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17. Juli 2011, 20:05 Bücher Kultur

Letzte Beichte von Helen FitzGerald

Claudia Maag - Fehltritte, Lügen, Manipulation und Blutdurst. FitzGerald ist in ihrem Element und zieht den Leser gnadenlos in den Abgrund.

„Schmuggeln Sie kein Heroin ins Gefängnis. Geben Sie nie einem Kollegen einen Zungenkuss, um Ihren Freund eifersüchtig zu machen. Verbringen Sie niemals mehr Zeit mit Mördern als mit ihrem Sohn.“ Mit einer solchen Aufzählung von Tipps für Bewährungshelfer lässt Helen FitzGerald in ihrem Roman die Ich-Erzählerin Krissie Donald einsteigen.

Krissie erholt sich nach dem dramatischen Tod ihrer Freundin nur langsam. Sie hat ihren Job aufgegeben, um sich ihrem Sohn Robbie zu widmen. Um wieder auf die Beine zu kommen, wohnt sie bei ihren Eltern. Und da ist Chas, in den sie sich Hals über Kopf verliebt. Chas war im Gefängnis, weil er einen Pädophilen angegriffen hatte, den Stiefvater von Krissies engster Kindheitsfreundin Sarah. In zwei knappen Sätzen erfahren wir, dass beide Mädchen in der Obhut dieses Mannes waren und er ihr Leben beinah zerstörte.

Krissie findet langsam ins Leben zurück. Sie erhält die spannende Stelle als Sozialarbeiterin im Strafjustizsystem, zieht mit Chas zusammen und mit Robbie harmonieren beide gut als kleine Familie. Ihre einzige Sorge ist ein kleines Orgasmus-Problem, welches mit Erwachsenenspielzeug behoben wird. Nur peinlich, wenn Klein Robbie dieses unbeaufsichtigt für den Kindergarten einpackt und am dortigen Basar vertickt. Sonst scheint alles wunderbar zu laufen. Krissie und Chas wollen heiraten.

Jeremy Bagshaw ist einer ihrer ersten Klienten. Er soll eine Frau brutal erstochen haben. Er ist gutaussehend, sympathisch, wird von brutalen Mitgefangenen schikaniert und hatte, wie soll es anders sein, eine grauenvolle Kindheit. Krissie kommen Zweifel an seiner Schuld. Alle Distanz und Professionalität über Bord werfend, recherchiert sie auf eigene Faust. Sie lernt Jeremy’s Verlobte Amanda kennen und findet sich bald in einer verzwickten Beziehungsgeschichte wieder. Rasch verfängt sie sich in einem Netz von Fehltritten, Manipulation und Lügen, das sie und ihre Liebsten in Lebensgefahr bringt.

Ein Roman mit erfrischend vielen Mordmotiven und herrlich schwarzem Humor. Gekonnte Leserlenkung, in der zweiten Hälfte schnelles Tempo, leichtfüssiger Wechsel zwischen der Perspektive der Ich-Erzählerin Krissie und der personalen (3. Person) des verurteilten Mörders Jeremy und seiner Verlobten Amanda. Einzig die Einführung in die Charaktere und Umstände ist zu lange geraten. Krissie ist auch ein Beispiel für die I-can-do-it-all-Rolle der heutigen modernen Frau, die mit Leichtigkeit alles unter einen Hut bringen soll: Erfolgreiche Karrierefrau, perfekte Mutter, liebevolle Partnerin, verruchte Liebhaberin, tadellose Hausfrau, Sportkanone und gute Tochter. Wie Krissies Leben wird zum Glück auch diese utopische Vorstellung demontiert.

Infobox

Schon ihr Debüt „Furchtbar lieb“ war ein Renner. Der deutsche Regisseur Chris Kraus („Vier Minuten“) hat die Filmrechte daran erworben. Helen FitzGerald weiss, wovon sie schreibt: Mehrere Jahre arbeitete sie im berüchtigten Barlinnie-Gefängnis als Sozialarbeiterin, wie ihre Heldin in „Letzte Beichte“.

RomanLetzte Beichte, Helen FitzGeraldAus dem Englischen von Steffen JacobsCHF 23,50, 256 SeitenGaliani Verlag Berlin

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