sie wirklich die Hauptrolle und als ich sie traf und fragte, ob sie meine "Potiche" sein wollte, hat sie sofort zugestimmt.

Die Geschichte spielt in den 70er-Jahren. Woher stammt Ihr Interesse für diese Zeitspanne?

Es ist die Zeit meiner Kindheit. Im Jahre 1977 war ich 9-jährig und ich habe noch viele Erinnerungen an diese paar Jahre. Wenn man an seine Kindheit zurückdenkt, ist natürlich alles wunderbar. Ich kann mich gar nicht an den politischen Background erinnern oder daran, dass es auch eine Krisenzeit war. Ich kann mich bloss an die fröhliche Seite erinnern: Die Frisuren, die Kleider und die Musik; was man dann auch im Film sieht.

Wurde der Film vom Publikum wie erwartet rezipiert?

Meine Erwartungen wurden sogar übertroffen. In Frankreich war der Film sehr erfolgreich und lockte mehr als 2'300'000 Zuschauer in die Säle. Ich war auch froh zu sehen, dass ältere Schauspieler – die Hauptrollen sind alle über 60 – ihren Reiz nicht verloren haben. Der Film gefiel vielen Frauen gut. Viele bedankten sich bei mir, weil es die Geschichte einer Emanzipation ist, einer Frau, die zuletzt doch ihren Platz findet.Zudem erfreute mich die Tatsache, dass der Film trotz einer sehr französischen Verankerung bei vielen Leuten gut ankam. Weil er sehr französisch ist, die Geschichte aber gleichzeitig sehr universell bleibt, verkauft er sich auch im Ausland so gut.

Kommentare
Login oder Registrieren
Tags
Movie

Ähnliche Artikel