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27. Juni 2011, 14:02 Kultur

Parsifal am Opernhaus Zürich

Christina Ruloff - Liebt Wagner wenn ihr könnt! Bei dieser Neuinszenierung des Opernhauses Zürich fällt es einem wirklich schwer, nicht begeistert zu sein: Das Orchester unter Daniele Gatti und die Sänger leisten Beeindruckendes: Wer es fünf Stunden in einem Sessel aushält, muss das gesehen haben!

Viereinhalb Stunden dauert die letzte Oper von Richard Wagner und ginge es nach ihrem Schöpfer, würde sie überhaupt nur in Bayreuth aufgeführt werden. Doch zum Glück gelten Urherberrechte auch für Wagner und entsprechend kommt das Werk auch in Zürich zur Aufführung – und wie! Das Stück reisst von Beginn weg mit, und zwar obwohl die Handlung (die leider kaum etwas mit dem mittelalterlichen Parzival zu tun hat) zu offensichtlich dem Mief und der Moral des 19. Jahrhunderts entstammt. Es geht um Reinheit und vor allem um Mitleid: Wer Leid erkennen und Mitleid haben kann, kann Erlösung bringen. Regisseur Claus Guth hat das Stück aus einem Supermittelalter in die Zeit des Ersten Weltkrieges versetzt, weil damals eine starke Sehnsucht nach Erlösung herrschte. Das ist zu Beginn etwas gewöhnungsbedürftig (vor allem weil die Video-Installationen nervig von der Musik ablenken), tut dem Stück aber je länger je besser, weil es der Thematik – Mitleid! – Zeitlosigkeit verleiht.

Stimmlich und schauspielerisch bewundernswert: Yvonne Naef als Kundry

Und Mitleid bedarf Gralkönig Amfortas wirklich: So wie ihn Publikumsliebling Thompas Hampson minimalistisch spielt und seine Partien nuanciert singt, ist er eine Jammergestalt, der das ganze Publikum tröstend zu Hilfe eilen möchte – ganz egal, welcher Sünden er sich schuldig gemacht hat. Stuart Skeltons Parsifal bringt dieses starke Gefühl im Moment des Erkennens eindringlich zum Ausdruck und wandelt sich verständlicherweise vom Tor zum König. Da muss ihm Klingsor seine Macht schon fast freiwillig abtreten – Egils Silins gibt den Opernschuft im obligaten schwarzen Mantel so gekonnt und elegant, dass bei ihm sogar trotz seiner Bosheit eine gewisse Tragik durchscheint. Fantastisch ist Yvonne Naef. Ihre Verwandlung von der verwünschten Kundry zur erotischen Verführerin und zurück war schauspielerisch, aber vor allem auch stimmlich der absolute Höhepunkt. Sie löst eine schier unlösbare Aufgabe mit Bravour. Der eigentliche Star des Abends ist aber ein für einmal der Basssänger – Matti Salminen. Sein Gurnemanz war beeindruckend präzise und erhielt am meisten Applaus. Weise und sanft und doch leidenschaftlich: Matti Salminen als Gurnemanz

Ohne das Orchester des Opernhauses Zürich hätte Parsifal natürlich überhaupt nicht gewirkt. Nach anfänglicher Unsicherheit lief es aber unter der beigeisterten Leitung von Daniele Gatti zu Höchstform auf: So macht Wagner Freude!

Foto Copyright: Suzanne Schwiertz

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