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23. April 2008, 13:05 Campus

175 Jahre UZH: 30`000 Plastikeintrittskarten für 10`000 Gäste

Carlo Clivio - Der Einlass zur Geburtstagsparty der Uni Zürich am 26/04/08 gilt als privilegiert: Die Veranstaltung auf dem Gelände Irchel zum 175 Jahre Jubiläum ist bereits seit einer Woche ausgebucht.Marketingstrategisch geschickt, nämlich in Form eines Teasers Save the date, kündigte di...

Der Einlass zur Geburtstagsparty der Uni Zürich am 26/04/08 gilt als privilegiert: Die Veranstaltung auf dem Gelände Irchel zum 175 Jahre Jubiläum ist bereits seit einer Woche ausgebucht.

Marketingstrategisch geschickt, nämlich in Form eines Teasers Save the date, kündigte die Universität per Post das „rauschende Fest für Studierende, Dozierende und Mitarbeitende“ an. Am 17. März flatterten dann die offizielle Einladung zur Geburtstagsfeier sowie das Ticket in Form einer Plastikkarte in den Briefkasten. Die Karte sollte per Internet für die Eintrittsberechtigung unverzüglich validiert werden.

Charmanterweise waren nicht nur alle 24`000 UZH-Studenten und alle 6`000 UZH-Mitarbeiter eingeladen, sondern zusätzlich noch je eine Begleitperson. Man rechne: 60`000 geladene Personen und 30`000 verschickte Plastikkarten bei einer Maximalkapazität von 10`000 Plätzen. Da die Kapazität des Anlasses beschränkt sei, würden die nicht aktiviert Eintrittstickets verfallen, sobald alle Plätze vergeben sind. Dieser Fall trat am 16. April ein. Über 20`000 Plastikkarteneintrittstickets von Studenten und Mitarbeitern der Universität Zürich verfallen nun wertlos und unrecycelt.

Für das Geburtstagsfest stellt sich die Frage: Wie können 50`000 Leute zuviel eingeladen werden? Daraus abgeleitet ergibt sich die Hauptproblematik der Uni 175 Jahr-Feier. Ein Geburtstagsfest als Abschluss von mehr als 400 Veranstaltungen seit Februar 2008 darf nicht ausgebucht und ausverkauft sein und nur einer geringen Anzahl von Stundenten und Mitarbeitenden Einlass gewähren!

Verstärkt wurde die rasche Erreichung der Kapazitätsgrenze durch mehrere Faktoren. Obschon sich die Organisatoren des Kapazitätslimits bewusst waren, konnte jeder Besteller zwei Tickets gratis und unverbindlich buchen. Daher ist anzunehmen, dass die meisten Besteller nicht nur eine Eintrittskarte, sondern gleich zwei Gratistickets buchten. Die Zahl der privilegierten Studenten und Mitarbeitern ist folglich nicht ein Drittel, sondern sogar noch weniger. Dabei hätte sich das Fest an Studenten und Mitarbeiter der Universität Zürich richten sollen.

Hinzu kommt, dass ein weiteres Kontingent in den öffentlichen Verkauf gegeben wurde, das von Alumni-Mitgliedern, Studenten anderer Hochschulen, Privatpersonen und Gönnern gekauft werden konnte. Grundsätzlich eine schöne Geste, welche für eine offene Universität steht. Bedingt durch die Struktur der Ticketvergabe könnten am „rauschenden Fest für Studierende, Dozierende und Mitarbeitende“ hypothetisch mehr uni-externe Leute anwesend sein als Studenten und Mitarbeiter der Universität. Eine weitere Problematik bei der Ticketvergabe betrifft die unverbindliche Bestellmöglichkeit von zwei Gratiseintrittskarten. Je nach Laune, Zeit und Alternativprogramm können die privilegierten Besteller am Samstagabend spontan entscheiden, ob sie an die Geburtstagsfeier gehen möchten oder nicht. Die Tickets waren ja gratis und der Bestellaufwand minimal. Von den 10`000 geladenen Gästen werden wohl nicht alle den Anlass besuchen, sodass die Kapazitätsgrenze, trotz der „sold out“-Tafel an der Abendkasse, nicht voll ausgeschöpft wird.

Der Universität kann bezüglich der Kommunikation kein Vorwurf gemacht werden. Sowohl in der Einladung als auch in der beiliegenden Info-Broschüre wurde auf die Möglichkeit einer ausgebuchten Veranstaltung hingewiesen. Die Studierenden und Mitarbeitenden der Universität hatten mehrere Wochen die Gelegenheit die Gratistickets zu buchen. Seit gestern steht nun auf der Homepage der 175 Jahr-Jubiläumsfeier eine Ticketvermittlung zu Verfügung. 55 Ticketgesuchen stehen nur zwei Ticketangebote gegenüber. Einige der Suchenden sind sogar bereit den Studenten die Gratistickets zum Normalpreis von 30 Franken abzukaufen. Die Unterteilung zwischen privilegierten und unprivilegierten Gästen widerspiegelt sich auch im Angebot von Gönner-VIP-Packages, welche immernoch erhältlich sind. Für 175 Franken bis 525 Franken sind VIP-Einlass, namentliche Nennung auf der Homepage, Champagner und Fahrservice inbegriffen.

Willkommen zur universitären Klassengesellschaft, welche sich nicht nur unsozial, sondern auch unökologisch präsentiert. Mehr als 20`000 der verschickten Plastikkarten werden nicht benutzt und laden irgendwann im Abfalleimer. Das Gewicht einer Plastikkarte beträgt vier Gramm; folglich werden über 80 Kilogramm unbenutzte Karten nicht umweltkonform entsorgt. Dabei könnten die Plastikkarten zu 100 Prozent recycelt werden wie der K-Tipp in der Ausgabe 14/2000 erläutert. Da die Plastikkarten aus Polycarbonat (PC) und aus dem speziell Umwelt belastenden Material Polyvinylchlorid (PVC) bestehen, nehmen Unternehmen wie die Post und die SBB ihre Kundenkarten zurück und recyceln die Karten. Auch wenn diese Unternehmen noch nicht 175 Jahre existieren, sind sie in dieser Sache der Universität Zürich einen Schritt voraus. Zusätzlich zur Ökologiebilanz für die Einladungen kommen 32 Gramm Papier pro Person für über 20`000 nicht anwesende Gäste hinzu, was einem totalen unnützen Papierverbrauch von 640 Kilogramm entspricht.

Kommentare
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irishchroi 29.04.2008 um 01:11
Ich hab gar keine Einladung bekommen.