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17. April 2011, 21:45 Kolumnen Kultur

Chercher le Bleu I

Junges Schauspielhaus - Voll verknallt. Die erste Probenwoche der Produktion „Blauer als sonst“ vom Jungen Schauspielhaus Zürich hat eingeschlagen.

„Pädämpädämpädäm und dann so Messi-Messi-Messi. Und wenn du dann so tschiu tschiu tschui und sie so ziuziuziu, pampampam – buah! Echt ey.“ Steffen bespricht die gespielten „Würfe“ (Improvisationen). Die Schauspieler sitzen auf dem Boden und nicken mit zusammengekniffenen Augen, sie sind einverstanden – die onomatopoetische Kommunikation funktioniert reibungslos. Meistens. Die Luft im Probenraum der ZhdK in Bülach (im Schauspielhaus hatte es keine freie Probebühne) ist dick. Aber nicht wegen der Stimmung, nein, die ist hervorragend. Die Sonne knallt durch die Fenster und drinnen sind es gefühlte vierzig Grad. Trotzdem geben die Vier alles. Sie kämpfen sich die Rampe hoch, lassen sich fallen, buckeln einander umher, jagen sich gegenseitig quer durch den Raum und – spielen Splatter. Kein Wunder, werden sie doch von der benachbarten Schiessanlage akustisch bestens inspiriert. Ab siebzehn Uhr wird nebenan scharf geschossen.

Als Auftakt der zweiten Probenphase haben wir uns am 11. April zu einem gemütlichen Brunch im Schiffbau getroffen. Wir, das sind: die vier Schauspieler (Anna-Katharina Diener, Oriana Schrage, Thomas Mathys und Fabian Müller), der Musiker (Nicolas Dauwalder), der Regisseur (Steffen Pietsch), die Autorin (Eva Rottmann), die Bühnen- und Kostümbildnerin (Anne Weiler), die Dramaturgin (Petra Fischer), die Theaterpädagogen (Anesta Mocker und Fabian Gysling), die Regieassistentin (Christina Bolzon), die Theaterpädagogikassistentin (Elin Braun) und die Dramaturgieassistentin (ich). Nachdem bereits Ende Februar zwei Probenwochen stattgefunden haben, geht’s jetzt in den Endspurt: In genau vier Wochen wird die Inszenierung stehen. Am Nachmittag machen wir uns auf den Weg nach Bülach. Wir fühlen uns in den Kindergarten zurückversetzt, als wir im Gänsemarsch hinter Petra herlaufen, der Strasse entlang, die Hitze im Nacken, voll beladen. „Wie weit ist’s noch?“ Doch plötzlich stehen wir alle im Probenraum und die erste Übung beginnt schon. Alle machen mit – ausser Steffen. Der schaut zu und amüsiert sich. Wir sollen ein Gefühl für den Raum bekommen. „Chom, mer mache, wer schnäller dobe isch!“ Und schon sind Anna Ka und Fabian weg. Anne erinnert sie immer wieder daran, dass die Rampe beim Originalbühnenbild eine etwas andere Form haben wird. Egal. Hauptsache man kann klettern. Und sich gegenseitig in halsbrecherische Lagen bringen. Das erste Improvisationsthema für die Schauspieler lautet: „Ich und die Anderen.“ Über eine Stunde lang entstehen am Laufband kleine Geschichten, winzige Situationen, grosse Gefühle, absurde Bilder. Immer wieder spielt Steffen Musik ein, beeinflusst damit das Geschehen und provoziert Richtungswechsel. If this is not hate…Die folgenden Tage verfliegen, same same but different. Leseprobe, dann ein „Wurf“, Leseprobe, wieder ein „Wurf“. Von Szenenbündel zu Szenenbündel. Figuren in einem Reigen: Konstellationen ergeben sich, lösen sich auf, Verbündete werden gefunden und gehen verloren. Wir werden mit wunderbaren Bildern versorgt, skurrile Gespräche, herzzerreissende Momente und lustvolle Kämpfe ergiessen sich wie aus dem Nichts. „Dein Eis tropft.“ – „Ich hab gar keins.“ – „Ich mein ja nur. Könnte ja sein.“ Und die Schüsse knallen weiter.

Fortsetzung folgt nächste Woche...

Von Maja Bagat

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