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21. April 2011, 10:04 Politik

Stromversorgung in der Schweiz gefährdet

Christian Wasserfallen - Hartnäckig halten sich die Gerüchte, es sei locker möglich, den Elektrizitätsverbrauch bis in ein paar wenigen Jahren um bis zu einem Drittel zu senken. Die Realität sieht total anders aus. Allein im Jahr 2010 benötigte die Schweiz 4% mehr Elektrizität als im Vorjahr.

Wo kommt die Zunahme des Stromverbrauchs her und was sind die Ausbauziele der Stromproduktion?

  • Zunahme Wohnbevölkerung in der Schweiz: 2009: + 84‘000 Personen zu (2x die Stadt Thun), 2008: + 105‘000 Personen
  • Zunahme Elektrizitätsverbrauch in der Schweiz: 2010: + 4,0% auf 59‘785 GWh (+ 2300 GWh in einem Jahr)
  • Zunahme Elektromobilität: Umstellung von 50% des heutigen Fahrzeugbestandes auf Elektromotoren: + 13% mehr Stromverbrauch (Leistung des KKW Gösgen)
  • Zunahme und Bedarf bei SBB: Aktueller Verbrauch rund 2300 GWh Strom pro Jahr, + 15% Mehrbedarf bis 2030
  • Ausbauziel Wasserkraftproduktion Schweiz: + 2000 GWh bis 2030
  • Ausbauziel erneuerbare Energien: + 5400 GWh bis 2030

Wie war das jetzt mit dem lockeren Einsparen von einem Drittel Elektrizität?
Es öffnet sich also immer mehr die Schere zwischen Stromverbrauch und Stromproduktion. Effizienzmassnahmen führen gemäss Experten bestenfalls dazu, dass die Bedarfszunahme auf nur ca. +0.5% pro Jahr stabilisiert werden kann. Vergleich 2010: +4%! Neue Produktionskapazitäten beim Strom sind dringend gefragt. Die Ausbauziele bei der Wasserkraft und bei den erneuerbaren Energien reichen nicht einmal ansatzweise aus.

In der Diskussion um die künftige Stromversorgung für die Schweiz braucht es also endlich eine solide und abgesicherte Grundlage für kommende Entscheidungen. Fakten statt Worthülsen, Machbares statt Luftschlösser sind gefragt. Folgende Kriterien sind dabei zu beachten:

  1. Entwicklung Stromverbrauch: Abschätzung des mittel- und langfristig zu erwartenden Stromverbrauchs unter Berücksichtigung des Bevölkerungswachstums und der Verlagerung von fossiler in elektrische Energie;
  2. Sicherheit: Bewertung der Sicherheit und der Risiken aller Stromproduktionsarten;
  3. Versorgungssicherheit: Klärung der Potentiale und Kosten der Effizienzmassnahmen, der Grosskraftwerke sowie der erneuerbaren Energien inklusive Angaben, bis wann diese Potentiale für die Stromversorgung wirksam werden;
  4. Ökologie: Auswirkungen der künftigen Stromproduktion auf die klimapolitischen Zielsetzungen;
  5. Aussenpolitik: Potentiale des Stromhandelsabkommens mit der EU und dessen Auswirkung auf die Stromversorgung der Schweiz;
  6. Ökonomie: Bedeutung eines günstigen Strompreises im Hochpreisland Schweiz als massgeblicher gesellschafts- und wirtschaftspolitischer Faktor.

Schon jetzt ist klar: Der Strom, welcher ja bekanntlich immer aus der Steckdose kommt, ist nicht gratis zu haben. Dazu braucht es grösste Anstrengungen. Die Stromversorgung ist wesentlich komplizierter als einfach die Abschaltung von AKW zu fordern oder salopp zu propagieren, man könne ja Elektrizität einfach aus irgendwelchen Anlagen aus dem Ausland beziehen. Hinsetzen, denken und richtig handeln statt protestieren, verbieten und philosophieren muss es jetzt heissen.

Zum Autor: Christian Wasserfallen ist Nationalrat FDP und Mitglied der Kommission für Umwelt, Raumplanung und Energie UREK.
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